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Studie belegt: Auch Krebse empfinden Schmerz

Heute Abend gibt es Meeresfrüchte? Überlegen Sie sich besser genau, ob Sie den Krebs wirklich kochen wollen. Eine neue Forschungsarbeit zeigt nämlich, dass Krebse nicht nur Schmerzen empfinden, sondern sich auch an diese erinnern. Professor Robert W. Elwood von der Queen's Uni...

Heute Abend gibt es Meeresfrüchte? Überlegen Sie sich besser genau, ob Sie den Krebs wirklich kochen wollen. Eine neue Forschungsarbeit zeigt nämlich, dass Krebse nicht nur Schmerzen empfinden, sondern sich auch an diese erinnern. Professor Robert W. Elwood von der Queen's University Belfast (QUB) in Nordirland sagte, dass diese Arbeit die Notwendigkeit belegt, die Verarbeitungsverfahren von Schalentieren innerhalb der Lebensmittelindustrie genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich online im Fachmagazin Animal Behaviour veröffentlicht. Die Mitverfasser Professor Elwood und Mirjam Appel von der School of Biological Sciences an der QUB untersuchten die Reaktionen von Einsiedlerkrebsen auf geringe Elektroschocks. Da sie keine eigene Schale besitzen, leben Einsiedlerkrebse in Strukturen, wie beispielsweise leeren Schneckenhäusern. Das Ziel dieses Experiments bestand darin, die Tiere einem Schock unmittelbar unterhalb der Reizschwelle auszusetzen, durch den diese aus ihren Schalen kommen, und schließlich zu beobachten, was passiert, wenn ihnen eine neue Schale angeboten wird. Dazu brachten die Forscher Drähte an den Schalen an und sendeten geringe Schocks an den Hinterleib einiger der in diesen Schalen befindlichen Krebse. Die dieser Schockbehandlung ausgesetzten Krebse verließen ihre Schalen und zeigten so, dass diese Erfahrung unangenehm für sie ist. Laut Aussagen der Forscher belegen die Ergebnisse, dass Prozesse im zentralen Nervensystem der Tiere stattfinden und ihre Reaktion kein bloßer Reflex ist. Es sollte weiterhin angemerkt werden, dass Einsiedlerkrebse bei der Auswahl der von ihnen besiedelten Schalen sehr wählerisch sein können. Die Ergebnisse der Untersuchung lassen vermuten, dass sie sich mit höherer Wahrscheinlichkeit von den weniger bevorzugten Schalen zurückziehen. Die Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass Krebse, die einer Schockbehandlung ausgesetzt wurden, jedoch in ihrer Schale verblieben, das Erlebnis scheinbar in Erinnerung behielten, wenn ihnen eine neue Schale angeboten wurde. Die Forscher beobachteten, dass sich diese Tiere - im Gegensatz zu Krebsen, die keiner Schockbehandlung ausgesetzt wurden - schnell zur neuen Schale hin bewegten und diese inspizierten. "Es gab große Diskussionen darüber, ob Krebse, Garnelen und Hummer Schmerz empfinden", betonte Professor Elwood. "Wir wissen aus früheren Forschungsarbeiten, dass diese Tiere negative Reize wahrnehmen und sich vom Auslöser dieser Reize zurückziehen können. Dabei war jedoch bislang unklar, ob es sich hierbei nicht bloß um einen Reflex ohne das innere 'Gefühl' des Unbehagens handelt, welches wir mit Schmerzen verbinden", fügte er hinzu. "Die Forschungsarbeit demonstriert nun, dass es sich dabei nicht um einen reinen Reflex handelt, sondern dass Krebse ihr Bedürfnis nach einer komfortablen Schale gegen ihr Bedürfnis abwägen, eine negative Reizquelle zu umgehen. Derartige Abwägungen können bei Wirbeltieren beobachtet werden, deren Schmerzreaktion durch andere Anforderungen beeinflusst wird." Professor Elwood sagte weiterhin, dass der Mensch einen heißen, mit Speisen gefüllten Teller mit höherer Wahrscheinlichkeit festhält als einen leeren heißen Teller. Diese Reaktion zeigt, dass auch der Mensch im Rahmen seiner Schmerzreaktion unterschiedliche anregende Anforderungen gegeneinander abwägt. "Abwägungen dieser Art wurden bei Schalentieren bisher noch nicht nachgewiesen", sagte der QUB-Forscher. "Die Ergebnisse bestätigen die Theorie, dass diese Tiere Schmerz empfinden." Innerhalb früherer Forschungsarbeiten entdeckte Professor Elwood, dass Garnelen ihre Fühler nach Kontakt mit Essigsäure über einen längeren Zeitraum hinweg scheuern als nach einer vorherigen Behandlung mit einem Lokalanästhetikum. Der grundlegende Unterschied besteht in jedem Fall darin, dass Schalentieren innerhalb der Fischerei- und Lebensmittelbranche nur wenig Schutz geboten wird, da man annimmt, dass diese keinen Schmerz empfinden.f "In diesem Bereich sind weitere Forschungsarbeiten nötig, denn hier wird scheinbar ein grundlegendes Problem ignoriert. Es wurden bereits Anträge auf Gesetze zum Schutz von Schalentieren gestellt, die sich höchstwahrscheinlich jedoch nur auf die wissenschaftliche Forschung beschränken", betonte Professor Elwood. "Bei Wirbeltieren müssen wir auf Nummer sicher gehen, und ich denke, dass wir genau diesen Ansatz auch bei Schalentieren verfolgen müssen."

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