Skip to main content
European Commission logo print header

Article Category

Nachrichten
Inhalt archiviert am 2023-03-02

Article available in the following languages:

Kommunikation und Risikobewertung erschließen Nano-Potenzial

"Wissenschaft und Politik sind nicht immer ein Traumpaar", so Dorette Corbey, eine niederländische Abgeordnete des Europäischen Parlaments am ersten Tag des Europäischen Forums zu Nanowissenschaften am 19. Oktober in Brüssel. Die Wissenschaft, um die es bei der Veranstaltung...

"Wissenschaft und Politik sind nicht immer ein Traumpaar", so Dorette Corbey, eine niederländische Abgeordnete des Europäischen Parlaments am ersten Tag des Europäischen Forums zu Nanowissenschaften am 19. Oktober in Brüssel. Die Wissenschaft, um die es bei der Veranstaltung ging, hat schon so manche Debatte entfacht - und Politiker und Wissenschaftler vertraten dabei oft genug gegensätzliche Positionen. Aber auf dem Forum waren beide Parteien anwesend und zeigten sich ungewohnt harmonisch: Gemeinsam loteten sie das Potenzial der Nanowissenschaft und Nanotechnologie aus und klärten über diesen noch recht jungen Forschungsbereich und seine Risiken und Risikowahrnehmung auf. Wissenschaftler und Forscher sind voneinander abhängig - ein Grund mehr, zusammenzuarbeiten und sich auf einen gemeinsamen Nenner in Bezug auf die Nanowissenschaft zu einigen. Wissenschaftler, und ganz besonders diejenigen im öffentlichen Sektor, brauchen Geld, und unter Umständen angemessene Regulierung. Regierungen müssen sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger keinen schädlichen Produkten und Verfahren ausgesetzt sind, und dass die Wettbewerbsfähigkeit optimal gefördert wird. Soll das Potenzial der Nanowissenschaft voll ausgeschöpft werden, müssen aber auch die Bedenken der Öffentlichkeit ernst genommen werden, unabhängig davon, ob man persönlich der Meinung ist, dass diese Bedenken gerechtfertigt sind oder nicht. Wenn Europa sich nicht frühzeitig mit Problemen auseinandersetzt, kehren sie später umso heftiger zurück, mahnte Wissenschafts- und Forschungskommissar Janez Potocnik: "Wir müssen geduldig erklären [...]. Wenn wir Dinge jetzt unter den Teppich kehren, werden wir in Zukunft nur noch größere Probleme damit haben." Der Wissenschaftsjournalist Giovanni Carrada teilte diese Ansicht nicht uneingeschränkt. Eine der Lehren aus der Debatte über genetisch veränderte Organismen (GVO), so Carrada, sei die Tatsache, dass immer mehr technische Informationen nicht die Lösung sind: "Man kann die allgemeine Öffentlichkeit nie zu Experten machen." Aber Carrada zog noch weitere Lehren aus der GVO-Debatte: Die Quelle, nicht der Inhalt der Information gewinnt oder verliert das Vertrauen der Öffentlichkeit; Unsicherheiten müssen anerkannt werden; die Bürgerinnen und Bürger müssen früher eingebunden werden; Technologien dürfen nicht als Maschinen betrachtet werden. Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass es wichtig sei, die allgemeine Öffentlichkeit von Anfang an in das Thema Nanowissenschaft einzubeziehen. "Erste Eindrücke lassen sich nur schwer ändern. Sie bilden lange den Rahmen, in dem das Thema wahrgenommen wird", so Carrada. Das Problem mit der Nanowissenschaft ist laut Donald Bruce von der Church of Scotland die Tatsache, dass sie noch sehr vage ist und daher auch in der Gesellschaft noch auf wenig Interesse stößt. So belegte eine Umfrage des Eurobarometer, dass das Thema noch kaum bekannt ist. Bruce schlug daher Kommunikationsstrategien vor, die sich auf die vielen Bereiche konzentrieren, in denen sich die Nanowissenschaften entwickeln, zum Beispiel Nanomedizin und Nanotechnologie für die Umwelt. Auch wenn manche Risiken noch bewertet werden müssen, so ist das Potenzial dieser beiden Bereiche, unsere Lebensqualität zu verbessern, enorm. So kann die Nanowissenschaft in der Medizin die Diagnostik ebenso verbessern wie die Überwachung von Krankheiten und die Behandlung mithilfe von Nano-Instrumenten. Ruth Duncan ist Professorin für Zellbiologie und Medikamentenverabreichung an der Welsh School of Pharmacy der Universität Cardiff, UK, und Direktorin der Zentrums für Polymer-Therapien. Sie gab nicht nur eine Einführung in die Möglichkeiten der Nanomedizin, sondern sprach auch die Herausforderungen an, die zunächst in Angriff genommen werden müssen. "Wir brauchen realistische Zeitpläne", so Professor Duncan. Natürlich müsse die neue Technologie sicher sein. Darüber hinaus stünden die Forscher unter immensem Druck, effektive und billige Materialien zu finden. Nachdem neue Materialien oder Technologien entwickelt wurden, müsse dieses Wissen in ein Produkt überführt und dann am Markt genutzt werden. Professor Duncan wies auf eine Reihe von Produkten hin, die zwar in Europa entwickelt wurden, aber in den USA vermarktet werden. "Es darf nicht darauf hinauslaufen, dass wir Technologien später über Lizenzvereinbarungen zurückkaufen müssen. Das ist viel zu teuer", erklärte Professor Duncan. Man könnte zum Beispiel den Wissenschaftlern die Bedürfnisse des Produktionssektors näher bringen, schlug sie vor. Auch die zersplitterte Forschungslandschaft behindert laut Professor Duncan die Nanomedizin. Sie plädierte für europaweite Anstrengungen und für europaweite Normen und Standards. Aber auch eine stärkere Integration der Disziplinen sei vonnöten, mahnte Professor Duncan und forderte mehr interdisziplinäre Konferenzen, die Forscher aus normalerweise getrennten Fachbereichen zusammenbringen, sowie mehr Studiengänge zum Beispiel in der Nanomedizin. Der interdisziplinäre Ansatz, betonte Professor Duncan, sei auch auf europäischer Ebene wichtig: "Was mir Sorge bereitete, war die Tatsache, dass in vorherigen Rahmenprogrammen Nano in einer Schublade steckte, Medizin in einer anderen. Wir brauchen einen integrierten Ansatz." Sie sei jedoch zuversichtlich, dass das Siebte Rahmenprogramm (RP7) genau diesen Ansatz verfolge, fügte sie hinzu. Abschließend kehrte Professor Duncan zum Thema Kommunikation zurück. Die Wissenschaftler müssten mit der Öffentlichkeit ins Gespräch kommen - und mit den Politikern. Sie bedauerte, dass so wenige MdEP am Forum zu Nanowissenschaften teilnahmen. Ihre Abwesenheit, so Professor Duncan, sei zum Teil auf den vollen Terminkalender der Abgeordneten zurückzuführen, aber auch darauf, dass die Nano-Experten "nicht die richtige Sprache sprechen". Angesichts der Tatsache, dass die Medien verstärkt sowohl über die Risiken als auch über das Potenzial der Nanowissenschaften berichten, merken jedoch auch die Politiker auf. Am 28. September verabschiedeten die MdEP einen eigenen Initiativbericht, der den Aktionsplan der Europäischen Kommission über eine sichere, integrierte und verantwortungsbewusste Strategie für die Nanowissenschaften und Nanotechnologien für den Zeitraum von 2005 bis 2009 begrüßt. Der Bericht des tschechischen EP-Abgeordneten Miloslav Ransdorf betont, dass die öffentlichen Investitionen in die Forschung erhöht werden müssen, da eine weltweit erstklassige Infrastruktur gebraucht wird, wenn die EU in der Nanowissenschaft wettbewerbsfähig bleiben will. Der Bericht forderte die EU auch auf, das rechtliche und unternehmerische Umfeld für neue Nanotechnologien zu klären und ein Überwachungssystem für nanowissenschaftliche Patente unter dem Dach des Europäischen Patentamts einzurichten.