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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Forscher entschlüsseln Genom des Kartoffelfäuleerregers

Ein internationales Forscherteam hat das Genom des Kartoffelfäuleerregers sequenziert, der einst in Irland durch die Vernichtung der Kartoffelernte eine Hungersnot auslöste und amerikanischen Landwirten auch heute noch Ernteeinbußen in Höhe von jährlich 6,7 Milliarden USD (4,6...

Ein internationales Forscherteam hat das Genom des Kartoffelfäuleerregers sequenziert, der einst in Irland durch die Vernichtung der Kartoffelernte eine Hungersnot auslöste und amerikanischen Landwirten auch heute noch Ernteeinbußen in Höhe von jährlich 6,7 Milliarden USD (4,6 Milliarden EUR) beschert. Die im Fachblatt Nature veröffentlichten Forschungsergebnisse sollen die Frage klären, wie sich dieser Erreger so effektiv jeglichen Ausrottungsversuchen entzieht, und dazu beitragen, neue Strategien zur Bekämpfung der Kartoffelfäule zu entwickeln. Kartoffelfäule wird durch den Organismus Phytophthora infestans hervorgerufen, der am besten unter kalten, nassen Witterungsbedingungen gedeiht. Die Kartoffelpflanze ist weltweit der viertwichtigste Nahrungsmittellieferant - und P. infestans ihr größter Feind, denn die Pflanze stirbt innerhalb einer Woche nach Befall. Mit Unsummen an Geldern versuchen Landwirte, durch Sprühen von Fungiziden der Plage Herr zu werden. Forscher züchteten sogar fäuleresistente Kartoffelsorten, allerdings passt sich das Pathogen ausgesprochen schnell an derartige neue Sorten an. Wie P. infestans das schafft, versuchen die Wissenschaftler nun in einem langwierigen Puzzlespiel nachzuvollziehen. In dieser neuen Studie sequenzierten die Forscher das Genom von P. infestans und verglichen es mit den Genomen zweier verwandter Algenpilze: P. sojae, der Wurzelfäule bei Sojabohnen auslöst, und P. ramorum, der ein plötzliches Eichensterben bewirkt. Die Ergebnisse waren überraschend. Zum einen ist das Genom von P. infestans mit 240 Millionen Basenpaaren sehr viel größer als das seiner nahen Verwandten P. sojae (95 Millionen Basenpaare) und P. ramorum (65 Millionen Basenpaare). Außerdem besitzt das Genom von P. infestans eine ungewöhnliche Struktur. Die meisten der 18.000 Gene des Erregers sind hoch konserviert in gendichten Regionen und machen zusammen ungefähr ein Viertel des gesamten Genoms aus. Bei den meisten dieser Gene handelt es sich um "Housekeeping-Gene", die sich im Verlauf der Evolution kaum veränderten und das alltägliche Überleben des Erregers und seine Reproduktion sichern. Die verbleibenden drei Viertel des Genoms bestehen größtenteils aus langen Abschnitten, die Mehrfachkopien von DNA-Segmenten enthalten. Die wenigen Gene, die sich auf diesen "repetitiven" Abschnitten befinden, sorgen dafür, dass P. infestans Kartoffeln und andere Pflanzen infizieren kann. "Wir gehen von einem 'Erbgut der zwei Geschwindigkeiten' aus, d.h. dass verschiedene Abschnitte des Genoms sich unterschiedlich schnell entwickeln", erläuterte Professor Sophien Kamoun vom Sainsbury Laboratory, Vereinigtes Königreich, einer der Autoren der Studie. "Dieses Erbgut ermöglicht es dem Pilz, sich schnell dem Wirt anzupassen, während die genetische Kernstruktur zur Sicherung der grundlegenden biologischen Funktionen des Organismus erhalten bleibt." "Im Gegensatz zu hoch konservierten Regionen, auf denen sich die meisten der Gene befinden, können sich repetitive Regionen schnell verändern und fungieren als eine Art Inkubator, damit Gene, die wichtig für den Infektionsprozess sind, schnell an- oder ausgeschaltet werden können. Im Ergebnis dessen wird die Aktivität der Gene so schnell verändert, dass der Wirt kaum eine Chance hat", fügte der beteiligte Studienautor Brian Haas vom Broad Institute, Vereinigte Staaten, hinzu. Bislang wurde P. infestans der Gattung der Pilze zugeordnet, gilt inzwischen aber als Algen- oder Eipilz und ist daher eher dem Malariaparasiten als dem Pilz verwandt. Unrühmliche Bekanntheit erlangte der Erreger als Verursacher der verheerenden Hungersnot in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts, bei der fast die gesamte Kartoffelernte vernichtet wurde und mehr als eine Millionen Menschen starben, was wiederum eine massive Auswanderungswelle nach Amerika auslöste. Aber auch heute noch ist die Pflanzenkrankheit ein gravierendes Problem für Landwirte und eine ernsthafte Bedrohung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung. Irischen Bauern zufolge war die Kartoffelfäule in diesem Jahr die Schlimmste seit einer Generation, der Einsatz von Fungiziden stieg im Vereinigten Königreich in den letzten Jahren um 30% an. Der intensivste Fungizideinsatz ist bei holländischen Kartoffeln zu verzeichnen. Auf der anderen Seite des Atlantiks erleiden amerikanische Kartoffel- und Tomatenzüchter hohe und kostspielige Ernteverluste durch Kartoffelfäule. "Dieser Erreger verfügt über eine ausgezeichnete Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit, und genau das macht ihn so gefährlich", kommentierte Dr. Chad Nusbaum vom Broad Institute. "Jetzt haben wir einen umfassenden Überblick über sein Genom und die ungewöhnlichen Eigenschaften, die dieser hohen Anpassungsfähigkeit zugrunde liegen. Damit können hoffentlich bald neue Ansätze zur Diagnose und Bekämpfung von Infektionsausbrüchen gefunden werden."