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Ein innovatives neues Wirkstoffabgabesystem zur Behandlung von Gehirntumoren

Das EU-finanzierte Projekt POTENT arbeitet an einem neuen Wirkstoffabgabesystem zur Behandlung von Glioblastomen – besonders aggressiven Gehirntumoren. Es kann die Behandlungsergebnisse und Lebenserwartung der Betroffenen erheblich verbessern. Die klinische Erprobung könnte in zwei bis vier Jahren beginnen und das System, sobald es geht, jenen verfügbar machen, die es am meisten benötigen.

©Kateryna_Kon #158763512, source: stock.adobe.com 2021

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Unter allen Krebsarten zählen Glioblastome zu den schlimmsten. Sie sind die häufigsten und aggressivsten Gehirntumore und lassen sich nicht heilen. Patientinnen und Patienten müssen oft Operationen, Chemo- und Strahlentherapie über sich ergehen lassen, nur um eine Wahrscheinlichkeit von 10 % zu erreichen, bis zur 5-Jahres-Nachuntersuchung durchzuhalten.

Forschende, die an der Entdeckung einer heiß ersehnten Behandlungsmethode arbeiten, stoßen bei ihrer Arbeit sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne auf Hindernisse. Der leitende Forscher und Professor am Italienischen Institut für Technologie Paolo Decuzzi erklärt: „Das Hauptproblem mit Glioblastomen besteht darin, dass sie sich hinter der unüberwindbarsten biologischen Barriere ‚einnisten‘, die es gibt – der Blut-Hirn-Schranke. Starken chemotherapeutischen Wirkstoffen, Oligonukleotiden für eine gezielte Therapie, Antikörpern für eine Immuntherapie und konventionellen Nanomedikamenten fällt es schwer, diese Barriere zu durchdringen. Und in den seltenen Fällen, in denen dies den therapeutischen Molekülen gelingt, verteilen sie sich nicht biologisch gleichmäßig in den Tumorzellen, sodass bösartige Zellen im Gehirn verbleiben, die sich wenige Monate nach der Operation reaktivieren.“

Decuzzi glaubt, dass die Lösung in einer neuen Generation implantierbarer Wirkstoffabgabesysteme liegt. Im Rahmen des EU-finanzierten und vom Europäischen Forschungsrat unterstützten Projekts POTENT entwickelte er mMESH, ein Abgabesystem, das kompartimentiert werden kann, um verschiedene Therapeutika wie kleine Wirkstoffmoleküle, Peptide, Antikörper, Ribonukleinsäuren und Nanomedikamente aufnehmen zu können.

Ein intelligentes Abgabesystem

Im Gegensatz zu implantierbaren Chips, die zu starr sind, um sich an die Oberfläche des Tumors anzupassen, besteht mMESH aus einem mikroskopischen Gitter (Netz) von Polymersträngen, die leicht an biologische Oberflächen mit komplexer geometrischer Struktur anhaften. Das erleichtert die Interaktion zwischen dem Wirkstoffabgabesystem und dem umgebenden bösartigen Gewebe erheblich, sodass der therapeutische Wirkstoff gleichmäßig verteilt werden kann.

„Unsere Lösung ist auch injizierbaren Gelen überlegen”, merkt Decuzzi an. „Diese Gele füllen den gesamten resezierten Hohlraum aus und überschwemmen das Gehirn oft mit übermäßigen Wirkstoffmengen, was zu neurotoxischen Effekten führt. Im Vergleich dazu setzt mMESH angemessene Wirkstoffkonzentrationen frei, beschränkt sich vor allem auf die Tumorränder und bringt den Wirkstoff tiefer in das bösartige Gewebe ein.“

mMESH zeichnet sich besonders auch dadurch aus, dass die Wirkstoffkompartimente in einer wohldefinierten Abfolge agieren. Das erste Kompartiment löst sich innerhalb mehrerer Stunden bis hin zu wenigen Tagen auf und setzt die stärksten chemotherapeutischen Wirkstoffe frei. Danach folgt das zweite Kompartiment mit Molekülen, die die Chemotherapie über mehrere Wochen oder Monate hinweg unterstützten. Decuzzi dazu: „Die Art des therapeutischen Wirkstoffs sowie seine Freisetzungsrate können während des Herstellungsvorgangs genau abgestimmt und auf die spezifischen Bedürfnisse der Patientin bzw. des Patienten zugeschnitten werden. Der Einsatz komplexer Kombinationstherapien ist bei Glioblastomen besonders wichtig, da diese sich sowohl durch ihre zeitliche als auch räumliche biologische Heterogenität auszeichnen.“

mMESH besteht außerdem aus geringen Mengen biologisch abbaubarer Polymere, was bedeutet, dass sich die Gitter vollständig auflösen, ohne signifikante Neurotoxizität nach sich zu ziehen. Präklinische Modelle zeigen im Vergleich zu aktuellen klinischen Standards bereits erhebliche Verbesserungen der Überlebensrate.

Das Projekt ging 2020 zu Ende, aber Decuzzi hat mMESH weiterhin aktiv optimiert und für weitere Anwendungen angepasst. „Wir experimentieren mit verschiedenen therapeutischen Wirkstoffen, um Antikörper für Immuntherapien und RNA-Molekülcocktails freisetzen zu können und die Selektivität und Wirksamkeit der Behandlung noch weiter zu verbessern. Wir führen darüber hinaus verschiedene mechanische Charakterisierungen durch. Die Idee besteht darin, die Stabilität von mMESH sowie seine Fähigkeit zu verbessern, sich komplexen chirurgischen Oberflächen anzupassen und Wirkstoffe noch tiefer in das erkrankte Gewebe zu transportieren. Schließlich sind wir auch an verschiedenen ‚Biotechnologie-Akzeleratoren‘ beteiligt, die zur Gründung eines Unternehmens beitragen sollen, das Investorinnen und Investoren, private und öffentliche Stiftungen sowie Patientenverbände anziehen könnte, um die präklinische Entwicklung und klinische Einbindung unserer Wirkstoffabgabetechnologie weiter zu unterstützen.“ Wenn alles nach Plan läuft, könnte die klinische Erprobung innerhalb von zwei bis vier Jahren aufgenommen werden.

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
POTENT
Projekt-Nr.
616695
Projektkoordinator: Italien
Projektteilnehmer:
Italien
Aufwand insgesamt
€ 2 390 000
EU-Beitrag
€ 2 390 000
Laufzeit
-

Siehe auch

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