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Mit Supercomputern bei Naturkatastrophen Leben retten

Naturkatastrophen sind eine Bedrohung für unsere Gesellschaft, da sie lebenswichtige Dienste unterbrechen, Eigentum und Infrastruktur beschädigen sowie Menschenleben fordern. Das EU-finanzierte Projekt ChEESE setzt zur Prognose genauer Katastrophenszenarien Supercomputer ein. Dadurch konnten die Behörden auf La Palma beim Ausbruch des Cumbre Vieja fundierte Entscheidungen treffen und Leben retten.

© Juan San Sebastián #469191197, source: stock.adobe.com 2021

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Bei Naturkatastrophen zählt jede Sekunde. „Technologie kann uns Zeit verschaffen, und bei einer Naturkatastrophe ist Zeit gleichbedeutend mit geretteten Leben“, so Arnau Folch vom Barcelona Supercomputing Centre (BSC), Koordinator des EU-finanzierten Projekts Centre of Excellence for Exascale in Solid Earth (ChEESE).

Folch und sein Team untersuchen, wie sich der Nutzen von Technologie bei einer Naturkatastrophe noch weiter verbessern lässt. „Unser Ziel ist es, die enorme Leistungsfähigkeit von Supercomputern optimal einzusetzen und sie auf Gefahrenbewertungen und Frühwarnvorhersagen für Erdbeben, Tsunamis und Vulkane anzuwenden“, ergänzt Folch.  

Die Superkräfte von Supercomputern

Wie Folch erklärt, handelt es sich bei einem Supercomputer, der auch als Hochleistungsrechner bezeichnet wird, um einen Computer, der eine wesentlich höhere Leistung als ein typischer Desktop- oder Laptop-Computer bietet. „Mit Supercomputern lassen sich Hunderte, ja sogar Tausende Szenarien in kürzester Zeit lösen, sodass die Ergebnisse unter den strengen Zeitvorgaben für Notfallsituationen rechtzeitig zur Verfügung stehen“, merkt er an.

Folch zufolge ist diese Fähigkeit bei einer Naturkatastrophe besonders wichtig, da hier häufig viele Unwägbarkeiten bestehen. „Dank Supercomputern können wir probabilistische Tsunami-Vorhersagen erstellen, die Tausende physikgestützter Szenarien kombinieren, um Warnungen auszusprechen und die Auswirkungen vorherzusagen, lange bevor die Welle auf die Küste trifft“, sagt Folch. „Ebenso können hochauflösende Vorhersagen für Vulkanaschewolken ausgegeben werden, um die Zivilluftfahrtbehörden entsprechend bei der Planung zu unterstützen.“

Das ist alles schön und gut, solange die Behörden Zugriff auf die zusammengetragenen und verarbeiteten Supercomputersimulationen haben – was jedoch nicht immer der Fall ist. Aus diesem Grund hat sich ChEESE auf die sogenannte dringende Datenverarbeitung konzentriert. „Die dringende Datenverarbeitung lässt sich mit einer speziellen Infrastruktur vergleichen, die den Behörden den sofortigen Zugriff auf die supercomputergestützten Simulationen und zugehörigen Technologien ermöglicht, die sie zur Anfertigung von Notfallberechnungen benötigen“, erklärt Folch.

Genauer gesagt nutzt die von ChEESE entwickelte Lösung für die dringende Datenverarbeitung sowohl das Capability- als auch das Capacity-Computing. Der Unterschied liegt darin, erklärt Folch weiter, dass sich das Capability-Computing tendenziell auf die großen Probleme konzentriert, während das Capacity-Computing eher auf die Durchführung vieler kleiner Simulationen abzielt.

„Mithilfe des Capability-Computing können Fachleute im Bereich der Seismik die Entstehung und Ausbreitung von Erdbeben mit bisher unerreicht hohen Frequenzen simulieren und Auswirkungen wie Tsunamis und Erdrutsche vorhersagen“, führt Folch aus. „Mittels Capacity-Computing können viele Simulationen, die jeweils ein anderes Szenario darstellen, kombiniert werden, um Modellunsicherheiten auszugleichen.“

Bei Vulkanausbrüchen ist auf ChEESE Verlass

Supercomputer, dringende Datenverarbeitung, Capability- und Capacity-Computing – das sind eine Menge Begrifflichkeiten rund um das Thema der Datenverarbeitung. Aber was kann damit eigentlich erreicht werden? Am 19. September 2021 durfte die Welt das herausfinden.

Damals brach der Vulkan Cumbre Vieja auf der Kanareninsel La Palma aus. Seitdem setzt er verheerende Lavaströme frei und stößt große Mengen Asche in die Luft aus, zerstört Eigentum, verschmutzt die Luft und sorgt für Unterbrechungen des Flugverkehrs. Bislang wurden über 1 000 Häuser und Gebäude vernichtet und mehr als 6 000 Menschen evakuiert. 

Zur Bewältigung der anhaltenden Notlage haben die lokalen Behörden den ChEESE-Pilotdemonstrator für Vulkanasche eingesetzt. „Seit Beginn des Ausbruchs hat ChEESE den lokalen Behörden täglich operationelle Vorhersagen geliefert“, so Folch.

Der Demonstrator basiert auf einem Supercomputer am BSC, der Berechnungen in verschiedenen Auflösungen durchführt und eine Reihe möglicher Eruptionsszenarien abdeckt. Er umfasst ein spezielles System für die dringende Datenverarbeitung, das sicherstellt, dass ChEESE seine Simulationen jeden Morgen zwischen 6.00 und 7.00 Uhr ausführen und seine Vorhersage bis spätestens 7.30 Uhr abgeben kann.

Anhand dieser Vorhersagen können die lokalen Behörden dann genau abschätzen, was in den nächsten zwei Tagen passieren könnte. „Entscheidungsverantwortliche können nachvollziehen, wie sich die bevorstehende vulkanische Aktivität auf die Zivilluftfahrt auswirken wird, und auf dieser Grundlage bereits frühzeitig mit der Umleitung des Flugverkehrs beginnen“, fügt Folch hinzu. „Sie können auch Probleme in Bezug auf die Luftqualität vorhersagen und für Personen, die innerhalb der Sperrzone wohnen, Ausgangsbeschränkungen anordnen.“

Der Ausbruch des Cumbre Vieja ist ein Beweis dafür, dass die öffentlichen Behörden durch den Einsatz von Supercomputern schneller und effizienter agieren und so potenzielle Schäden reduzieren können.

„Dieser Ausbruch zeigt deutlich die Vorteile der dringenden Datenverarbeitung in Notsituationen“, so Folch abschließend. „Sie informiert nicht nur die Behörden über zu erwartende Szenarien und unterstützt sie darin, bessere Entscheidungen zu treffen, sondern trägt vor allem dazu bei, Leben zu retten.“

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
ChEESE
Projekt-Nr.
823844
Projektkoordinator: Spanien
Projektteilnehmer:
Frankreich
Deutschland
Island
Italien
Norwegen
Spanien
Schweiz
Aufwand insgesamt
€ 7 683 241
EU-Beitrag
€ 7 683 241
Laufzeit
-

Siehe auch

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