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Wie COMPROP die politische Propaganda enttarnt hat

Ein EU-finanziertes Projekt macht sich mit seinen einzigartigen Einblicken zu politischer Propaganda und Fehlinformation in sozialen Medien einen Namen. Die Arbeit dieses Projektes erweist sich in Zeiten, da sie unsere Gesellschaft wahrlich am dringendsten braucht, als nützlich, denn Desinformation verbreitet sich weiterhin im Internet und erschüttert unsere Demokratien in ihren Grundfesten.

© EvgeniyBobrov #219397132, source:stock.adobe.com 2020

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Mit dem Brexit-Referendum und den besonders spannungsgeladenen Wahlen in den USA stellt das Jahr 2016 wohl einen Wendepunkt für westliche Demokratien dar. Die Szenen im Anschluss an beide Kampagnen in den Wahllokalen sind bereits in die Geschichtsbücher eingegangen. Hinter den Kulissen jedoch wurde gar eine völlig neue Art internetbasierter politischer Propaganda geboren. „Fake News“ avancierte zum Schlagwort des Jahres und die Nachverfolgung der Fehlinformation beschäftigte von nun an viele Forschende in Vollzeit.

Das COMPROP-Team, das eine Finanzhilfe des Europäischen Forschungsrats erhielt, wurde in Folge dieser Ereignisse zusammengestellt. Ihr Ziel: zu ermitteln, woher Fehlinformationen in entscheidenden Momenten im öffentlichen Leben stammen, und zu erfassen, wie sich Verschwörungstheorien verbreiten. Über vier Jahre hinweg beobachtete das Team Millionen öffentlicher Twitter-Konten und analysierte Daten weiterer beliebter Plattformen wie Facebook und WhatsApp. „Wir haben uns durchgehend darum bemüht, den Stand der Technik für die Untersuchung politischer Nachrichten sowie der Kommunikation in den sozialen Medien weiterzuentwickeln“, so Philip N. Howard, Leiter des Oxford Internet-Instituts und Hauptforscher des Projekts.

Die Forschenden hatten sich zunächst vorgenommen, innovative Methoden für diese Analyse zu entwickeln. Dazu kombinierten sie traditionelle Programmierverfahren mit automatisierten Techniken wie Stimmungsanalyse und Themenmodellierung, um aussagekräftigere und genauere Interpretationen zu erhalten. Außerdem entwickelten sie besondere Verfahrensweisen für die Analyse visueller Desinformation (Bilder, Memes, Videos), da deren Bedeutung für die Übermittlung von Fehlinformation wuchs. „Wir nutzten diese wissenschaftlichen Methoden, um Daten zu gewinnen und auszuwerten. Gleichzeitig unterstützten uns Forschungskräfte aus den Bereichen Soziologie und Politikwissenschaft mit wertvollen Hinweisen, die uns die Interpretation unserer Erkenntnisse erleichterten“, erklärt Howard.

Heimtückische Algorithmen

Im Jahr 2018 ermöglichten die Forschungsarbeiten die Ausfertigung eines Berichtes, in dem genau dargelegt ist, in welchem Maße Russland sich in die Präsidentschaftswahlen in den USA eingemischt hatte. Der US-Senat erhielt Einsicht in diesen Bericht. Darin wurde aufgezeigt, dass Mitteilungen, die sich für Trump aussprachen und das Wahlsystem der USA negativ darstellten insbesondere in der afroamerikanischen Wählerschaft verbreitet wurden. Gleichzeitig zielten weitere russische Kampagnen auf andere Wählergruppen ab, darunter die hispanische , muslimische und christliche Gemeinschaften, die LGBT-Gemeinde sowie Kriegsveteranen.

Die wegweisenden Methoden des Projekts trugen wesentlich dazu bei, dass die Allgemeinheit erkennen konnte, zu welch bedeutender Form von Nachrichtenmeldungen sich „Junk News“ entwickelt haben, die auch einer Erforschung würdig ist. „Seit der Veröffentlichung unserer ersten Ergebnisse zu den US-Wahlen sind rechnergestützte Propaganda und ausländische Einflussnahme auf den Wahlverlauf zu wichtigen Themen fachübergreifender Forschung geworden. Es gab verschiedene Bemühungen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, bei denen verdeutlicht wurde, wie böswillige Akteure gezielt die Wählerschaft ansprechen und sich dabei auf deren demografische Profile stützen“, führt Howard aus.

Sämtliche Projektergebnisse wurden in Form kurzer Berichte, die zahlreiche bekannte Nachrichtenorganisationen und Medienkanäle übermittelten, wirksam einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Gleichermaßen interagierte das Konsortium aktiv mit einer größeren Bandbreite von Interessengruppen, darunter staatliche Organisationen, Aktivistinnen und Aktivisten sowie die sozialen Medien selbst, um die Forschungsergebnisse zu verbreiten und etwas zu bewirken.

Die Anzahl der behandelten Themen ist beachtlich. Neben dem Brexit und der Wahl Donald Trumps nahm das Team die französische Präsidentschaftswahl im Jahr 2017 sowie weitere wichtige Wahlen in Lateinamerika, in Indien und in europäischen Ländern in den Fokus. Darüber hinaus untersuchte es gesellschaftspolitische Belange wie den Klimawandel, spaltende Narrative und, in jüngster Vergangenheit, Fehlinformation zu COVID-19.

In einer seiner neuesten Veröffentlichungen veranschaulichte das Team, wie fragwürdige Meldungen zu COVID-19, die von staatlich unterstützten Stellen in Russland, China, der Türkei und im Iran stammten, weitere Verbreitung fanden als Mitteilungen großer Nachrichtenorganisationen. Während Nachrichten herkömmlicher Massenmedien im Schnitt 25 Reaktionen pro Beitrag auslösen, erreichten diese fragwürdigen Meldungen nicht weniger als durchschnittlich 125 Reaktionen.

„Unsere Forschung ist ein wichtiges Werkzeug, um aufzuzeigen, wie Fehlinformation in sozialen Netzwerken modernen politische Wahlkampf nachhaltig verändert hat. Sie zeigt, wie böswillige politische Akteure rechnergestützte Propaganda dazu eingesetzt haben, weltweit demokratische Prozesse zu beeinflussen“, erläutert Howard. Aber COMPROP dient auch als Weckruf für Regierungen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Vernetzung der Welt und dem fortwährenden Siegeszug der künstlichen Intelligenz (KI) werden Manipulation und politische Propaganda im Internet Themen bleiben, die unsere Zeit bestimmen.

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
COMPROP
Projekt-Nr.
648311
Projektkoordinator: United Kingdom
Projektteilnehmer:
United Kingdom
Aufwand insgesamt
€ 1 980 112
EU-Beitrag
€ 1 980 112
Laufzeit
-

Siehe auch

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