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Molecular Billiards in Slow Motion

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Neue Methoden zeigen die wahre Quantennatur molekularer Kollisionen

Die Beobachtung und Steuerung von molekularen Kollisionen wurde lange Zeit als der Heilige Gral der physikalischen Chemie angesehen. Nun machen es die neuen Methoden, die im Rahmen des Projekts MOLBIL entwickelt wurden, sowohl für „elektrische“ als auch für „magnetische“ Moleküle möglich.

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Auch wenn kollidierende Moleküle unter gewissen Umständen eine chemische Reaktion miteinander eingehen können, so übertragen sie doch meist nur Energie aufeinander, was dazu führt, dass sie sich etwas schneller drehen oder etwas langsamer bewegen. Dieses scheinbar einfache Ereignis spielt jedoch in erstaunlich vielen Prozessen eine wichtige Rolle: der Bildung von Sternen und Planeten, der Verbrennung, dem Wärmehaushalt der Atmosphäre und sogar in Prozessen in bestimmten Quantencomputern. Wir kennen solche Kollisionen von Teilchen mit hoher Energie bereits gut. Kollisionen von Teilchen mit niedriger Energie sind jedoch eine völlig andere Sache: Allein die Quantenmechanik vermag es, den Streuprozess zu beschreiben. Denn bis das Projekt MOLBIL (Molecular Billiards in Slow Motion) eine Möglichkeit zur Abbildung der wahren Quantennatur molekularer Kollisionen bot, fehlte es schlichtweg an geeigneten Methoden. Prof. Dr. Sebastiaan van de Meerakker entwickelte zusammen mit seinem Team Methoden zur vollständigen Steuerung der Bewegung von Molekülen vor dem Zusammenstoß, um sicherzustellen, dass sie unter äußerst genau definierten Bedingungen kollidieren. Eine solche Steuerung ermöglicht eine detailliertere Abbildung des Prozesses, wodurch Kollisionsmechanismen sichtbar werden, die sonst verborgen bleiben würden. „Die erste Aufgabe besteht darin, die Geschwindigkeit der Moleküle gezielt zu steuern, um ein Ergebnis zu erhalten, das wir leichter interpretieren können“, so Prof. Dr. van de Meerakker, Koordinator von MOLBIL. „Dieses Szenario ist entfernt vergleichbar mit einem Fahrzeughersteller, der einen Crash-Test durchführt: Wenn man nicht weiß, wie schnell das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Aufpralls gefahren ist, hilft es einem auch nicht, sich das kaputte Fahrzeug genauer anzusehen.“ Der Grund für die einzigartigen Ergebnisse von MOLBIL ist der „Stark-Abbremser“, der die Geschwindigkeit steuert, wie Prof. Dr. van de Meerakker erklärt: „Wir können nicht nur die absolute Geschwindigkeit der Moleküle steuern, sondern auch die Geschwindigkeitsverteilung aller Moleküle, die am Kollisionsprozess beteiligt sind. Ersteres ist wichtig, um die Kollisionsenergie zu steuern oder zu scannen, und letzteres, um die Kollisionsenergie in hoher Auflösung zu scannen (Kollisionsenergieunschärfe).“ Diese Methode erlaubte es dem Team, Streuphänomene zu beobachten, die theoretisch bereits vor Jahrzehnten vorhergesagt worden waren, aber noch experimentell beobachtet werden mussten. Dazu gehören Quantenbeugungsschwingungen, Streuresonanzen bei niedrigen Energien oder Korrelationen zwischen Produktpaaren. Außerdem nutzte das Team auch den Zeeman-Abbremser, da der Stark-Abbremser zwar bei „elektrischen“ Molekülen (solche mit einem elektrischen Dipolmoment) aber nicht bei magnetischen funktioniert. „Mit einer Reihe von Elektromagneten können wir die magnetischen Moleküle vollständig steuern und somit eine ganz neue Gruppe von Atomen und Molekülen untersuchen. Zeeman-Abbremser sind nicht neu. Jedoch haben wir ein neues Konzept entwickelt, das speziell für molekulare Kollisionsexperimente optimiert ist“, so Prof. Dr. van de Meerakker. Alles in allem liefern die Ergebnisse von MOLBIL Daten, die die vorgefassten Meinungen der Theoretiker in Frage stellen, die versuchen, die Gleichungen der Quantenmechanik zu lösen. Prof. Dr. van de Meerakker ist zuversichtlich, dass viele verschiedene wissenschaftliche Bereiche von den Projektergebnissen profitieren werden, wie beispielsweise die Forschung auf dem Gebiet der Quantengase, Astrophysik und Meteorologie. Und obwohl das Projekt jetzt abgeschlossen ist, will Prof. Dr. van de Meerakker seine Forschung fortsetzen. „Die Kollisionsenergien, die wir bisher erreichen, entsprechen Kollisionen zwischen Molekülen, die bei einer Temperatur von etwa 10 Kelvin (und mehr) in Gas auftreten. Dies entspricht bereits einem sehr niedrigen Energiewert. Jedoch wissen wir jetzt, wie wir die Maschine so modifizieren können, um noch niedrigere Temperaturen zu erreichen. Das klingt zwar nur nach einer kleinen Veränderung, die aber tatsächlich große Auswirkungen hat“, schließt Prof. Dr. van de Meerakker.

Schlüsselbegriffe

MOBILE, molekulare Kollisionen, Moleküle, niedrige Energie, Quantenmechanik

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