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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Viren spielen zentrale Rolle in Ökosystemen der Tiefsee

Viren spielen für das Funktionieren von Ökosystemen der Tiefsee eine wichtige Rolle, heißt es in einer EU-finanzierten Forschungsarbeit, die am 28. August in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Studie enthüllt, dass Viren der primäre Grund für das Sterben von Mi...

Viren spielen für das Funktionieren von Ökosystemen der Tiefsee eine wichtige Rolle, heißt es in einer EU-finanzierten Forschungsarbeit, die am 28. August in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Studie enthüllt, dass Viren der primäre Grund für das Sterben von Mikroorganismen sind, die in den Sedimenten des Tiefseebodens leben. Die Nährstoffe, die durch das Absterben dieser Bakterien frei werden, werden von anderen Organismen schnell wieder aufgenommen. Auf diese Weise beschleunigen die Viren den Austausch von Nährstoffen wie beispielsweise Kohlen- und Stickstoff innerhalb des Ökosystems. Die Tiefsee bedeckt zwei Drittel der Erdoberfläche. Bakterien sind die dominante Lebensform in den Sedimenten des Tiefseebodens. "Es gibt 100 Millionen bis 100 Milliarden Bakterien pro Gramm Ablagerungen", erklärte Professor Antonio Dell'Anno von der Polytechnischen Universität der Marken in Italien, einer der Autoren des Artikels, CORDIS-Nachrichten gegenüber. "Das bringt global gesehen eine riesige Menge Kohlenstoff." In dieser Studie sammelten Wissenschaftler aus Frankreich, Italien und den USA über 200 Proben von Tiefseesedimenten an verschiedenen Stellen im Atlantik und im Pazifik sowie im Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. Die Proben wurden in Tiefen zwischen 165 und 5.000 Metern entnommen. Die Forscher wollten die Wechselwirkungen zwischen Bakterien und Viren in diesen unwirtlichen Umgebungen untersuchen. Sie fanden heraus, dass Viren für fast die gesamte Bakteriensterblichkeit in Tiefseesedimenten verantwortlich sind und dass dieser Anteil in Tiefen jenseits der 1.000 Meter nahezu 100% beträgt. Die Viren brechen die Bakterien regelrecht auf, wodurch der Inhalt ihrer Zellen in die Umwelt abgegeben wird, wo die Nährstoffe schnell von anderen, bisher noch nicht infizierten Bakterien wiederverwertet werden. Professor Dell'Anno beschreibt den Prozess als eine Art von "Tiefsee-Kannibalismus", der den Kohlenstoffzyklus wirksam beschleunigt. "Der Kohlenstoff wird recycelt, ebenso wie die anderen Nährstoffe", erklärt Professor Dell'Anno. Die Forscher schätzen, dass dieser Prozess im Nahrungsnetzwerk der Tiefsee 0,37 bis 0,63 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr "verschiebt". "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Viren eine wichtige Rolle in globalen biogeochemischen Kreisläufen, im Stoffwechsel der Tiefsee und im allgemeinen Funktionieren des größten Ökosystems unserer Biosphäre spielen", schlussfolgern die Forscher. Das Team will jetzt die an diesen Abläufen beteiligten Viren identifizieren und genauer untersuchen, welche Rolle sie beim Erhalt der Biodiversität in der Tiefsee-Umwelt spielen. Die Tiefen der Meere spielen auch im globalen Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Rolle. Derzeitige Computermodelle des Kohlenstoffkreislaufs lassen die Aktivitäten dieser Viren unberücksichtigt. Eine weitere Herausforderung für das Team ist daher die Integration dieser Aktivitäten in diese Modelle. Die Wissenschaft weiß seit einiger Zeit, dass Viren für hohe Sterblichkeitswerte in den oberen Regionen des Meeres verantwortlich sind. Allerdings gab es bis heute keine umfassende Studie zur Situation in den Tiefen der Ozeane. Schon allein die Entnahme von Sedimentproben in diesen Tiefen birgt große technische Herausforderungen. Darüber hinaus müssen die Proben unter den gleichen extremen Drücken und niedrigen Temperaturen aufbewahrt und untersucht werden, wie sie am Boden der Ozeane herrschen; das erfordert eine hoch spezialisierte, teure Ausrüstung. Die EU-Unterstützung für diese Forschungsarbeit kam aus dem Projekt HERMES ("Hotspot ecosystems research on the margins of European seas"), das unter dem Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wird.

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