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VIRTUAL REALITY BASED EVALUATION OF MENTAL DISORDERS

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Bessere Diagnose psychischer Störungen mit virtueller Realität

Die im Rahmen des Projekts VRMIND entwickelten VR-Systeme (virtuelle Realität) sollen die medizinischen Fachkräfte in den Kliniken künftig bei einer zuverlässigeren und genaueren Diagnose psychischer Erkrankungen unterstützen.

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Bei mindestens 20 % aller Menschen weltweit wird irgendwann im Leben eine psychische Störung oder neurologische Erkrankung diagnostiziert. Trotz dieser Erkrankungshäufigkeit wird die Diagnose jedoch immer noch durch zwei Besonderheiten erschwert, die für psychische Störungen typisch sind. Zum einen lassen sich psychische Störungen weder anhand physikalischer noch chemischer Parameter erkennen, sodass nur die Reaktionen des Patienten auf Fragen, Bilder, Geräusche oder andere Reize ausgewertet werden können. Zweitens können immer Umgebungsfaktoren die Reaktion des Patienten beeinflussen. Durch ablenkende Reize während der Befragung (ablenkende Geräusche, Unterbrechungen seitens anderer usw.) kann die Antwort auf die gleiche Frage jeweils unterschiedlich ausfallen. Die konventionelle Diagnose erfolgt über Patientenfragebögen, die entweder schriftlich oder digital im klinischen Umfeld und ohne Ablenkung durch alltägliche äußerliche Faktoren ausgefüllt werden. „Weiterhin hat die Forschung gezeigt, dass die Komplexität der Patientenreaktionen bei der Diagnose mittels Fragebogen nicht erfasst werden kann“, erklärt Mari Feli González Pérez von Nesplora Technology & Behavior und Projektkoordinatorin von VRMind. Insgesamt sind herkömmliche Tests also nicht aussagefähig genug, da die Patienten die Test in einer Laborumgebung zwar richtig ausfüllen, was dem Alltag aber kaum entspricht. Aus medizinischer Sicht ist es immer schwierig, den Grad einer psychischen Störung genau zu ermitteln. „Dies verfälscht die Diagnose, resultiert in ungeeigneter oder falscher Therapie, belastet“, wie González weiter ausführt, „die Gesundheitssysteme und senkt das Vertrauen der Patienten in die professionelle Diagnose psychischer Störungen.“ Vorteile in vieler Hinsicht VRMIND eröffnet eine neue Möglichkeit, mittels virtueller Realität die Störungen zu benennen und genauere Daten für therapeutische Interventionen zu liefern. Ein Beispiel ist das virtuelle Aquarium „Nesplora Aquarium“, in dem der Patient bestimmte Fische erkennen bzw. benennen soll und dann trotz verschiedener Ablenkungsfaktoren um ihn herum die richtige Taste drücken muss. VRMIND misst Reaktionszeit und motorische Aktivität im Gehirn und liefert detaillierte Informationen zu vielen verschiedenen psychophysiologischen Variablen wie Aufmerksamkeit, Impulsivität, auditiver und visueller Aufmerksamkeit sowie Arbeitsgedächtnis. Bei einem weiteren VR-System - Nesplora Ice Cream – übernimmt der Patient die Rolle des Eisverkäufers in einer virtuellen Eisdiele. Dabei werden mögliche exekutive Dysfunktionen und Pathologien ermittelt, deren Ursache im Frontalhirn liegt. Diese Methoden sind 25 % genauer als herkömmliche Tests und könnten vor allem falsch-positive Ergebnisse um 47 % jährlich und die Zahl der Patienten, die therapeutisch behandelt werden müssen, um 16% senken. Die Diagnose durch einen Humanmediziner soll damit keinesfalls ersetzt werden, allerdings könne das System eine wertvolle Hilfe sein. Ein nach dem Test automatisch erstellter klinischer Bericht liefert dem Arzt dann genaue und objektive Daten für eine sichere Diagnose. Alle Patienten profitieren davon „Unser großartigstes Ergebnis ist, dass wir mit den in diesem Projekt entwickelten Methoden den vielen Menschen mit kognitiven Störungen und ihren Angehörigen helfen können“, sagt González. So bot sich der Forschergruppe von VRMIND die Möglichkeit für Studien, die die Methodik wissenschaftlich bestätigen konnten. „Wir sind der Europäischen Kommission und dem Programm Horizont 2020 für diese Gelegenheit dankbar“, sagt González. „Es zeigt, dass angewandte Forschung Ergebnisse liefern kann, die genauer auf den Marktbedarf zugeschnitten sind und auf all jene Menschen, die wirklich darauf angewiesen sind“, sagt Gema Climent, Gründerin und CIO bei Nesplora.

Schlüsselbegriffe

VRMIND, psychische Störung, virtuelle Realität, Eisdiele, Tests, Aquarium, Aufmerksamkeit, Genauigkeit

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