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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Missbildungen bei Aquakultur-Fischen durch zu warmes Wasser

Wassertemperaturen von mehr als 16°C können bei jungen Lachsen durchaus Skelettdeformationen verursachen. Diesen Zusammenhang deckten EU-finanzierte Wissenschaftler jüngst auf. Die Erkenntnisse sind Teil des Projekts FINE FISH ("Reduction of malformations in farmed fish specie...

Wassertemperaturen von mehr als 16°C können bei jungen Lachsen durchaus Skelettdeformationen verursachen. Diesen Zusammenhang deckten EU-finanzierte Wissenschaftler jüngst auf. Die Erkenntnisse sind Teil des Projekts FINE FISH ("Reduction of malformations in farmed fish species"), das 3,02 Mio. EUR innerhalb der Querschnittsmaßnahme für KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) erhielt. Die Studienergebnisse wurden vor kurzem im Fachmagazin BMC (BioMed Central) Physiology vorgestellt. Krankheiten der Wirbelsäule, die bei aus intensiv betriebenen Zuchtanlagen stammendem Fisch relativ häufig auftreten, stellen eine wichtige Herausforderung für den Aquakultursektor hinsichtlich Gesundheit und Produktivität dar. Leider gibt es keine ausreichenden Informationen über die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen, die bei Knochendeformationen bei Fischen und anderen Tieren aus Zuchtanlagen eine Rolle spielen. Erkenntnisse zu diesem Thema könnten eine Eindämmung dieses Problems fördern. Das an der Studie beteiligte vierköpfige Wissenschaftlerteam aus Chile und Norwegen wollte deshalb diese Wissensbasis durch die Erforschung des Knochenstoffwechsels und der Pathogenese von Wirbelkörperfusionen beim Atlantischen Lachs (Salmo salar) verbessern. Die Forscher zogen 400 Junglachse in 10°C kaltem Wasser auf, weitere 400 Jungtiere wuchsen bei einer Temperatur von 16°C heran. Hintergrund der Vorgehensweise: Lachsfarmer verwenden oft wärmeres Wasser, um die Wachstumsraten der Fische zu steigern. Die beiden Tanks mit den unterschiedlichen Temperaturen wurden nun über einen Zeitraum hinweg beobachtet, um sämtliche sich ergebenden temperaturbedingten Unterschiede zu dokumentieren. Die Studie zeigte tatsächlich, dass der Aufbau von Knochen und Knorpeln bei erhöhten Temperaturen gestört wurde. Resultat war ein erhöhter Anteil von Missbildungen bei der bei 16°C lebenden Gruppe. Diese Fischgruppe wuchs zwar schneller, aber bei mehr als einem Viertel der Fische (28%) wurden etliche Anzeichen für eine Fehlbildung des Skeletts festgestellt. Nur 8% der Fische in der bei 10°C aufwachsenden Gruppe zeigten diese Missbildungen. Der Koautor der Studie Dr. Harald Takle von der Universität für Biowissenschaften in Norwegen und AVS Chile erklärte dazu, dass die Ergebnisse "stark darauf hindeuten, dass das durch die Temperatur ausgelöste schnelle Wachstum die Gentranskription in Osteoblasten sowie Knorpel- und Knochenzellen schwerwiegend beeinträchtigt, was schließlich zu einer Veränderung in der Gewebestruktur und -zusammensetzung führt." Die Forscher führten weitere Studien speziell zu Lachs mit Wirbelanomalien durch und stellten fest, dass der Deformierungsprozess Veränderungen der molekularen Regulation und an Zellen nach sich zieht, die Bandscheibenschäden bei Säugetieren ähneln. Die Erkenntnisse tragen zu einer beträchtlichen Anzahl von Arbeiten im Rahmen von FINE FISH bei. FINE FISH ergab neues praktisches Wissen zu dem Thema, wie die Häufigkeit von Fehlbildungen bei den Hauptfischarten, die in europäischer Aquakultur zum Einsatz kommen, zu reduzieren ist und auf welche Weise dies im gewerblichen Sektor, der hauptsächlich aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht, zu bewerkstelligen ist. Elf der 20 Partner, die zu FINE FISH beitrugen, waren KMU. Courtney Hough von der Federation of European Aquaculture Producers (FEAP), koordinierender Partner von FINE FISH, erklärte, dass die Richtung der Forschung, die Präsentation der Ergebnisse und die Feldversuche durch die Beiträge der KMU und deren Willen mitzuwirken geformt wurden. Tatsächlich entstammten die Impulse für FINE FISH einem Workshop zum Thema Aufzucht, bei dem die teilnehmenden KMU selbst die Realisierung eines solchen Projekts gefordert hatten. Wie Hough gegenüber Research Headlines sagte, "war der auf einer praktischen Anwendung der Ergebnisse im Aufzucht-KMU-Sektor liegende Schwerpunkt von außergewöhnlicher Bedeutung für die FEAP, deren Hauptinteresse es war, zu klaren Empfehlungen für die Verbesserung der Leistung im europäischen Fischzuchtsektor zu gelangen." Resultat sind mehrere Tools, die auf der Webseite des Projekts verfügbar sind, sowie die FINE FISH-Diagnosehandbücher für einzelne Arten (Barsch und Brassen, Kabeljau, Forelle und Lachs) und Material, das bei Schulungen eingesetzt wird. Hough wies darauf hin, dass es sich bei dem Handbuch "Control of Malformations in Fish Aquaculture: Science and Practice" um eines der im Rahmen des Projekts entwickelten Schlüsselprodukte handelt. Ein weiteres wichtiges Ergebnis war die Gründung neuer professioneller Partnerschaften zwischen KMU und dem Forschungssektor, von denen sich mehrere auf die Erkundung neuer Herausforderungen eingelassen haben. "Eine der zentralen Botschaften dieses Projekts ist, dass echte kollektive Forschung eine solide Brücke zwischen Forschung und teilnehmenden KMU braucht", führte Hough außerdem aus. "Hier sind aktive Beteiligung und Engagement innerhalb solcher Projekte sowie ein Verständnis für ihre Grenzen gemeint." Die FEAP schätzt, dass jährlich in der EU 650.000 Tonnen Fisch in Aquakultur erzeugt werden. Interessanter Vergleich zu 1970: Damals züchtete man lediglich 60.000 Tonnen. In Europa insgesamt beläuft sich die Produktion auf mehr als 1,6 Millionen Tonnen. Norwegen ist führend in der europäischen Aquakultur und produziert pro Jahr über 860.000 Tonnen Lachs und Forellen. Aufzuchtstätten produzieren befruchtete Eier, Larven, Setzlinge und Jungfische, die wertvolle Ausgangsmaterialien für die Mehrzahl der europäischen Aquakulturbetriebe darstellen.

Länder

Norwegen

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