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Warum können Spürhunde nicht durch elektronische Nasen ersetzt werden?

Bereits seit den 1980er Jahren gibt es Systeme, die Gerüche erkennen können. Warum bevorzugen wir noch immer Hunde? Die Bioingenieurin Cecília Roque beantwortet einige Fragen dazu.

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Im Vergleich zu unseren anderen Sinnen wird der Geruchssinn häufig vernachlässigt. Unsere Nasen warnen uns vor Risiken wie verdorbenen Lebensmitteln, Gaslecks und verbranntem Toast. Doch bei schwierigeren Aufgaben wie dem Aufspüren von Bomben oder Schmuggelware oder dem Erkennen von Krankheiten wie Krebs verlassen wir uns auf die überlegeneren Spürnasen von Hunden. Deren Ausbildung nimmt viel Zeit in Anspruch und ihre Arbeit kann beschwerlich und sogar gefährlich sein. Warum können wir bei all unserem elektronischen Scharfsinn nicht stattdessen elektronische Nasen entwickeln? Roque, Assistenzprofessorin für molekulare Biotechnologie an der NOVA School of Science and Technology in Portugal, berichtet, dass die Idee der elektronischen Nasen bereits in den 1980er Jahren aufkam. „Geräte zur Nachbildung des olfaktorischen Systems umfassen meist eine Kammer als Nasenhöhle und Sensoren, also die olfaktorischen Rezeptoren“, erklärt sie. Komplexe Geruchsmischungen in der Kammer lösen Veränderungen der physikochemischen Eigenschaften der Sensoren aus, die dann in elektronische Signale umgewandelt werden.

Die Chemie der Düfte

Gerüche sind hauptsächlich über flüchtige organische Verbindungen erkennbar. Das sind kleine Moleküle mit hohem Dampfdruck, durch den sie leicht in einen gasförmigen Zustand übergehen. Wenn Tiere einen Geruch wahrnehmen, wissen sie meist, welche physiologische und verhaltensbezogene Reaktion angebracht ist, etwa Angst oder Erregung. Elektronische Nasen hingegen müssen über Datensätze mit Proben flüchtiger organischer Verbindungen geschult werden, damit sie Gerüche dem ursprünglichen Material zuordnen können. „Stellen Sie sich vor, Sie möchten einer elektronischen Nase beibringen, zwei Kaffeesorten zu unterscheiden – A und B. Dafür müssen Sie mehrere Proben von Kaffee A und von Kaffee B sammeln“, ergänzt Roque. Somit brauchen elektronische Nasen also genau wie Spürhunde eine umfassende Ausbildung, um nützlich zu sein. „Theoretisch können elektronische Nasen sämtliche Proben flüchtiger organischer Verbindungen erkennen. Anhand mehrerer Proben eines bestimmten Geruchs kann das System dann das entsprechende Signalmuster erkennen“, merkt Roque an. „Möglicherweise können elektronische Nasen auch ohne spezielle Datensätze neue Verbindungen erkennen. Das trifft derzeit aber eher auf Sensoren zu, die auf ganz bestimmte flüchtige organische Verbindungen oder Verbindungsklassen abgerichtet wurden.“

Krankheiten erkennen

Als Koordinatorin des SCENT-Projekts hat Roque einen neuen Gelsensor entwickelt, der Anzeichen von Krankheiten erkennen kann. Das Gel verändert durch bestimmte flüchtige organische Verbindungen seine Eigenschaften. Diese Reaktionen werden dann von Algorithmen unterschiedlichen Pathogenen zugeordnet. Die elektronische Nase hat krankheiterregende Mikroben in einer Probe mit hoher Richtigkeit und Präzision bestimmen können. Das Projektteam fand außerdem heraus, dass 18 flüchtige organische Verbindungen ausreichen, um Pathogene mit einer Richtigkeit von 77 % und bis zu 100 % Präzision zu erkennen. „Derzeit dauert es etwa 24 bis 36 Stunden, um eine mikrobielle Infektion in einer klinischen Umgebung zu erkennen, bei sich langsam vermehrenden Bakterien sogar bis zu einer Woche. Die elektronischen Nasen beschleunigen diesen Prozess, indem sie bakterielle flüchtige Verbindungen als Biomarker einer Infektion erkennen, und verbessern so die Behandlungsergebnisse“, erläutert Roque.

Warum liegen Hunde also noch immer eine Nasenlänge vorn?

Roque berichtet, dass es bereits einige elektronische Nasen auf dem Markt gibt, zum Beispiel zur Überwachung der Luftqualität. Doch Spürhunde sind häufig einfach besser. „Es sollte zwar möglich sein, dass elektronische Nasen die meisten Dinge erschnüffeln können, die Hunde erkennen, doch letztere bieten dennoch bestimmte Vorteile. Ihr Geruchssinn ist extrem empfindlich und sie können flüchtige organische Verbindungen auch bei sehr geringer Konzentration erkennen. Sensoren haben eine kürzere Einsatzzeit als Hunde und sind anfälliger für Feuchtigkeit und Temperaturen“, merkt Roque an. Eine weitere Herausforderung besteht in der notwendigen Miniaturisierung der mobilen oder autonomen elektronischen Nasen in Anbetracht der erforderlichen Leistung und der großen Anzahl an Proben, die der Sensor aufnehmen können muss. Zuletzt gibt es auch regulatorische Hürden für den öffentlichen Einsatz solcher Geräte. Dennoch sieht Roque eine vielversprechende Zukunft für elektronische Nasen. „Bei den technologischen Fortschritten und schnelleren Analysen, die mehr Richtigkeit und Präzision bieten, bin ich mir sicher, dass elektronische Nasen neue Anwendungen finden werden, besonders für die klinische Diagnostik.“ Seht euch vor, ihr Spürhunde – die Roboter nehmen auch euch die Arbeit ab. Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von Roque: Künstliche Nase auf Gelatinebasis zur Krankheitserkennung

Schlüsselbegriffe

SCENT, flüchtige organische Verbindungen, Geruch, Spürhunde, elektronische Nasen, olfaktorisch, Signale, Krankheit

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