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The role of chromatin in the long-term adaptation of plants to abiotic stress

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Wie Pflanzen sich an Hitzestress „erinnern“ und Toleranz entwickeln

Angesichts des Klimawandels, der die Kulturpflanzen weltweit immer mehr stresst, erforschte CHROMADAPT jene molekularen Mechanismen, welche den Pflanzen bei der Entwicklung von Hitzetoleranz helfen, wobei sich potenzielle Lösungen für die Agrar- und Ernährungsindustrie andeuten.

Lebensmittel und natürliche Ressourcen icon Lebensmittel und natürliche Ressourcen

Feldfrüchte bekommen es mit einem ganzen Spektrum von abiotischen (nicht biologischen) Stressfaktoren zu tun. Sie werden mit Temperaturextremen, Trockenheit und Salzgehalten konfrontiert, sodass die Pflanzen mittels molekularer Reaktionen diese Stressfaktoren messen und sich anpassen. Der zeitliche Ablauf der Reaktion einer Pflanze ist entscheidend für das Überleben, wobei sich veränderliche Reaktionen deutlich von denen unterscheiden, die für wiederkehrenden Stress ausgeprägt werden. Laut Isabel Bäurle, der Projektkoordinatorin von CHROMADAPT, „hat sich die Forschung hauptsächlich auf die unmittelbare Stressreaktion konzentriert und dabei die Tatsache vernachlässigt, dass Stress in der Natur häufig wiederkehrt.“ Das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte CHROMADAPT interessierte sich insbesondere für die molekularen Grundlagen des „Primings“ bei Pflanzen, das die Reaktion auf wiederkehrenden Stress verstärkt. Eine wichtige Erkenntnis lautete, dass Pflanzen über die Fähigkeit verfügen, sich an Wärmebelastung zu „erinnern“, und das dank eines Mechanismus, an dem Transkriptionsfaktoren und Chromatin-Modifikatoren beteiligt sind. Die Forschenden fanden diesen Mechanismus auch bei entfernt verwandten Pflanzen wie etwa der Gerste.

Gedächtnis für Hitzestress

CHROMADAPT untersuchte die kleine Blühpflanze Arabidopsis thaliana, die Ackerschmalwand. Sie verfügt über ähnliche molekulare Mechanismen wie die Kulturpflanzen und konnte mit einer breiten Palette bereits vorhandener Forschungsressourcen aufwarten. Das Projekt nutzte Vorwärts- und reverse Genetik, einschließlich CRISPR, um die Regulatoren des Gedächtnisses für Wärmebelastung zu ermitteln. Vorwärts-Genetik ist eine molekulare Methode, mit der die für bestimmte Phänotypen oder Merkmale verantwortlichen Gene identifiziert werden. Bei der reversen Genetik hingegen wird versucht, eine Aussage darüber zu treffen, ob ein bestimmtes Gen in dem untersuchten Prozess eine Funktion übernimmt. Nachdem das Team die Gene ermittelt hatte, die auf molekularer Ebene für die Erinnerung an Hitzestress verantwortlich sind, simulierte es im Labor eine Wärmebelastung, um zu testen, ob diese Gene auch für die Hitzetoleranz der gesamten Pflanze von Bedeutung sind. Die Keimlinge der Ackerschmalwand wurden eine Stunde lang bei 37 Grad Celsius inkubiert, um sich an die hohen Temperaturen zu gewöhnen. Dieser Prozess wird als „Priming“ bezeichnet. Dies wurde ein paar Tage später bei 44 Grad Celsius wiederholt. „Ungeprimte Jungpflanzen konnten diesen Stress nicht überleben. Da unsere Versuchspflänzchen jedoch ein Hitzestress-Gedächtnis entwickelt haben, schützen sie sich schnell, und dieser Schutz hält mehrere Tage lang an“, berichtet Bäurle. Die Erklärung für dieses Gedächtnis scheint im Chromatin begründet zu sein.

Die Funktion des Chromatins

Chromatin ist eine Mischung aus DNS und Proteinen, welche die Chromosomen in den Zellen bilden. Es ist unterschiedlich organisiert und beeinflusst die Expression von Genen, auch derjenigen, die für das Gedächtnis für Wärmebelastungen verantwortlich sind. Durch hohe Temperaturen induzierte Gene produzieren beispielsweise Proteine, die Schäden an anderen Proteinen reparieren und sie schützen. Das CHROMADAPT-Team stellte fest, dass sich das Chromatin dieser Gene nach dem Hitzestress verändert und diese Veränderungen als „Erinnerung“ für wiederkehrenden Stress beibehält. „Wenn eine Erinnerung an den Hitzestress ausgelöst wird, sorgen Modifikationen am Chromatin dafür, dass diese Gene länger aktiv sind, nachdem der Stress abgeklungen ist, oder schneller und stärker als Reaktion auf wiederkehrende Wärmebelastungen reaktiviert werden“, erläutert Bäurle. Das Team erprobt nun, was mit den Pflanzen geschieht,wenn diese Gene durch Mutationen ausgeschaltet werden.

Stichwort Ernährungssicherheit

Die Agrar- und Ernährungsindustrie sucht angesichts des prognostizierten globalen Temperaturanstiegs und der damit verbundenen Ertragsminderung bei allen wichtigen Kulturpflanzen weltweit nach Lösungen. CHROMADAPT hat Gerste als Modell für Getreidepflanzen erforscht und die Hypothese aufgestellt, dass Gene, die für das Wärmebelastungsgedächtnis bei Arabidopsis relevant sind, auch für Gerste wichtig sind. Man fand heraus, dass das FORGETTER1-Gen an der Hitzereaktion beider Pflanzen beteiligt ist. Das Team setzt nun CRISPR ein, um Mutanten für Gerstengene zu erzeugen und deren Einfluss auf Chromatin, weitere Gene, Proteinbildung und Hitzestresstoleranz zu bestimmen. „Unsere Erkenntnisse über die langfristige Anpassung von Kulturpflanzen an abiotischen Stress eröffnen das Feld für die Züchtung von stresstoleranteren Nutzpflanzen als proaktive Maßnahme gegen eine eingeschränkte Nahrungsmittelversorgung“, schließt Bäurle.

Schlüsselbegriffe

CHROMADAPT, Klimawandel, Kulturpflanze, Ernte, Stress, Belastung,Chromatin, Ackerschmalwand, Genetik, Ertrag

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