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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Projekt-Erfolgsstorys - Rettende Roboter

Feuerwehr und Rettungsdienste retten Leben, indem in höchstgefährlichen Situationen in Sekundenbruchteilen Entscheidungen gefällt werden müssen. Die richtige Entscheidung zu treffen hängt in hohem Maße davon ab, dass so viel Informationen wie möglich zur Verfügung stehen, um die Lage richtig zu beurteilen und die beste Vorgehensweise in die Tat umzusetzen. Jüngste Entwicklungen in der Robotik haben es mit sich gebracht, dass in diesem Fall wertvolle Hilfestellung geleistet werden kann.

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Wichtige Aufgabenbereiche wie Brandbekämpfung und Minenräumung bewegen sich innerhalb kleinster Fehlertoleranzen. Die Notwendigkeit eines effektiven Informationsmanagements hat höchste Priorität. "Wenn es hier im Vereinigten Königreich ein die Feuerwehr betreffendes Großereignis gibt, so haben wir drei verschiedene Stufen: Bronze, Silber, Gold", erklärt Jacques Penders, Leiter des Centre for Automation and Robotics Research (CARR) an der Sheffield Hallam University. "Diese Situationen betreffen immer verschiedene Akteure - und eines der Probleme einer sich ständig verändernden Situation ist der Informationsverlust", fährt er fort. "Die Feuerwehrmannschaften treffen normalerweise zuerst ein und können sehen was geschieht und mehr Leute anfordern, wenn es erforderlich ist. Wenn das Geschehen dann auf ein höheres Niveau eingestuft wird, hat man nicht die Zeit, sich zusammen hinzusetzen und zwei Stunden die Situation zu besprechen, und so gehen leider zwangsläufig Informationen verloren." Genau das ist ein Grund, warum wirkungsvolle Informationssysteme so lebenswichtig sind. Die Mannschaften vor Ort brauchen Zugriff auf genaue und verlässliche Informationen, damit der Einsatz funktioniert. Erstens müssen die Informationen effektiv erfasst werden und zweitens müssen sie so effizient wie nur möglich verarbeitet werden. Es ist beispielsweise wichtig, dass die entscheidenden Daten sehr schnell den Einsatzleiter erreichen und irrelevante Daten nicht. Hier lag der Ausgangspunkt des View-Finder-Projekts ("Vision and chemi-resistor equipped web-connected finding robots") unter der Koordination von Dr. Penders. Dr. Penders und seine Mitarbeiter wollten herausfinden, auf welche Weise die Robotik bei bestehenden Strukturen der Informationssammlung und -verbreitung für Rettungsdienste angewandt werden könnte, um letztlich die Abläufe vor Ort zu verbessern. Erste Gespräche zwischen potenziellen Endnutzern wurden von der Royal Military Academy in Belgien organisiert: Es waren verschiedene Ersthelfer von der Feuerwehr und Zivilschutzdiensten beteiligt. Das EU-geförderte Projekt lief von 2006 bis 2009 und untersuchte den Einsatz von teilautonomen mobilen Roboterplattformen, die bei Feuereinsätzen für Sicherheit vor Ort sorgen sollten. Es wurde außerdem überprüft, auf welche Weise die Roboterautomatisierung in ein großangelegtes Reaktionssystem integriert werden könnte. "Mit diesem Projekt konnten wir nicht alle Probleme lösen", so Dr. Penders. "Aber wir haben große Fortschritte machen und die Endnutzer davon überzeugen können, dass die Zukunft in der Robotik liegt. Feuerwehrleute müssen nicht unbedingt viel über Robotik wissen - das ist nun wirklich nicht ihr Fachgebiet - aber dieses Projekt konnte ihnen nahebringen, was alles möglich ist." Vor Ort Innerhalb des Projekts versah man mobile Roboter zum Sammeln von Daten mit einem breiten Spektrum optischer und chemischer Sensoren, die Daten und Bilder aus einem Feuer zu einer Basisstation senden können. Außerdem wurden individuelle, dann im View-Finder-Projekt entwickelte Robotersensoren entworfen, um innerhalb der Grenzen der übertragenen Aufgabe autonom agieren zu können. Es wurden schließlich Roboter entwickelt, die ihren Weg planen und Hindernissen ausweichen können, während sie die Umgebung überprüfen. Eine Idee im Rahmen des Projektes bestand überdies darin, dass der Bediener - ein Mensch - die Handlungen der Roboter überwachen und ihnen mittels einfach zu bedienender Steuerelemente von der Basisstation aus Aufgabenanforderungen senden könnte. Das Projekt konzentrierte sich auf zwei mögliche Szenarien - innen sowie außen - mit einer für jedes Szenario entsprechend entwickelten Roboterplattform. Bei dem für innen angelegten Szenario war ein mit zwei Laserentfernungsmessern ausgestatteter Roboter im Einsatz, wobei das eine Messgerät an einer Neigeeinheit angebracht war, um 3D-Bilder liefern zu können. Er wies außerdem eine Front-Sonarantenne, eine Schwenk-Neige-Zoom-Kamera, ein drahtloses Kommunikationsgerät für große Entfernungen und eine Anordnung chemischer Sensoren auf. Es wurden zwei Typen chemischer Sensoren angewendet, um geringe und hohe Konzentrationen flüchtiger organischer Chemikalien (VOC) und giftige Gase nachzuweisen. Eine spezielle Sensoranordnung mit Schwingquarzmikrowaage (quartz crystal microbalance, QCM) wurde eingebaut, um eine Basis zur Mustererkennung verschiedener flüchtiger organischer Verbindungen zu schaffen, wobei zudem ein Metalloxidhalbleiter-Sensor (MOS) zum Einsatz kam. Die Roboter für den Außeneinsatz mussten mit einer völlig unstrukturierten Umgebung umgehen können und dazu in der Lage sein, autonom zu navigieren. Ein weiteres wesentliches Merkmal des Außenroboters sollte die Fähigkeit sein, die Eignung des Geländes um ihn herum selbst zu bestimmen. "Für draußen brauchten wir einen robusteren Roboter", erläutert Dr. Penders. "Außerdem verändert sich draußen ständig die Intensität des Lichts, was die Dinge noch zusätzlich erschweren kann." Zurück zur Basis Der nächste Schritt des Projekts bestand darin sicherzustellen, dass die von den Robotern gesammelten Daten so schnell wie möglich die Basisstation erreichen, einfach interpretiert werden können und darauf entsprechend reagiert wird. Die für das Senden der Sensordaten vom Roboter an die Basisstation erforderliche Bandbreite war ein wichtiger Aspekt, und wurde mit Hilfe von Mailman realisiert, einem Hochleistungs-Messaging-Service, der eine Dienstgüte für drahtlose Netze bereitstellt. Diese Basisstation kombiniert gesammelte Informationen mit aus großen GMES-Informationsbasen (Globale Überwachung von Umwelt und Sicherheit, Global monitoring for environment and security) abgerufenen Informationen. Die vereinten Daten werden dann zu einem operativen Befehlspunkt und zu den Ersthelfern wie zum Beispiel den Rettungsdiensten übertragen. Für die Basisstation wurden auf Berührungsbildschirmen basierende Interaktionsverfahren entwickelt. Es war vorgesehen, dass der Bediener die meiste Zeit mit der Überwachung der Aktivitäten des Roboters verbringt und eher selten Benutzereingaben vornimmt. Für vereinzelte Interaktionen sind Berührungsbildschirme besonders gut geeignet. "Man sollte verstehen, dass View-Finder ein Forschungsprojekt war; wir sind nicht davon ausgegangen, am Ende ein fertiges Produkt in der Hand zu haben", berichtet Dr. Penders. "Das Projekt im Ganzen kann zwar nicht fortgeführt werden, aber weitergehende Forschung zum Thema Datenverarbeitung und Stereovision ist in der Entstehung. Wir wurden außerdem von der örtlichen Polizei in South Yorkshire darauf angesprochen, die Dinge weiter voranzubringen." Dieses Projekt veranschaulicht das gewaltige Potenzial des Einsatzes der Robotik bei Reaktionen im Notfalldienst. Die lokale Polizei, die in Situationen, bei denen möglicherweise Schusswaffen im Spiel sind, abgerichtete Hunde einsetzt, war durchaus daran interessiert herauszufinden, ob ein Roboterersatz denkbar ist. "Die Polizei versucht üblicherweise einen mit einer Kamera versehenen Hund vorauszuschicken, um zu sehen, ob Schusswaffen im Spiel sind", erklärt Dr. Penders. Wenn dabei der Hund zu Schaden kommt, so ist das eine teure Sache - so war die Polizei von South Yorkshire begeistert von der Idee, Roboter als Vorauskommando einzusetzen. "Es muss nicht unbedingt der Fall sein, dass die Roboter besser sind, aber es ist weitaus weniger schlimm, einen Roboter zu verlieren als dass ein Polizeihund verletzt wird oder stirbt. Die Robotik macht große Fortschritte, aber verglichen mit Lebewesen gibt es immer noch gewaltige Unterschiede", schließt Dr. Penders.