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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Projekt-Erfolgsstorys - Das Wettrennen um billigere Brennstoffzellen

Europäische Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck an der Erforschung und Realisierung kostengünstigerer Membranen, die das Herzstück von Brennstoffzellen und eine teure Komponente dieser sich rasant entwickelnden Technologie bilden.

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Ohne Kostensenkung geht hier gar nichts voran. Forscher und Ökonomen gehen davon aus, dass die Wasserstoff-Brennstoffzelle auf lange Sicht eine sehr erfolgversprechende Kandidatin ist, um fossile Brennstoffe für Fahrzeuge zu ersetzen. Aber diese Zukunftsvision bleibt im Bereich des Unwahrscheinlichen, solange die Technologie einfach zu teuer ist. Die PEM-Brennstoffzelle (Proton Exchange Membrane Fuel Cell, PEMFC) stellt die derzeit führende Technologie. Diese Brennstoffzellen-Technik ist eine der kostengünstigsten; und obwohl die Kosten immens gesunken sind, seit sie in den 1960er-Jahren im Gemini-Programm der NASA erstmals eingesetzt wurde, ist die Technologie immer noch zu teuer für die Massenproduktion. Herzstück dieser Brennstoffzelle ist die Protonenaustauschmembran (Proton exchange membrane, PEM). Der Einsatz anderer Brennstoffe wie etwa Diesel ist möglich, aber Wasserstoff wird am häufigsten angeführt. Hier die Funktionsweise: Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum. Sein Atom (H) besteht aus einem Elektron, einem einzelnen Proton und weist kein Neutron auf. Wasserstoffmoleküle (H2) gelangen in die Brennstoffzelle und treffen auf die Anode, die Wasserstoffprotonen (2H+) von den Elektronen (2e-) abspaltet. Die Membran leitet positiv geladene Ionen oder Protonen (H+), nicht aber die Elektronen. So passieren Protonen die Membran und werden zur Kathode weitergeleitet, wohingegen die Elektronen einer externen Schaltung rund um die Membran folgen müssen, um die Kathode zu erreichen. Bei dieser Fortbewegung erzeugen die Elektronen einen Strom. Sobald Protonen und Elektronen die Kathode erreichen, reagieren sie mit Sauerstoff zu Wasser. Das EU-finanzierte Flupol-Projekt ("Fuel cell membranes based on functional fluoropolymers") hatte die Aufgabe, unter Einsatz von Fluorpolymeren für kostengünstigere Membranen zu sorgen. Diese speziellen Polymere basieren auf Fluorkohlenstoff und haben mehrere starke Kohlenstoff-Fluor-Bindungen. Diese Herausforderung ist allein deshalb sehr anspruchsvoll, da die Protonenaustauschmembran eine ganze Liste an Zielen hinsichtlich des Betriebsverhaltens und der Funktion erfüllen muss. Der Entwurf eines neuen Materials zu diesem Zweck sei komplex, so Dr. Justyna Walkowiak, Forschungsleiterin des FLUPOL-Projekts, da man sich nicht auf nur eine Gruppe von Eigenschaften konzentrieren könne. Sie erklärt dazu: "Die Membran muss eine hohe Protonenleitfähigkeit, keine elektronische Leitfähigkeit, eine geringe Durchlässigkeit für den Brennstoff und das Oxidationsmittel, einen geringen Wassertransport durch Diffusion und Elektroosmose, oxidative und hydrolytische Stabilität, gute mechanische Eigenschaften, geringe Kosten sowie die Eignung zur Herstellung als Membran-Elektroden-Baugruppen aufweisen." Als Stand der Technik ist derzeit die Membran mit der Bezeichnung Nafion zu betrachten, Markenprodukt von DuPont. Das im Handel erhältliche Produkt kommt in Autos und anderen ortsveränderlichen Maschinen und Anlagen zum Einsatz. Andere Marken mit ähnlichem Design sind gleichfalls vertreten. All diese Membranen bestehen aus Polymeren. Polymere sind kettenförmig oder verzweigt verknüpfte Monomere, Monomere wiederum sind Atome oder kleine Moleküle, die mit anderen Monomeren chemische Bindungen in langen Ketten bilden können. Das häufigste natürliche Monomer ist Glukose. Es kann sich mit anderen Monomeren zu Polymeren wie Zellulose und Stärke verbinden. Es gibt Millionen von Polymeren - natürliche wie auch synthetische. Sämtliche derzeit verfügbaren Membranen basieren auf zwei oder drei verwandten Monomeren, die allesamt ihre Grundlage in Fluorkohlenstoffpolymeren des einen oder anderen Typs haben. Flupol zielte strategisch auf die Untersuchung fluorierter aromatischer Polymere ab. In der organischen Chemie sind aromatische Verbindungen dadurch gekennzeichnet, dass sie in ihrer chemischen Struktur aromatische Ringe enthalten. Diese Ringe sind in der Art aufgebaut, wie auch Atome aneinander gebunden sind. Nicht kostengünstig "Wir dachten, dass aromatische Verbindungen zur Verarbeitung nach der Polymerisation geeignet sind und dies bedeuten würde, dass wir die Eigenschaften des Polymers nach der Synthese verändern könnten", berichtet Walkowiak. "Eine weitere Annahme war, dass es billiger sein könnte, die Eigenschaften nach der Polymerisation zu verändern. Kostengünstig kann man es jetzt noch nicht nennen - wir denken allerdings, dass es Spielraum gibt, diese Kosten in Zukunft zu verringern." Wie Justyna Walkowiak es sieht, waren die zwei dem Flupol-Projekt zugestandenen Jahre zu kurz, um ein so großes Thema umfassend zu bearbeiten, aber ihrer Meinung nach sind einige solide Ergebnisse erzielt worden und werden etliche klare Wege zur Weiterverfolgung angeboten. Zuerst entwickelte Dr. Walkowiak ein neues und kostengünstiges Herstellungsverfahren für eine wichtige Monomerklasse, die sogenannten monofluorierten Styrolmonomere. Ohne Zweifel: ein gutes Resultat in einem herausfordernden Bereich. Im Fachgebiet der Polymere untersuchen die Chemiker meist zuerst, ob eine Verbindung selbst polymerisieren kann. Dies bezeichnet man als Homopolymerisation. "Sollte das nicht funktionieren, kann man die Verwendung von zwei Monomeren zur Veranlassung einer Kopolymerisation in Betracht ziehen", erläutert Walkowiak. Und wenn dies auch nicht funktioniert, kann man die "Termonomer-induzierte Kopolymerisation" (oder Terpolymerisation) mit drei Monomeren versuchen. Eines der Monomere fungiert als ein aktives Paar, um die anderen beiden zu verknüpfen. Man polymerisiert das aktive Paar mit dem ersten Monomer und integriert dann das dritte, um beim endgültigen Material die gewünschten Eigenschaften zu erreichen. Dr. Walkowiaks Innovation bestand darin, ein Terpolymerisationsverfahren zur Herstellung monofluorierter Styrolmonomere zu entdecken. Zweitens fand das Projekt einen Weg, ein alltägliches Problem zwischen bestimmten Monomeren und Styrol zu minimieren, was eine sehr wichtige Verbindung der Polymerkunde betrifft. Zwei Monomere, FMST und TFMST, können Bindungen mit Styrol eingehen, allerdings verlangsamt FMST die Reaktion, also die Geschwindigkeit, mit welcher sich die Materialien verbinden. Das Ganze hat zwei kostspielige Auswirkungen: Erstens dauert es länger. Zweitens hat die langsamere Reaktion kürzere Kettenbindungen - die Bindungen zwischen den einzelnen Monomeren - zur Folge. So erhält man aufgrund der kürzeren Bindungen weniger vom benötigten Endmaterial. Das Problem "mehr Zeit und weniger Material" kann im Endeffekt sehr teuer werden und das bei einigen dieser Materialien sehr schnell. Justyna Walkowiak konnte einen Weg finden, die verlangsamende Wirkung des FMST durch eine Kombination mit TFMST abzuschwächen. "FMST verlangsamt die Reaktion immer noch, aber nicht mehr so dramatisch", so Dr. Walkowiak. Und schließlich entwickelte die Forscherin eine neue kontrollierte Polymerisationsmethodik für polymere Werkstoffe. "Konventionelle freie radikalische Polymerisationsreaktionen, wie die Produktion von Polystyrol, verlaufen eher unkontrolliert. Ein Effekt dieser mangelnden Steuerung ist ein hoher Grad der Verzweigung. Tritt der Reaktionsabschluss zufällig ein, wenn zwei Ketten miteinander kollidieren, ist es außerdem unmöglich, die Länge der einzelnen Ketten zu kontrollieren", erklärt Justyna Walkowiak. "Setzt man Kettenübertragungsmittel oder CTA ein, ist ein gewisses Maß an Kontrolle möglich." "Das Wichtigste ist, die richtigen CTA anzuwenden. Und in meiner Arbeit habe ich die speziellen CTA gefunden, die erforderlich sind, um Kopolymere herzustellen, die fluoriertes Styrol und Styrol enthalten. Diese besonderen Kopolymere wurden nie zuvor synthetisiert. Das ist neu." Diese Kopolymere zeigen wirklich sehr interessante Eigenschaften, über die die Forscherin derzeit allerdings nicht sprechen darf. "Die Untersuchungen zur Entwicklung dieser Materialien sind im Gange und die Resultate sind wirklich vielversprechend. Sie könnten tatsächlich sehr interessante Eigenschaften in Bezug auf die Stabilität des Materials haben", bestätigt sie. Aber Dr. Walkowiak wird beweisen, dass der entscheidende Schritt die Einbeziehung der fluorierten Elemente in die Kopolymere ist. Alles in allem liegt hier eine beeindruckende Summe von die Brennstoffzellentechnologie zweifellos voranbringenden Ergebnissen vor, die erheblich zu unserem Verständnis der fluorierten aromatischen Polymere und deren möglichen Anwendung beitragen. Auch andere, unerwartete Vorteile sind, wie so oft in diesem Zweig der Wissenschaft, durchaus zu erwarten. Das FLUPOL-Projekt erhielt Mittel aus dem Marie-Curie-Programm des Siebten EU-Rahmenprogramms für Forschung.