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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Phasensensitive optische Datenübertragung: neue Grenzen überwinden

Glasfaserkabel werden mehr und mehr zum Rückgrat des Internets, angefangen bei den Hauptverbindungsleitungen zwischen Städten, Ländern und Kontinenten bis hin zu dem Kabelnetz, das sich von den Telefonhauptverteilern aus in die einzelnen Häuser und Mobilfunkbasisstationen erstreckt. Ein Konzept für die Datenübertragung mit Pioniercharakter, das durch EU-Finanzmittel unterstützt wird, verspricht Glasfasernetze mit größerer Kapazität, Reichweite und Effizienz.

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Traditionell baut die kommerzielle faseroptische Kommunikation auf der Verschlüsselung der Daten in der Amplitude eines Lichtstrahls auf. Dabei variiert die Intensität des Lichts, um Informationen zu übertragen. Durch Platzierung spezieller Bauelemente, der sogenannten "Erbium-dotierten Faserverstärker", in Intervallen entlang der Faser wird die Signalstärke periodisch verstärkt und der Ausbreitungsverlust überwunden - das in den Fasern steckende Potenzial jedoch relativ ineffizient eingesetzt. Nutzt man nun die Phase anstelle der Amplitude eines Lichtstrahls zum Verschlüsseln von Daten, kann möglicherweise eine exponentielle Zunahme der Informationstransportkapazitäten erreicht werden. Aber das Ausmaß der realisierbaren Verbesserung ist aufgrund des während der optischen Verstärkung entstehenden Rauschens und des Übersprechens zwischen den verschiedenen Wellenlängenkanälen begrenzt, das durch nichtlineare optische Wechselwirkungen verursacht wird. "Glasfaserkabel verfügen über eine gewaltige Datentransportkapazität und die kommerziellen Systeme haben immer noch Größenordnungen an Überkapazitäten. Aber in den letzten Jahren haben wir in der Laborforschung beim Einsatz der existierenden Übertragungsverfahren und konventioneller optischer Verstärkertechnologie erstmals die praktischen Grenzen erreicht", erklärt Professor David Richardson , stellvertretender Direktor des Optoelectronics Research Centre (ORC) der Universität Southampton im Vereinigten Königreich. Die "phasenempfindliche Verstärkung" (Phase-sensitive amplification, PSA) wurde theoretisch schon in den 1960ern als ein potenzielles Mittel ausgemacht, um optische Signale zu verstärken, ohne Rauschen hinzuzufügen. In letzter Zeit konnte bewiesen werden, dass PSA dazu dienen kann, das Phasenrauschen (und in einem geringerem Maße auch das Amplitudenrauschen) in während der Übertragung verschlechterten optischen Signalen zu beseitigen. Diese Funktion ist als "optische Regeneration" bekannt. Das Forscherteam aus acht Partnereinrichtungen in sieben Ländern war sich bewusst, dass Verbesserungen in der Technologie der optischen Komponenten bedeuten, dass nun eine praktisch umsetzbare phasenempfindliche Verstärkung möglich sein könnte, und startete das Projekt Phasors ("Phase-sensitive amplifier systems and optical regenerators, and their applications"). Mit dieser Arbeit konnte dank der Unterstützung in Form von 2,7 Millionen EUR an Finanzmitteln von der Europäischen Kommission dazu beigetragen werden, phasenempfindlichen Faserverstärkern den Sprung aus der Gruppe der theoretischen Kuriositäten in die der praktisch umsetzbaren Bauelemente zu ermöglichen. Rauschen und Kanalübersprechen ausmerzen "Wir wussten durchaus, dass phasenempfindliche Verstärker eine sehr rauscharme Verstärkung sowie die Beseitigung des Phasenrauschens innerhalb optischer Kommunikationssysteme ermöglichen sollten, aber wir standen vor großen technischen Herausforderungen", berichtet Professor Richardson, wissenschaftlicher Koordinator von Phasors. "Wir konnten erfolgreich beweisen, dass phasensensitive Verstärker in praktischen Anwendungen möglich sind, und haben viele von deren positiven Rauschunterdrückungseigenschaften in Kombination mit den damit verbundenen Verbesserungen der Netzwerkleistung demonstriert." Das Phasors-Team konzentrierte sich auf die Entwicklung der Technologie für Breitband-Kernnetze mit 40-Gbps (Gigabit pro Sekunde) und demonstrierte zwei Hauptbauelemente - einen phasensensiblen Verstärker und einen optischen Regenerator für phasenkodierte Signale -, die ein dramatisch reduziertes Übertragungssystemrauschen zeigten. Das Phasenrauschen, das durch schnelle, kurze, zufällige Schwankungen in der Phase eines Signals charakterisiert ist, wird durch viele Prozesse verursacht, wozu auch das im Verstärkungsprozess hinzugefügte Quantenrauschen und Signale auf unterschiedlichen Wellenlängen zählen, die innerhalb der gleichen Übertragungsfaser miteinander in Wechselkwirkung treten. Es verschlechtert die Signalwiedergabetreue und behindert die Netzwerkleistung. Im Unterschied zu traditionellen Verstärkern, die phasenunempfindlich sind, sind die Phasors-Verstärker phasenempfindlich. Es konnten Reduzierungen der Rauschzahl auf knapp über 1 dB nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis muss man im Vergleich zu herkömmlichen Erbium-dotierten Faserverstärkern sehen, die eine Rauschzahl von mindestens 3 dB, typischerweise eher 5 dB, aufweisen. "Eine rauschlose optische Verstärkung zu erreichen ist der ultimative Traum der Forschung im Bereich der optischen Verstärker", erklärt Professor Richardson. "Die Phasors-Verstärker verkörpern in der Tat einen überaus wichtigen Schritt in diese Richtung." Beim optischen Regenerations-Subsystem à la Phasors werden Störungen an äußerst schnellen binären phasenkodierten Signalen beseitigt. Während die bisher üblichen Signalregenerierungselemente das optische Signal in ein elektronisches Signal umwandeln, wodurch die Datenübertragungsraten verlangsamt werden, reduziert das Phasors-Gerät auf direkte Weise sowohl den Aufbau des Phasenrauschens als auch des Amplitudenrauschens, die alle innerhalb des optischen Wellenlängenbereichs liegen. Das Projekt demonstrierte außerdem die Möglichkeit, den grundlegenden Regenerationsansatz derart anzupassen, dass die Regenerierung von Signalen mit viel höheren Niveaus der Phasenkodierung als nur binär realisierbar wird. So konnte zum Beispiel erstmalig eine QPSK-Regeneration (Quadrature Phase-Shift Keying, vierstufig) gezeigt werden. "Zu Beginn von Phasors hatten wir das Ziel nachzuweisen, was in Bezug auf die rein optische Signalverarbeitung und die Verstärkung der phasenkodierten Signale möglich ist und was nicht. Diese Geräte beweisen, dass die Technologie nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis funktioniert, und einige sehr nützliche Funktionalitäten ermöglicht", erklärt Professor Richardson. Von der Forschung hin zu kommerziellen Anwendungen Viele Forscher in Europa, den USA und anderswo werden die Arbeit des Phasors-Team weiterverfolgen, wobei die Leistungen der Wissenschaftler auf lange Sicht die Realisierung signifikanter Verbesserungen in Geschwindigkeit, Kapazität, Reichweite und Effizienz von Glasfasernetzen versprechen. Außerdem verfügt die Technik über wichtige Anwendungen in einer Menge anderer Bereiche wie etwa im optischen Prüf- und Messwesen, der Sensorik und in der Messtechnik allgemein. Die Mitglieder des Phasors-Konsortiums entwickeln wirtschaftlich sinnvolle Geräte und Technologien auf Grundlage der im Rahmen des Projekts erzielten maßgeblichen Entwicklungen. Etliche Komponenten, wozu spezielle optische Fasern und Hochleistungslaser zählen, erzielen bereits signifikante Umsätze. Der schwedische Partner EXFO, global aktiver Anbieter von Telecom-Prüf- und Serviceversicherungslösungen, hat ein Prüf- und Messgerät zur Charakterisierung komplexer phasen- und amplitudenkodierter Signale auf Grundlage seiner Arbeit innerhalb des Projekts entwickelt und verkauft es. "Obgleich das Phasors-Projekt nun vorbei ist, werden seine Auswirkungen mit Sicherheit für lange Zeit in der Zukunft zu spüren sein", ist Professor Richardson überzeugt. "Hochleistungskomponenten und Messsysteme sind bereits auf dem Markt angekommen - und das Forschungsinteresse auf dem Gebiet der PSA-Technologie in der Telekommunikation und in angrenzenden Anwendungsbereichen nimmt zu. "Schon allein in Europa gibt es etliche national finanzierte Projekte, die unsere Forschung fortsetzen, und es gibt einige weitere Großprojekte, die weltweit starten." "Phasors hat auch in Hochschulkreisen großes Interesse geweckt", fährt er fort. "In führenden wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie etwa Nature Photonics ist eine beträchtliche Anzahl hochkarätiger Artikel veröffentlicht worden und wir haben repräsentable wissenschaftliche Veröffentlichungen auf großen internationalen Konferenzen vorgestellt, darunter erst vor kurzem auf der European Conference on Optical Communications (ECOC 2011) in Genf, Schweiz, und auf der Optical Fiber Communications Conference (OFC 2012) in den Vereinigten Staaten, wo eine umfangreiche Anzahl von Papieren zum Thema der phasensensiblen optischen Signalverarbeitung vorgestellt wurde." Phasors erhielt Forschungsmittel aus dem Siebten Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union (RP7). Nützliche Links: - Projekt-Website "Phase Sensitive Amplifier Systems and Optical Regenerators and their applications" - PHASORS-Projektfactsheet auf CORDIS Weiterführende Artikel: - EU-finanziertes Projekt verbessert globale Datenübertragung - Neuartiger optischer Verstärker ohne Rauschen - PHASORS für bessere optische Kommunikationsnetze - Neues Projekt bereitet nächster Generation optischer Netzwerke den Weg - "All-optical phase and amplitude regenerator for next-generation telecommunications systems", Nature Photonics 4, 690–695, 2010 - "Multilevel quantization of optical phase in a novel coherent parametric mixer architecture", Nature Photonics 5, 748–752, 2011