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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories - Diabetesmanagement mit Daten und guten Einfällen

Ein EU-finanziertes Projekt hat ein Gerät entwickelt, welches Zuckerwerte für Diabetiker voraussagen und Empfehlungen für das Management des Blutzuckerspiegels geben kann.

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Bei unserer zunehmend sitzenden Lebensweise und steigendem BMI ("Body Mass Index") ist Diabetes auf dem Vormarsch. Wenn Patienten die Symptome kontrollieren und reduzieren, können sie dennoch eine gute Lebensqualität genießen. Doch auch selbst wenn die Patienten ihre Blutzuckerwerte selbst überwachen, sich selbst Insulin injizieren und mit ihrer Ernährung sorgsam umgehen und sich bewegen, empfinden sie es als eine Herausforderung, mit dieser chronischen Krankheit umzugehen. Ein schlecht eingestellter Diabetes ist ein Risikofaktor für viele andere Erkrankungen, unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch Erblindung. Deshalb sind Gesundheitsexperten bestrebt, Menschen mit Diabetes zu helfen, mit ihrer Krankheit gut umzugehen. Frühes Eingreifen und Krankheitsmanagement verhindern, dass die Krankheit andere medizinische Probleme auslöst. Eine Diät aus Daten "Das Geheimnis beim Umgang mit Diabetesdaten ist zu wissen, wie sie zu interpretieren sind", sagt Jens Poulsen vom dänischen Pharmaunternehmen Novo Nordisk, welches der weltweit größte Insulinhersteller ist. "Obwohl die Patienten Daten erhalten, wissen sie im Moment nicht wirklich, wie diese zu verwenden sind, um augenblickliche Entscheidungen zu treffen." Heute verlassen sich die meisten Patienten einfach auf die Ergebnisse ihrer eigenen Finger-Prick-Tests. Wenn ihr Blutzucker steigt, spritzen sie Insulin. Wenn dieser sinkt, essen sie einen Keks. Aber Poulsen freut sich auf den Tag, an dem Diabetes-Management proaktiv statt reaktiv ist. "Patienten brauchen in Wirklichkeit etwas, was ihnen sagt, dass ihr Zucker ansteigen wird, wenn sie keine vorbeugenden Maßnahmen ergreifen", sagt er. "Diese proaktive Feinabstimmung würde den Blutzuckerspiegel konstant halten und die ganzen Höhen und Tiefen des Blutzuckerspiegels vermeiden, die für die Patienten so frustrierend und langfristig für den Körper schädlich sein können." Das Diadvisor-Projekt ('Personal glucose-predictive diabetes advisor') untersucht mithilfe einer Finanzierung durch die EU, wie Patientendaten verwendet werden könnten, um den Blutzuckerspiegel zu prognostizieren. "Das Diadvisor-Konsortium wollte ein System entwickeln, welches die wichtigsten Patientendaten erfasst. Diese Daten würden dann verwendet, um dem Patienten nützliche Informationen zu liefern und diesen bei seinem Diabetes-Management anzuleiten", erklärt Poulsen, der das Projekt koordiniert. "Kurzfristige Prognosen des Blutzuckerspiegels ermöglichen dem Patienten, Maßnahmen zu ergreifen und das Krankheitsmanagement zu verbessern." Vitalfunktionen In der ersten Phase des Projekts trug eine Gruppe von 90 Diabetes-Patienten freiwillig eine Reihe von Geräten, die ihre Vitalfunktionen kontinuierlich überwachten, nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern auch Atmung, Herzfrequenz usw. Diese Freiwilligen verbrachten drei Tage im Krankenhaus und 7 Tage zu Hause. Die von diesen Patienten gesammelten Daten boten den Projektpartnern einen entscheidenden Datensatz, aus dem die Forscher versuchten, Korrelationen zu finden. Aus den Patientendaten entwickelten sie Algorithmen und Modelle, die den Verlauf des Blutzuckerspiegels auf der Basis von aktuellen Werten vorhersagen würden. Die Forschung bestätigte, dass die drei wichtigsten Parameter für ihre prädiktive Modellierung der Blutzuckerspiegel, die Insulinwerte und die Nahrungsaufnahme waren. Durch die Überwachung dieser drei Parameter waren die Forscher in der Lage, den Blutzuckerspiegel 20 Minuten im Voraus zu bestimmen, wobei sie eine akzeptable Genauigkeit in mehr als 90% der Fälle erreichten. Die Prognosen für 40 und 60 Minuten besaßen eine akzeptable Genauigkeit in mehr als 80% der Fälle. Hilfe an der Hand Die Projektpartner haben den Prototyp eines Handgerätes entwickelt, in das die Patienten ihre Messungen und Mahlzeiten eingeben. Die Geräte-Software integriert die Prognose-Algorithmen mit einem Entscheidungsmanagement-Modul, das in enger Zusammenarbeit mit Diabetesexperten entwickelt wurde. Es leitet die Patienten im Umgang mit ihren Blutzuckerwerten an. Überraschenderweise muss das Gerät wenig oder gar nicht auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden. Ein extremes Beispiel veranschaulicht das Verfahren. Ein Patient hat einen niedrigen Glukosewert und isst dann einen Schokoriegel. Wenn man diese Werte in das System eingibt, dann zeigt der prädiktive Algorithmus für die nächsten 20 Minuten eine Blutzuckerspitze, die gefährlich hoch geht. Nachdem in das Gerät eingegeben wurde, dass Schokolade verzehrt wurde, empfiehlt das System eine Insulindosis, die den hohen Blutzuckerwert verhindert. "Mit Informationstechnologien vorherzusagen, was passieren wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, ist nur eine Seite der Geschichte", bemerkt Poulsen. "Für den Patienten ist es nützlich, einige Ratschläge zu erhalten, was er dagegen tun kann." Das Projekt hat besonders sorgfältig darauf geachtet, die klinische Sicherheit des Systems zu demonstrieren. "Es geht um Menschenleben", stellt Poulsen fest. "Wir können kein System entwickeln, das gefährliche und unangemessene Empfehlungen macht, deshalb haben wir sehr hohe Sicherheitskriterien." Die Projektstudien zeigen, dass die Vorhersagekraft des Systems bis zu zwei Stunden im Voraus klinisch nützlich ist. Die beratende Komponente ist auch sicher: In 88% der Fälle entsprachen die Empfehlungen denen der Ärzte und das System hat bei fast 1500 Empfehlungen keine einzige schädliche ausgegeben. In einem letzten Versuch, bei dem 55 Patienten drei Tage lang nach den Empfehlungen des Diadvisor und drei Tage nach ihrer normalen Routine lebten, wurden diese erreicht. "Eine groß angelegte Studie in der Zukunft wird zeigen, ob Diadvisor das tägliche Leben der Patienten tatsächlich positiv beeinflussen kann", so Poulsen. "Unsere vorläufigen kurzfristigen Ergebnisse sind vielversprechend: die Zeit, die Menschen in einer schwächenden Hypoglykämie verbrachten, wurde durch Diadvisor reduziert. Bis jetzt wurde nur spekuliert, ob eine automatisierte Beratung die Kontrolle verbessern könnte. Das Diadvisor-Konsortium hat nun gezeigt, dass dies möglich ist. Partner im Konsortium überlegen jetzt, wie sie vorgehen sollen, um die Ergebnisse des Diadvisor-Projekts zu nutzen und daraus etwas zu entwickeln, was Patienten dabei helfen wird, ihre Blutzuckerwerte besser unter Kontrolle und im normalen Bereich zu halten. " Link zu Projekten auf CORDIS: - RP7 auf CORDIS - Diadvisor Projektdatenblatt auf CORDIS Link zur Projekt-Website: - 'Personal glucose predictive diabetes advisor' Projektwebsite Links zu themenbezogenen Videos/Audiomedien: - Bericht auf Euronews zum Projekt Diadvisor Weitere Links: - Website der Europäischen Kommission zur Digitalen Agenda