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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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Feature Stories -Grünere "Cloud"

Angesichts einer fortschreitenden Digitalisierung unserer Welt haben Rechenzentren Hochkonjunktur - das gleiche gilt leider auch für ihren Energieverbrauch. Weltweit erzeugen Rechenzentren - von denen viele Speichermöglichkeiten und Services in der Cloud anbieten - etwa die Hälfte der Emissionen der Luftfahrtindustrie und mehr Emissionen als die Niederlande. Mit finanzieller Unterstützung der EU arbeiten Forscher an Möglichkeiten, die Umweltverträglichkeit von Rechenzentren zu verbessen.

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Mit zehn Tausenden von Prozessoren und Speichereinheiten, die gekühlt werden müssen, wird etwa genauso viel Energie für die Kühlung der Rechenzentrumsgeräte benötigt, wie für ihren Betrieb. Daher muss bei der Infrastruktur, auf der Cloud-Services beruhen, unbedingt die Energieeffizienz verbessert werden. "Für jedes Kilowatt Energie, das das Rechenzentrum verbraucht, wird nahezu ein weiteres Kilowatt als Wärme abgegeben", erklärt Dr. Massimo Bertoncini von Engineering Ingegneria Informatica in Italien. "Da auf der ganzen Welt immer größere Rechenzentren gebaut werden, um der steigenden Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen zu decken, hat sich deren Betrieb und Kühlung immer mehr zu einem bedeutenden Umweltproblem entwickelt." Dr. Bertoncini koordinierte ein Forscherteam, das sich 30 Monate lang mit diesem Problem beschäftigte. Ihre Arbeiten zur Energieeffizienz, die im Rahmen des Projekts "Green active management of energy in IT service centres" (GAMES) durchgeführt und mit Finanzmitteln der Europäischen Kommission in Höhe von 3 Mio. EUR gefördert wurden, stehen kurz vor der kommerziellen Anwendung. Sie haben dazu beigetragen, den Energieverbrauch in Rechenzentren, in denen sie umgesetzt wurden, um bisher mehr als 20 % zu senken. Das GAMES-Konsortium untersuchte wirksame Methoden und die technischen Voraussetzung für die Reduzierung des Energieverbrauchs der IT-Infrastruktur. Hierbei gingen sie davon aus, dass jedwede Verbesserung der Energieeffizenz auf IT-Infrastrukturebene automatisch den Energieverbrauch auf der Ebene des Kühlungs-/Standortteilsystems in gleichem Umfang senkt. "Damit Rechenzentren effizienter gemacht werden können, müssen wir unbedingt wissen, wie viel Energie verbracht wird. Unser Hauptaugenmerk lag daher auf der Entwicklung effizienter Überwachungslösungen, mit denen die Leistung und die Prozesse der Rechenzentren in Echtzeit angepasst werden können", erklärt der Koordinator von GAMES. Das Team entwickelte Methoden, Softwaretools und -services sowie innovative Messgrößen mit Schwerpunkt auf intelligenten Rechenzentren der nächsten Generation. Für ihren Ansatz war es von entscheidender Bedeutung, Technologien und Methoden zu untersuchen und umzusetzen, mit denen sich der Energieverbrauch von IT-Infrastrukturen bis hinunter zur Serverebene detaillierter als zuvor messen lässt. Ihre Lösung basierte auf einem Mischkonzept, in dem Echtzeitmessungen mit intelligenter Datenverarbeitung kombiniert wurden, um Vorhersagemodelle für den Energieverbrauch ableiten zu können. Das Konzept berücksichtigt auch den Kompromiss zwischen der Optimierung der Energieeffizienz und den Unternehmensanforderungen – wie beispielsweise Service-Level-Agreements (SLAs) und Garantien der Dienstgüte (Quality of Service, QoS). Obwohl moderne Rechenzentren energieeffizienter sind als ihre Vorgänger, werden dennoch nur 60 % der verbrauchten Gesamtenergie für Server, Prozessoren und Software genutzt – der Rest wird zum Großteil für das Kühlsystem und die USV-Anlage verwendet. Eine optimale PUE Die Energienutzung von Rechenzentren wird in PUE-Werten (Power-usage effectiveness, PUE) angegeben, wobei es sich hierbei um das Verhältnis der von einer Anlage insgesamt verbrauchten elektrischen Energie und der von den IT-Geräten verbrauchten elektrischen Energie handelt. Der ideale PUE-Wert liegt bei 1, während der Durchschnitt bei 1,83 bis 1,92 liegt. Eingesetzt und getestet wurde die GAMES-Technologie zur Energieüberwachung und Echtzeitanpassung in zwei großen und bereits relativ energieeffizienten Rechenzentren, im italienischen Pont Saint Martin und in Stuttgart, zwei ganz unterschiedlichen Arten von Rechenzentren. Am Standort von Engineering in Pont Saint Martin, der hauptsächlich zum Hosten von Legacy-Anwendungen genutzt wird, konnte der PUE mit Hilfe der Projekttechnologie von 1,35 auf 1,25 verbessert werden - was eine deutliche Energieeinsparung darstellt. Am Standort in Stuttgart, einem Hochleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart, führte das GAMES-System trotz unterschiedlicher Technologie und Nutzung des Zentrums zu ähnlichen Verbesserungen. "Wir haben gezeigt, dass dieses Konzept unabhängig von den Technologien und in verschiedenen Rechenzentren, die für unterschiedliche Aufgaben entwickelt wurde, funktioniert", sagt Dr. Bertoncini. "Es ermöglicht den Betreibern von Rechenzentren, an jedem Standort optimale Verfahren zu ermitteln, um den Stromverbrauch ohne Leistungseinbußen zu senken." An einem Standort ist es beispielsweise eventuell sinnvoller die Frequenz der laufenden Prozessoren zu verringern, während es an einem anderen vielleicht optimaler ist, die Rechenlast von einem Server auf einen anderen zu verlagern und alle Server mit 80 % ihrer Kapazität laufen zu lassen, anstatt einige mit 100 % Kapazität. Auf ähnliche Weise lasen sich mit adaptiver Technologie nicht ausgelastete Server ggf. dynamisch herunterfahren. "Es gibt immer einen Kompromiss zwischen Energieeffizienz und Leistung: im Grunde genommen gilt nämlich, je mehr Leistung benötigt wird, desto mehr Energie wird verbraucht. Daher muss unbedingt die richtige Balance gefunden werden, um den bestmöglichen Service mit den geringstmöglichen Energiekosten zu liefern", bemerkt Dr. Bertoncini. Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Projekts war die Untersuchung und Kategorisierung von Anwendungsgruppen, die gemeinsame Muster beim Energieverbrauch aufweisen. Anhand dieser Kategorisierung konnte das Team eine Reihe optimaler Verfahren mit optimierten Hardware- und Softwareanpassungen verbinden, um den bestmöglichen Kompromiss zwischen SLAs, Leistung und Energieverbrauch zu erzielen. Das Projekt hat ein Archiv dieser optimalen Verfahren bereitgestellt. Die Verbesserung der Energieeffizenz von Rechenzentren wird nicht nur der Umwelt zugute kommen, sondern auch den Betreibern der Rechenzentren finanzielle Vorteile bringen. Der Betrieb eines großen Rechenzentrums kann mehr als 10 Mio. EUR pro Jahr nur allein schon an Strom kosten. Daher ist es nicht überraschend, wenn Betreiber von Rechenzentren großes Interesse an der Arbeit des GAMES-Teams haben. "Wir haben bereits viele Anfragen von der Industrie erhalten", sagt Dr. Bertoncini. "Wir werden aber diese Lösung erst in unseren Rechenzentren einführen und dann damit beginnen, sie auch Kunden anzubieten." Das Team will auch ein Nachfolgeprojekt starten, um die Technologie fortzuentwickeln und weitere Verbesserungen der Effizienz zu erzielen. Da viele Branchen angefangen vom Bankensektor bis hin zum Gesundheitswesen - aber auch Regierungen - immer mehr Prozesse online und in die Cloud verlagern, wird sich der globale IP-Traffic in Verbindung mit der Cloud in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich versechsfachen, während die Anzahl der Rechenzentren um etwa 20 % pro Jahr anstiegen wird. Daher ist es wichtig, dass bei ihrer Entwicklung und Verwaltung die Energieeffizienz berücksichtigt wird, um einen ähnlichen Anstieg der Umwelt- und Energiekosten zu vermeiden. GAMES erhielt eine Forschungsförderung im Rahmen des Siebten Rahmenprogramms (RP7) der EU. Link zum Projekt auf CORDIS: - RP7 auf CORDIS - Datenblatt zum GAMES-Projekt auf CORDIS Link zur Projektwebsite: - Website des Projekts "Green active management of energy in IT service centres" Weitere Links: - Website der Europäischen Kommission zur Digitalen Agenda