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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Ökosysteme und Klimaveränderung

Ein internationales Team aus Wissenschaftlern unter der Leitung des Leibniz Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Deutschland hat entdeckt, dass die Auswirkungen der Klimaveränderungen innerhalb kürzester Zeit durch hoch komplexe Interkationen in Ökosystemen massi...

Ein internationales Team aus Wissenschaftlern unter der Leitung des Leibniz Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Deutschland hat entdeckt, dass die Auswirkungen der Klimaveränderungen innerhalb kürzester Zeit durch hoch komplexe Interkationen in Ökosystemen massiv vorangetrieben werden. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Fachzeitschrift Advances in Marine Biology veröffentlicht und tragen zur Lösung des Rätsels bei, wie Meeresbewohner mit den Veränderungen unseres Planeten umgehen. Küstenregionen üben Druck auf viele Pflanzen und Tiere aus und zwingen beide, stärker zu werden und mit unterschiedlichsten Veränderungen fertig zu werden. Ein typisches Beispiel ist die Ostsee, ein flaches Gewässer mit besonderen geographischen, klimatischen und ozeanographischen Eigenschaften. Hier müssen die Meeresbewohner mit mehreren Veränderungen wie stark schwankenden Temperaturen, kurzfristigen Sprüngen des pH-Werts und einem veränderlichen Salzgehalt zurechtkommen. "Diese natürlichen Veränderungen können innerhalb weniger Wochen größer sein, als die infolge des Klimawandels für die kommenden 100 Jahre vorhergesagten mittleren Verschiebungen", erklärt Martin Wahl, Professor für Meeresbiologie an der IFM-GEOMAR und leitender Autor der Studie. Professor Wahl und seine Kollegen betonen, dass die globale Veränderung in küstennahmen Ökosystemen eine zentrale Rolle spielt. "Auch kleinste Abweichungen von den Durchschnittswerten in einem Ökosystem können durch ökologische Verstärkung große Folgen haben", so Professor Wahl. "In Einzelfällen können verschiedene Stressoren einander aber auch puffern." Die Wechselwirkungen zwischen abiotischem Stress (z. B. Erwärmung) und biotischem Stress (z. B. Parasiten und Pflanzenfresser) erläutern die beteiligten Experten aus Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Portugal, Schweden und den Vereinigten Staaten anhand der Stressökologie von Makroalgen. Das Seegras Focus visiculosus zum Beispiel ist eine Makroalge. Bekannt unter dem Namen Blasentang kommt diese Makroalge an den Küsten der Nord- und Ostsee vor, aber auch des Atlantiks und des Pazifischen Ozeans. "Dort spielt er in den Ökosystemen des Flachwassers eine Schlüsselrolle", erklärt Professor Wahl. "Obwohl das Seegras in der Ostsee schon einige (schwierige) Lebensumstände gewohnt sein sollte, hat sich der Bestand in den vergangenen Jahrzehnten deutlich reduziert. Eigentlich kann Focus vesiculosus nur in Wassertiefen zwischen null und sechs Metern gut leben. Mittlerweile findet man ihn in der Westlichen Ostsee aber nur noch bis ein oder zwei Meter Wassertiefe." Dieser Wandel wird zwar durch die globale Veränderung ausgelöst, doch haben die Forscher alle Daten aus vergangenen Studien rund um den Blasentang zusammengetragen, um neue Aufschlüsse über dieses Puzzle zu gewinnen. Die Daten beinhalten u. a. Informationen über Licht- und Nährstoffversorgung, Abwehrsysteme, die genetische Vielfalt der Algenpopulationen und ihre Reaktionen auf Umweltverschmutzung. "So waren wir in der Lage, eine wahre Kaskade an Wirkungen und Wechselwirkungen aufzuzeigen, die auf einzelne Algen oder auf ganze Populationen einwirken. Zum Beispiel führt Beschattung zu einer Schwächung der Energiereserven, was die Abwehr gegen Krankheitserreger und Fressfeinde schwächt. Dies wiederum führt zu vermehrten Infektionen und hungrigeren Fressfeinden. Ferner reduziert sich die Blattfläche, die der Photosynthese dient, wodurch sich der Energiemangel durch die schlechten Lichtbedingungen weiter verstärkt. Lichtmangel und widrige Temperaturen vermindern das Wachstum und somit die Fähigkeit der Alge, den Masseverlust an Fressfeinde zu kompensieren. "Die Liste der möglichen Verstärkungen und Wechselwirkungen ist lang und komplex", so Professor Wahl. Um dieses Problem besser zu verstehen, modellieren die Forscher derzeit die Stressökologie der Makroalgen. Die Ergebnisse der Studie illustrieren beispielhaft, was in den Ökosystemen in Küsten- und Schelfmeergebieten passiert. "Kaum eine Art wird an einer einzelnen Auswirkung des Klimawandels zugrunde gehen, trotzdem können wir seine Folgen nicht weglächeln." Diese Studie wird in der Zukunft hoffentlich zu verstärkten Forschungen beitragen. Professor Wahl betont, dass es nach wie vor unzureichende Informationen über den "Schneeballeffekt, den die ökologische Veränderung hervorrufen kann", gibt.Weitere Informationen unter: IFM-GEOMAR: http://www.ifm-geomar.de Advances in Marine Biology: http://www.elsevier.com/wps/find/bookdescription.cws_home/703763/description#description

Länder

Deutschland, Finnland, Niederlande, Portugal, Schweden, Vereinigte Staaten

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