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Replacement of hydrazine for orbital and launcher propulsion systems

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3D-Katalysatoren für verbesserte hydrazinfreie Treibstoffe

Hydrazin, einer der am weitesten verbreiteten Flüssigtreibstoffe für Raumfahrtantriebe, ist außerdem extrem giftig. EU-Forscher entwickelten 3D-Katalysatoren zum Zünden alternativer Treibstoffe.

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Hydrazin ist sehr giftig, ätzend und krebserregend für lebende Organismen. Im Jahr 2011 nahm die Europäische Kommission Hydrazin in die Kandidatenliste der besonders besorgniserregenden Stoffe auf, die im Rahmen der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) geführt wird. Seitdem erforschen und testen Universitäten, Forschungsinstitute und Industriezweige in ganz Europa aktiv ungiftige Treibstoffe, die als Ersatz für Hydrazin-basierte Treibstoffe dienen könnten. Eines der Projekte, die sich auf alternative Treibstoffe für Raumfahrtantriebe konzentrierten, war das Projekt Rheform. Die von der EU finanzierten Forscher arbeiteten an der Verbesserung von Treibstoffen, die auf Ammoniumdinitramid (ADN) basieren. Die Ersetzung von Hydrazin durch neue Treibstoffe wird Raumfahrtantriebe für zukünftige Missionen nachhaltiger machen. Bewältigung aktueller Herausforderungen Obwohl alternative Treibstoffe Eigenschaften besitzen, die sie für die Verwendung in Trägerraketen und Raumfahrzeugen sehr attraktiv machen, sind diese Vorteile mit gewissen Einschränkungen verbunden. Die Verbrennungstemperatur von LMP-103S – einer Mischung aus ADN, Wasser, Methanol und Ammoniak – ist mit 1600 °C viel höher als die von Hydrazin, die etwa bei 900 °C liegt. Um solchen Temperaturen standhalten zu können, werden in den Brennkammern spezielle Materialien verwendet, die bestimmten Kriterien der International Traffic in Arms Regulations (ITAR) der Vereinigten Staaten entsprechen. Ein anderes großes Problem ist, dass der Katalysator, der dazu verwendet wird, um den alternativen Treibstoff zu zersetzen und zu zünden, vor der Zündung erwärmt werden muss. Der Katalysator wird derzeit auf eine Temperatur von etwa 350 °C elektrisch vorgewärmt, was etwa 30 Minuten vor der Zündung in Anspruch nimmt, um die Zersetzung des Treibstoffs sicherzustellen. Eine derartig lange Vorzündzeit ist allerdings problematisch, wenn in einer Notfallsituation eine sofortige Zündung stattfinden soll. „Das Rheform-Team hat sich daher auf die Synthese von Katalysatoren konzentriert, die niedrigere Temperaturen zum Vorwärmen und zur Anpassung der derzeit vorhandenen ADN-basierten Treibstoffe benötigen, um die Kompatibilität zwischen den in der Brennkammer verwendeten und den in Europa verfügbaren Materialien zu gewährleisten“, betont Dr. Michele Negri. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Entwicklungsaktivitäten in den Bereichen Katalysatorentwicklung und katalytische Zündung durchgeführt. Machbarkeit der Senkung der Zündtemperatur Ziel der Forscher war es, eine Zersetzungskammer für den Treibstoff zu fertigen, die für einen „Kaltstart“ geeignet ist. Nachdem 40 verschiedene Katalysatoren in einem Chargenreaktor getestet wurden, kam das Team zu dem Schluss, dass der Wassergehalt der Treibstoffe zuerst verdampfen muss, bevor sie mit der Zündquelle in Kontakt gebracht werden. Die Verdampfung wurde durch die Platzierung eines Wärmebetts am Eingang der Brennkammer erreicht. Einige der Katalysatoren wiesen Zündtemperaturen von knapp über 100 °C auf. Dr. Negri erklärt: „Der Plan, ein katalytisches System zu entwickeln, das zu einem vollständigen Kaltstart in der Lage ist, wurde als nicht realisierbar erachtet.“ Stärkere Katalysatoren durch den 3D-Druck Die Forscher untersuchten zwei verschiedene Arten von Katalysatoren: Katalysatorpellets aus großen Körnern und monolithische Strukturen, die mit internen Kanälen versehen sind, die den Treibstofffluss ermöglichen. Monolithstrukturen bestehen aus keramischen Materialien. Das Projektteam führte mehrere Simulationen zum Verständnis der Auswirkungen der Materialeigenschaften auf die Leistungsfähigkeit der Katalysatorstruktur durch, um letztendlich eine effiziente Dekompositionskammer fertigen zu können. Aus den verschiedenen getesteten Keramikarten wählten die Forscher Hexaaluminatstrukturen aus, da sie sich durch eine ausgezeichnete Beständigkeit gegenüber hohen Temperaturen und Temperaturschocks auszeichnen. Eine weitere Neuheit stellt der von Rheform eingeführte 3D-Druck dieser Keramikstrukturen dar. Der 3D-Druck ermöglichte die Herstellung von Monolithen mit einer sehr komplexen Geometrie. „Dies ist das erste Mal, dass 3D-gedruckte Keramiken wie Hexaaluminatstrukturen für Treibstoffe verwendet werden“, so Dr. Negri. Das wahre Potenzial von alternativen Treibstoffen Sowohl europäische als auch amerikanische Raumfahrtbehörden haben umweltfreundliche Treibstoffe für Raumfahrtantriebe als eine Schwerpunkttechnologie eingestuft. Das Hauptziel von Rheform war es, mit neuen umweltfreundlichen Flüssigtreibstoffen zu einer Leistungssteigerung beizutragen, die Kosten zu senken und die Belastung durch Schadstoffe zu minimieren. Dr. Negri erklärt: „Einer der großen Vorteile von alternativen Treibstoffen gegenüber Hydrazin besteht darin, dass sie sicherer sind und gleichzeitig die Komplexität und die Kosten von Test, Versand, Umschlag und Einführung verringern.“ Insgesamt wurden 13 SkySat-Satelliten von vier verschiedenen Standorten aus gestartet, was deutlich zeigt, dass derartige hydrazinfreie Treibstoffe betriebliche Flexibilität und den Start von Raumfahrzeugen von verschiedenen Standorten aus ermöglichen.

Schlüsselbegriffe

Rheform, Treibstoff, Katalysatoren, Hydrazin, Ammoniumdinitramid (ADN), 3D-Druck, Raumfahrtantrieb, Keramikstruktur

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