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European Gravity Service for Improved Emergency Management

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Instrumente für die bessere Vorhersage von Überschwemmungen und Dürren

Die Tatsache, dass Wasser etwa 71 % der Erdoberfläche einnimmt, gehört zum Allgemeinwissen. Weniger bekannt ist aber, dass sich die Wassermassen ununterbrochen umverteilen und solche Veränderungen zu Überschwemmungen und Dürren führen können. Das Projekt EGSIEM hatte es sich zum Ziel gesetzt, bei der Sammlung von Erdbeobachtungsdaten die Verlagerung dieser Massen ebenfalls zu messen, um solche Phänomene besser vorhersagen zu können.

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Der Satellit Gravity Recovery and Climate Experiment (GRACE), den die NASA im Jahr 2002 startete, hat als erstes Erkenntnisse über den Wasserkreislauf der Erde geliefert. Ein Konsortium von acht Organisationen will jetzt anhand dieser Daten zeigen, dass die Analyse von Massenverlagerungen der Ausgangspunkt für neue innovative Ansätze bei der Überwachung und Vorhersage von Überschwemmungen und Dürren sein könnte. „Dank GRACE können wir die Veränderung der Umweltmassen im Zeitverlauf beobachten. In den vergangenen 16 Jahren sind auch bereits entsprechende Datenprodukte marktreif geworden. Jetzt ist dieser Prozess abgeschlossen und weitere Missionen vom selben Typ wie GRACE können angegangen werden. Trotzdem gab es immer noch einen großen Bedarf an konsolidierten Produkten und an einer verbesserten Zugänglichkeit der Daten für Laien“, erklärt Prof. Adrian Jäggi, Koordinator von EGSIEM für die Universität Bern. Außerdem sollte das Projekt die zeitliche Auflösung von einem Monat, die für GRACE-Daten typisch war, auf einen Tag verfeinern sowie für zeitkritische Anwendungen innerhalb von fünf Tagen Informationen über das Schwerefeld liefern. Somit sollte es möglich werden, sich potenziell entwickelnde hydrologische Extreme früher zu erkennen. „Für uns ist das eine einfache Gleichung: besseres Wissen führt zu einer besseren Entscheidungsfindung. Außerdem ist die Vorbereitung auf eine mögliche Gefahr meist nicht so teuer wie die Aufräumarbeiten danach“, erklärt Prof. Jäggi. „Veränderungen in der Schwerkraft und der Wassermasse bieten essenzielle quantitative Informationen über Veränderungen des Meeresspiegels, Abfluss, Grundwasser, Schneemasse, Gletschermasse und der Masse des Polareises. Mit unseren Produkten könnten wir ein Frühwarnsystem zur Vorhersage von Überschwemmungen und zur Überwachung von Dürren erstellen sowie präzisere Hochwasserwarnungen ausgeben.“ Um das Potenzial seiner Produkte besser einschätzen zu können, analysierte das Projektteam historische Fälle von Überschwemmungen und Dürren, aus denen sie relevante Indikatoren ableiteten. Bei der Überschwemmung 2009 in Namibia sind zum Beispiel 131 Menschen getötet worden und 445 000 Menschen waren stark von der Katastrophe betroffen. Untersuchungen zufolge hätte eine zehn Tage eher ausgegebene Warnung allein dafür gesorgt, dass die Opferzahlen um 57 % und die gesellschaftlichen Schäden um 58 % sowie die Schäden in Produktion und Infrastruktur um je 41 % und 35 % niedriger gewesen wären. Die Produkte und Instrumente, die in EGSIEM entwickelt worden sind, können diesen Vorteil bei Überschwemmungen bieten, die durch Masseverlagerung entstehen. Dabei handelt es sich um drei Haupttypen: kombinierte Lösungen mit dem Schwerefeld der Erde, Schwerefeldprodukte, die annähernd in Echtzeit arbeiten, und der Feuchtigkeitsindex. Kombinationen mit dem Schwerefeld der Erde lösen das Problem, dass Nutzer bisher Daten aus einem Produkt aus den fünf bis sechs bestehenden Rechenzentren auswählen mussten. EGSIEM hat diese Lösungen vereint und so ein besseres Signal-Rausch-Verhältnis erreicht, das jedes bestehende Produkt weit übertrifft. Das Produkt, das annähernd in Echtzeit arbeitet, kann in den meisten Fällen seine Daten mit maximal 24 Stunden Verzögerung liefern. Daraus kann sich eine neue Reihe von Anwendungen entwickeln, die bei der Überwachung von Überschwemmungen und Dürren fast in Echtzeit arbeiten. Schließlich zeigt der Feuchtigkeitsindex, der aus monatlich oder täglich erstellten Weltkarten mit einer Auflösung von 1 x1 Grad besteht – Überschwemmungen und Dürre, die in der Vergangenheit aufgetreten sind. So können die Forscher die Bedingungen, die zu solchen Extremphänomenen führen, besser verstehen. Sie bekommen einen einfacheren Zugriff auf die Schwerefelddaten, die sie damit auch leichter interpretieren können. „Diese Art von Produkten oder Informationen wurde bisher nicht genutzt, aber ihr Potenzial ist immens. Neben dem wissenschaftlichen Interesse ist hier die öffentliche Sicherheit direkt betroffen, wenn zum Beispiel die Daten im Echtzeitmodus unmittelbar das bestehende Gefahrenrisiko ausgeben“, sagt Prof. Jäggi. Nach Abschluss des Projekts ist ein nächster wichtiger Meilenstein jetzt mit Sicherheit der Start der Nachfolgemission von GRACE. „GRACE hat den Dienst im Juni 2017 eingestellt, das heißt die Datennutzer waren eine zeitlang blind für jegliche Veränderungen aufgrund von Masseverlagerungen. Seit dem Start von GRACE Follow-On am 22. Mai 2018 können wir jetzt den Nutzern und der Öffentlichkeit diese einzigartigen Daten wieder zur Verfügung stellen. Wir fangen gerade erst an, das ganze Potenzial unserer Datenprodukte zu entdecken, aber wir sind uns sicher, dass sie in fünf bis zehn Jahren bei der Überwachung und Vorhersage des Erdsytems unverzichtbar sein werden“, so Prof. Jäggi abschließend.

Schlüsselbegriffe

EGSIEM, Erdbeobachtung, Wassermasse, Überschwemmung, Dürre, GRACE, Schwerkraft

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