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‘Reciprocal Encounters’ - Young Adults Leaving Care

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Ehemalige Pflegekinder werden zu Forschung mit Altersgenossen angeleitet

Als Pflegekind aufzuwachsen und dann ins Erwachsenenleben entlassen zu werden, ist eine Erfahrung, die man nur wirklich verstehen kann, wenn man es selbst erlebt hat. Darum bekamen junge Menschen jetzt in einem EU-Projekt alles Notwendige an die Hand, um Forschung mit Altersgenossen zu betreiben.

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Im Projekt ReProCounters, das mit einem Marie-Curie-Stipendium gefördert wurde, sollte gezeigt werden, wie sich das Wohlergehen bei jungen Erwachsenen durch ihre subjektiven Erfahrungen nach dem Verlassen der Pflegeeinrichtung, also in einer kritischen Lebensphase, äußert. Im Projekt sollten klientenbasierte Richtlinien für die Sozialarbeit entstehen, um herauszufinden wie junge Erwachsene, die die Pflegeeinrichtung verlassen, bestmöglich unterstützt werden können und wie der Prozess der Deinstitutionalisierung oder des Auszugs aus der Pflegefamilie am besten gestaltet werden sollte. Die Forscher konzentrierten sich auf die Erfahrungen junger Erwachsener in England und Finnland bei ihrem Übergang aus der Pflege in ein eigenständiges Leben. Diese jungen Menschen haben entweder in Pflegefamilien oder in verschiedenen Heimen oder Einrichtungen für Kinder gelebt. „Wir haben partizipative Forschungsmethoden genutzt, um mit den jungen Erwachsenen zu forschen und nicht nur an ihnen, und wir wollten mit Hilfe der Forschung mit Altersgenossen nutzergesteuerte Ergebnisse erzielen“, erklärt Hauptforscherin und Marie-Curie-Stipendiatin Professor Maritta Törrönen. Für das Element Forschung mit Altersgenossen haben Prof. Törrönen und ihr Team einigen jungen Erwachsenen, die früher Pflegekinder waren, Forschungmethoden beigebracht. Dann haben diese selbst ihre Altersgenossen befragt. „Wir wollten unbedingt, dass sie als Forscher mitarbeiten und nicht nur Befragte sind, weil die Einblicke, die sie haben, ganz sicher zu wertvollen Zwiegesprächen führen würden.“ Die 16 jungen Forscher befragten Altersgenossen, die Erfahrungen als ehemalige Pflegekinder hatten. Über den gesamten Prozess hinweg gewann man im Projekt Erkenntnisse darüber, wie junge Erwachsene am besten unterstützt werden sollten, wenn es nach ihnen ginge. „Die junge Erwachsenen haben bei den Befragungen mitgemacht, weil sie wollten, dass Pflege und schließlich der Auszug in die Selbstständigkeit für junge Menschen besser werden. So konnten sie sehen, dass ihre Erfahrungen wertvoll sind und dass das, was sie zu erzählen haben, die Lage anderer junger Menschen in derselben Situation beeinflussen kann.“ Einer der jungen Forscher sagte: „Für mich hieß das, viele spannende neue Dinge tun und lernen zu können. Wenn sich hier was verändern sollte, sodass der Auszug aus der Pflegeeinrichtung einfacher wird, war mir klar, dass ich dabei sein wollte, weil ich ja selber mal ein Pflegekind war.“ Alle Laienforscher haben von der Universität ein Zertifikat bekommen, das die Teilnahme an diesem EU-finanzierten Projekt bestätigt. Prof. Carol Munn Giddings, Betreuerin und Koordinatorin des Projekts an der Anglia Ruskin University, ergänzt, dass die Fähigkeiten, die sie sich dabei angeeignet haben, auch für das Arbeitsleben oder ein späteres Studium wichtig sein werden. Darauf geht ein anderer junger Interviewer ein: „In dem finnischen Projekt habe ich soziale Fähigkeiten erlernt, pünktlich sein, Befragungstechniken und entsprechende Kompetenzen, wie man Mittelbeschaffung organisiert und die Fähigkeit, sich an die Bedürfnisse anderer anzupassen.“ Forschung mit Altersgenossen ist in diesem Bereich zwar nicht neu, aber ReProCounters hat Neuland betreten, indem es die Lage in zwei verschiedenen Wohlfahrtsstaaten, nämlich Finnland und dem Vereinigten Königreich, untersucht und dabei partizipative Aktionsforschung angewandt hat. Die Antworten waren sich überraschend ähnlich. In beiden Ländern wünschten sich die Probanden zum Beispiel Stabilität in ihren persönlichen Beziehungen. „Im Kern war ihnen die Bedeutung und die Kontinuität sozialer Verbindungen sehr wichtig. Diese fördern etwas, was wir ihre ‚emotionale Beteiligung‘ nennen. Emotionale Beteiligung fußt hauptsächlich auf der Kontinuität sozialer Beziehungen und emotionaler Verbundenheit“, so Prof. Törrönen. ReProCounters hat die Studie bereits auf mehreren Konferenzen in England und Finnland vorgestellt. Auf Grundlage dieser Präsentationen hat das Team auch einen Bericht und mehrere Artikel veröffentlicht und zwei weitere Artikel in Arbeit. Die finnische Forscherin wurde in den Beirat eines Verbandes eingeladen, in dem junge Erwachsene, die Pflegekinder waren, und Vertreter verschiedener Interessengruppen zusammenkommen. Dort kann sie ihre Erfahrungen mit den anderen teilen. Dieser Verband wird auch Einfluss auf die politischen Entscheidungsfindung in Finnland nehmen.

Schlüsselbegriffe

ReProCounters, emotionale Beteiligung, soziale Beziehungen, emotionale Verbundenheit, junge Erwachsene, ehemalige Pflegekinder, Sozialfürsorge, Pflegefamilie, Deinstitutionalisierung, Forschung mit Altersgenossen, partizipative Aktionsforschung, Wohlergehen

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