CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Mediation of stem cell identity and aging by proteostasis

Article Category

Article available in the following languages:

Erhalt der Proteostase: ein möglicher Schlüssel zur Verlangsamung von Alterung und altersbedingten Krankheiten

Humane embryonale Stammzellen altern nicht. Deshalb wurden sie von StemProteostasis eingesetzt, um Proteinmechanismen zu identifizieren, welche die Alterung und die Entstehung von altersbedingten Krankheiten verzögern könnten.

Grundlagenforschung icon Grundlagenforschung

Die Proteinhomöostase, auch Proteostase genannt, beschreibt die Vorgänge in einem komplexen Netzwerk aus Signalwegen, das für die Funktion und Lebensfähigkeit von Zellen eine zentrale Rolle spielt. Sie gewährleistet, die richtige Konzentration, Faltung und Interaktion der Proteine von der Synthese bis zu ihrem Abbau. Die mangelnde Fähigkeit der Zellen, die Proteostase aufrechtzuerhalten, ist ein typisches Merkmal von Alterung und altersbedingten Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Huntington. Es wurde daher die Hypothese aufgestellt, dass der Erhalt der Proteostase den Alterungsprozess und damit verbundene Krankheiten verzögern oder sogar verhindern könnte. Um besser zu verstehen, wie die Proteostase reguliert wird, untersuchte das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Projekt StemProteostasis humane embryonale Stammzellen (hESC) und induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC), da diese beiden Stammzellenarten sich kontinuierlich replizieren, ohne zu altern. Für seine Arbeit kombinierte das Projekt Stammzellforschung, Krankheitsmodellierung, Proteomik und genetische Analysen. Anhand der Ergebnisse konnte das Team neue Mechanismen der Langlebigkeit ermitteln, die vor Symptomen im Zusammenhang mit altersbedingten Krankheiten des Menschen schützen könnten. „StemProteostasis brachte viele aufregende Ergebnisse hervor, die nicht nur in Bezug auf den Alterungsprozess und altersbedingte Erkrankungen, sondern auch konkret für die Stammzellforschung, Zellreprogrammierung, Zelltherapie, Neurogenese und Pflanzenbiologie wesentliche Erkenntnisse bieten“, so Projektkoordinator David Vilchez.

Das Proteasom-System

Säugetierzellen enthalten in der Regel über 10 000 Proteine, die der jeweiligen Zellfunktion angepasst sind. Nach ihrer Synthese bzw. Bildung werden Proteine in eine ihrer Funktion entsprechende Struktur gefaltet. Manche falten sich dabei jedoch falsch ein und aggregieren, wodurch die Zellfunktion gestört wird. Stress, Alterung und krankheitsbedingte Mutationen können ebenfalls zu solchen Störungen führen und dadurch Krankheiten auslösen. Für die Bereinigung dieser abgestorbenen Proteine ist ein bestimmter Bestandteil des Proteostase-Netzwerkes zuständig – das sogenannte Proteasom. Die Experimente im Rahmen von StemProteostasis wurden am Fadenwurm Caenorhabditis elegans durchgeführt. Aufgrund seiner vielen biologischen Ähnlichkeiten zu Säugetieren und seiner Lebensdauer von 19 Tagen wird er in der Forschung gerne eingesetzt. Entsprechend gibt es dazu auch gut etablierte Protokolle für die genetische Manipulation und Modelle für altersbedingte Krankheiten. Das Team hatte bereits herausgefunden, dass hESC die Proteasomaktivität steigern. Dies hängt mit einer erhöhten Konzentration des molekularen Aktivators RPN-6 zusammen, der Stammzellen außerdem dabei hilft, sich in spezifische Zellen zu differenzieren. Diese Experimente führten zu einer wichtigen Entdeckung: Durch die Nachahmung dieses Vorgangs, bei dem die RPN-6-Konzentration in den differenzierten Zellen von C. elegans erhöht wird, konnte die Lebensdauer des Wurms verlängert und die Akkumulation von krankheitsbezogenen Proteinen verzögert werden. „Das zeigt ganz deutlich, dass das Proteasom nicht nur hESC und iPSC reguliert, sondern auch den Alterungsprozess und die Entstehung von altersbedingten Krankheiten“, erläutert Vilchez. Bei weiterer Forschung konnten mehrere Komponenten der Proteostase – wie das Enzym UBR5 E3, die Chaperonin-Untereinheit CCT8 und das RNA-bindende Protein CSDE1 – ermittelt werden, welche die krankheitsbedingte Proteinaggregation in humanen Stammzellen unterdrücken und die Differenzierung beeinflussen. Das Team stellte fest, dass sich durch die Modulation von UBR5 bzw. CCT8 die Akkumulation von krankheitsbedingten Proteinen in Neuronen unterdrücken und zugleich die Langlebigkeit von Organismen verlängern lässt. Erstaunlicherweise fanden sie außerdem heraus, dass RNA-bindende Proteine in Keimbahnstammzellen an der Regulierung der Langlebigkeit und der Proteinaggregation in Neuronen beteiligt sind – eine Erkenntnis, die auf ein besseres Verständnis von Huntington und Alzheimer hoffen lässt. „Eine der größten Überraschungen bestand darin, dass unsere Ergebnisse das etablierte Paradigma hinterfragten, gemäß dem eine lange Lebensdauer mit einer verringerten Fruchtbarkeit einhergeht. Wir fanden heraus, dass Keimbahnstammzellen Umweltdaten erfassen und an somatische Gewebe, wie etwa Neuronen, kommunizieren können, um die Fruchtbarkeit zu steigern, ohne dabei die Lebensdauer negativ zu beeinträchtigen“, ergänzt Vilchez.

Ansätze für bevorstehende Herausforderungen

Bis 2050 wird sich der Anteil der Weltbevölkerung im Alter über 80 Jahren Schätzungen zufolge verdreifachen. Das ist einerseits zwar eine positive Entwicklung, andererseits wird damit aber auch die Prävalenz für altersbedingte Krankheiten steigen, die zudem mit finanziellen und gesellschaftlichen Belastungen verbunden sind. „Die Wissenschaft kommt den molekularen Mechanismen, die hinter dem Alterungsprozess stecken, erst allmählich auf die Spur. Deshalb freut es uns sehr, mit unserer Arbeit viele neue Wege für die Forschung zu ebnen“, so Vilchez. Die Datensätze, die Proteomik-Methode und die eigens entwickelten Bioinformatik-Werkzeuge des Projektes sind ab jetzt öffentlich zugänglich.

Schlüsselbegriffe

StemProteostasis, Stammzellen, Protein, Homöostase, Alterung, Alterungsprozess, Krankheit, Alzheimer, Parkinson, Huntington, C. elegans, Keimbahn, Fruchtbarkeit

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich