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The mechanism of sleep control through a sleep-active sleep-promoting neuron

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Studie an Würmern liefert Wissen zu Schlaf

Die Erforschung molekularer Prozesse, die das Schlafverhalten steuern, könnte neue Therapien gegen Schlafstörungen fördern.

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Nach einem anstrengenden Tag kann vor allem eine erholsame Nachtruhe das seelische und körperliche Gleichgewicht wiederherstellen. „Wir denken, dass Schlaf wichtig ist, weil alle Tiere mit einem Nervensystem schlafen“, erläutert Henrik Bringmann, Koordinator des Projekts SLEEPCONTROL an der Technischen Universität Dresden. „Bislang ist kein Tier bekannt, das mit einem Nervensystem ausgestattet ist, aber in der Lage ist, auf Schlaf zu verzichten.“ Artübergreifend wird Schlaf über spezialisierte Neuronen gesteuert, die Schlafneuronen, die spezifisch in den Schlafphasen aktiv sind. Obwohl diese Neuronen seit Jahrzehnten erforscht werden, ist das Wissen über ihre Steuerung und Funktion auf molekularer Ebene noch unzureichend, u. a., weil sich genetische Faktoren von Schlaf nur schwer untersuchen lassen.

Geeignetes Tiermodell

„Viele Schlafmerkmale sind unspezifisch“, erklärt Bringmann. „Bei einem genetisch veränderten Mausmodell für Schlafstörungen kann nicht genau abgegrenzt werden, ob dafür ein Defekt im Schlafkontroll- oder im Erregungssystem verantwortlich ist, oder ob einfach Stress die Ursache ist.“ Ein weiteres Problem ist, dass Versuchstiere bei Schlafmangel schneller sterben. Bringmanns Labor machte auf diesem Forschungsfeld nun wichtige Fortschritte und zeigte in einem Experiment mit Spulwürmern, dass Schlaf nur über das Schlafneuron RIS gesteuert wird. Zudem konnten Spulwürmer genetisch so verändert werden, dass sie an Schlafmangel nicht sterben. „RIS ist den Schlafneuronen des Menschen sehr ähnlich“, so Bringmann. „Eine RIS-Defizienz beseitigt das Schlafbedürfnis. Im Labor forschten wir daher an einem geeigneten Tiermodellsystem mit vereinfachtem schlafaktiven Neuronensystem.“

Schlafmechanismen

Das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Projekt SLEEPCONTROL untersuchte an diesem Tiermodell nun, wie RIS den Schlafprozess auf molekularer Ebene steuert. Hierzu wurden Tiere mit entsprechenden Mutationen genetisch analysiert und veränderte neuronale Aktivitäten mittels Bildgebung dargestellt. „Wie sich zeigte, kann das Schlafneuron RIS durch drei Mechanismen aktiviert werden“, führt er weiter aus. „Einer dieser Mechanismen ist Hitzestress. Er bewirkt, dass der konservierte Faktor EGF das RIS-Neuron direkt, aber auch über ein zweites Neuron aktiviert. Somit steigt das Schlafbedürfnis, wenn Körperzellen Hitzestress erfahren.“ Die Projektgruppe identifizierte Gene, die den Alterungsprozess verlangsamen und RIS aktivieren, wenn ein Hungerzustand eintritt, und somit das Überleben fördern. „Wir zeigten zudem, dass Hautverletzungen die Freisetzung antimikrobieller Peptide fördern“, so Bringmann weiter, „die dann in das Nervensystem einwandern und RIS aktivieren. Auf diese Weise wird das Schlafbedürfnis erhöht, sodass der Wurm Verletzungen besser überleben kann.“

Behandlung von Schlafstörungen

SLEEPCONTROL identifizierte am Mausmodell schließlich das Protein AP2, das in den RIS-Neuronen vorhanden ist und ebenfalls das Schlafverhalten steuert. Die Projektarbeit an Wurmmodellen könnten damit wichtige Schlafmechanismen bei Säugetieren – und damit dem Menschen – aufzeigen. „Eine Aktivierung genetischer Signalwege, die Schlaf fördern, könnten Therapien für menschliche Schlafstörungen greifbar machen“, ergänzt er. „Dies ist allerdings ein Langzeitvorhaben. Schlaf bei Säugetieren ist sehr viel komplexer als bei Würmern und auch schwieriger zu untersuchen. Am Wurmmodell konnten wir aber schon eine Forschungsrichtung ausmachen.“ Bringmann will nun weiter an den zugrunde liegenden Prozessen forschen, die Schlaf bei Würmern steuern, um daraus Hypothesen abzuleiten und sie an Mausmodellen zu testen. „Der letzte Schritt ist die Übertragung auf den Menschen, um den Wissensstand zum menschlichen Schlafverhalten und Schlafstörungen zu erweitern sowie Therapien gegen Schlafstörungen zu entwickeln“, schließt Bringmann. „Voraussetzung hierfür ist die enge, langfristige Zusammenarbeit mehrerer Labore.“

Schlüsselbegriffe

SLEEPCONTROL, Schlafstörungen, Schlaf, Neuronen, RIS, Genetik, AP2, Therapien

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