Enzyminnovationen schaffen neue industrielle Anwendungsmöglichkeiten für Saccharose
In der EU werden zwar weiterhin weltweit die meisten Zuckerrüben angebaut, doch die Betriebe werden mit mehreren Problemen konfrontiert. Das steigende Gesundheitsbewusstsein der Menschen lässt sie weniger Zucker zu sich nehmen, und die Überversorgung hat die Preise sinken lassen. Dadurch sind die Betriebe in eine schwierige Lage geraten. Wofür können überschüssige Zuckerrübenerträge verwendet werden, wenn die Verbrauchernachfrage abnimmt und der Rohstoffpreis fällt?
Aufwertung der Zuckerbiomasse
Eine Möglichkeit besteht darin, die Zuckerrübenbiomasse auf neue Art in höherwertige Produkte umzuwandeln und möglicherweise lukrative neue Absatzmärkte zu finden. Das war das Ziel des EU-finanzierten Projekts CARBAFIN – hochwertige Produkte aus Saccharose zu erstellen, außerhalb der Verwendung als Süßungsmittel in Lebens- und Futtermitteln. „Wir haben versucht, durch Enzyme neue Materialien aus Zucker zu schaffen“, erklärt die Projektmanagerin von CARBAFIN, Christiane Luley vom Austrian Centre of Industrial Biotechnology. „Doch wir haben erkannt, dass die Leistung dieser Enzyme verbessert werden muss, um den Anforderungen industrieller Anwendungen gerecht zu werden.“
Optimale Enzymleistung
Dafür setzte das Projektteam Saccharose – gewöhnlichen Haushaltszucker – als grundlegendes „Spendermolekül“ ein. Enzyme namens Glykogenphosphorylase wurden dann eingesetzt, sodass die Bestandteile der Saccharose – wie Glukose – in einige „Nehmermoleküle“ übertragen werden können. Diese „neuen“ Moleküle wurden dann analysiert, um mögliche industriell verwertbare Eigenschaften zu finden. „Mit jedem übertragenen Glukosemolekül wird ein Äquivalent an Fructose freigesetzt“, ergänzt Luley. „Diese Fructoseströme wurden als mögliche kostengünstige alternative Quelle für kommerzielle Fructose gesehen.“ Ein wichtiger Aspekt des Projekts war es, sicherzustellen, dass alle Verfahren so effizient und skalierbar wie möglich sind. Für eine optimale Leistung wurden fortschrittliche technische Verfahren an den Enzymen angewendet. Doch optimierte Enzyme allein reichten nicht aus – das Team musste außerdem gewährleisten, dass ihre Biokatalysatoren wirtschaftlich tragbar sind, damit sie von der Industrie angenommen werden. Weitere Faktoren waren hohe Umwandlungserträge und eine zeitsparende Produktion. Die Membrantechnologie wies eine hohe Energieeffizienz und gute Kosteneffizienz auf.
Revolutionäre biokatalytische Produktionstechnologie
Durch erste Anwendungen einer integrierten biokatalytischen Produktionstechnologie hat CARBAFIN erfolgreich mögliche neue Geschäftschancen für überschüssige Saccharose in der EU aufgedeckt. Zu den idealen Märkten für Saccharose-abgeleitete Moleküle gehören Präbiotika, Anti-Aging-Kosmetik und Plattformchemikalien für Reinigungsmittel. Ein weiterer Vorteil der Innovation ist, dass sie den Weg für die Einrichtung von Wertschöpfungsketten, die vollständig auf erneuerbaren Ressourcen basieren, ebnet. So könnten Industrien in verschiedenen Sektoren erdölbasierte Chemikalien durch biobasierte Bestandteile ersetzen. Das wird zum Aufbau einer CO2-armen, ressourcenschonenden und nachhaltigen Chemikalienindustrie beitragen. „Zuckerrüben bieten eine absolut nachhaltige Biomasse“, kommentiert Luley. „Alles wird verwendet ohne anfallenden Abfall.“ So hilft das CARBAFIN-Projekt also nicht nur europäischen Landwirtschaftsbetrieben, neue Absatzmärkte für überschüssige Zuckerrüben zu finden. Es wird auch Europa helfen, die globale Vorreiterrolle bei industrieller Biotechnologie zu erhalten und die Position als innovative Triebkraft für zuckerbasierte Produkte einzunehmen.
Schlüsselbegriffe
CARBAFIN, Zuckerrübe, Erträge, Enzyme, Kosmetik, chemisch, Biomasse, biokatalytisch
