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Roma Civic Emancipation Between The Two World Wars

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Roma-Stimmen eröffnen neue Sichtweise auf die europäische Geschichte

Die Wiederentdeckung von Stimmen der Roma-Bevölkerungsgruppen in der europäischen Zwischenkriegszeit hat die aktive und integrierende Rolle dieser Gemeinschaft in der europäischen Geschichte hervorgehoben.

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Obwohl das Wissen über die Roma in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen und sich ihre Wahrnehmung verbessert hat, behaupten sich Mythen und Stereotype hartnäckig. Beispielsweise ist die Geschichte der Roma zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg oft außer Acht gelassen worden. „Die Roma waren während dieser Zeit immer stärker gesellschaftlich und politisch aktiv, werden aber oft nur als passive Opfer politischer Maßnahmen gesehen“, erklärt die Koordinatorin des Projekts RomaInterbellum, Elena Marushiakova von der Universität St Andrews im Vereinigten Königreich. „Die Tatsache, dass sie auch aktiv die Architektur ihres eigenen Lebens gestalteten, wird dabei völlig übersehen. Mit meinem Projekt wollte ich diese Lücke schließen.“

Beiträge der Roma-Bevölkerungsgruppen zum politischen Denken

RomaInterbellum, ein vom Europäischen Forschungsrat finanziertes Projekt, stattete Forschende und Beteiligte mit einem Spektrum an Ressourcen und Kompetenzen aus. Dazu gehörten Kenntnisse lokaler Sprachen einschließlich Romani. „Es war wichtig, auf die Unterstützung der Roma-Gemeinschaften zählen zu können“, fügt Marushiakova hinzu. Die gesellschaftspolitischen Visionen der Roma wurden in dem Projekt als ein unverzichtbarer Teil der Geschichte des modernen politischen Denkens in Europa betrachtet. Zu den tiefschürfenden Recherchen gehörten zahlreiche Besuche vor Ort in Archiven und Bibliotheken in ganz Mittel-, Ost- und Südosteuropa. „Roma-Stimmen“, von den Roma-Gemeinschaften selbst erstelltes Quellenmaterial und das schriftliche Erbe führender visionär Denkender dieser Bevölkerungsgruppen, wurden ebenfalls ermittelt. „Der wichtigste innovative Ansatz, dem wir folgten, war die Erkenntnis, dass diese Menschen kein hermetisch isoliertes soziales und kulturelles System bilden“, sagt Marushiakova. „Sie existieren in zwei Dimensionen, sowohl als eigenständige ethnische Gemeinschaften als auch als Teil der Makrogesellschaft, in der sie innerhalb der jeweiligen Nationalstaaten leben.“ Als Mitglieder der Makrogesellschaft erlebte die Roma-Gemeinschaft den Zusammenbruch der alten Imperien und die Gründung von Nationalstaaten. Sie waren am Aufbau neuer politischer Systeme in den riesigen Gebieten beteiligt, aus denen sich die Sowjetunion entwickeln sollte.

Inklusion in das gesellschaftliche und politische Leben

Marushiakova ist der Ansicht, dass das übergeordnete Ziel von RomaInterbellum, die Geschichte der Roma generell in der europäischen und globalen Geschichtsschreibung zu berücksichtigen, erreicht wurde. Das Projekt konnte die Existenz von „Roma-Stimmen“ entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass es solche Stimmen gar nicht gäbe, in Bibliotheken und Archiven nachweisen. Die Entdeckung tausender Dokumente trug dazu bei, die aktive soziale und politische Beteiligung der Roma-Bevölkerungsgruppen in der Zwischenkriegszeit lebendig werden zu lassen und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben zu unterstreichen. „Diese Dokumente bilden überdies die widersprüchliche Politik der einzelnen Länder gegenüber den ‚Zigeunern‘ ab, wie sie damals genannt wurden“, sagt Marushiakova. „Diskriminierende und repressive Maßnahmen traten oft in Kombination mit Gleichgültigkeit und/oder einem paternalistischen Ansatz in Kraft.“

Durchgängige Berücksichtigung der Roma-Geschichte

Das Projekt ist ein wichtiger Schritt hin zur Überwindung von Stereotypen und Mythen, die die Interpretation der Roma-Geschichte beeinträchtigt haben. Hiermit wird die Herausbildung der Roma-Geschichte als eigenständiges Fachgebiet möglich. „Unsere Ergebnisse stellen die bisher vorherrschenden akademischen Narrative in Frage, welche die Roma als eine unbeteiligte, marginalisierte Gemeinschaft dargestellt haben“, merkt Marushiakova an. „Romnija und Roma sind eigenständige Personen mit eigenen Ansichten und Visionen.“ Marushiakova hofft nun, dass die Arbeit nicht nur die akademische Welt und die Geschichtswissenschaft voranbringt, sondern dass die Roma-Gemeinschaften weltweit davon profitieren werden. „Ich hoffe, dass dieses Projekt den Teufelskreis der Vernachlässigung oder Verleugnung der Geschichte der Roma-Bevölkerungsgruppen durchbrechen wird“, fügt Marushiakova hinzu. „Die Einbeziehung der Geschichte der Roma-Gemeinschaft in die reguläre europäische und globale Geschichtsschreibung wird zudem dazu beitragen, dass die Roma-Gemeinschaften in Geschichtsbüchern und im realen Leben heute als gleichberechtigt mit allen anderen Bevölkerungsgruppen wahrgenommen werden.“

Schlüsselbegriffe

RomaInterbellum, Roma, Romani, Sprachen, Stereotype, Geschichte

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