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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Projekt-Erfolgsstorys - Gründliche Veränderungen in industrieller Unternehmenslogik

Die europäische Forschung unterstützt die Industrie dabei, die Kluft zwischen dem, was in der realen Welt vor sich geht, und dessen Wiedergabe in der digitalen Welt zu überbrücken. Resultat ist ein kooperativer Prozess, der drahtlose Sensortechnologie mit dem aufkommenden "Web of things" und Sensoren vereinigt, um Geschäftsvorgänge und nun auch industrielle Prozesse genauer, zuverlässiger und kostengünstiger zu realisieren.

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Mit dem weltweiten Informations- und Kommunikationsaustausch als "Kerngeschäft" der Büroangestellten hat die Office-Umgebung viele IT-Innovationen wie zum Beispiel verteilte Unternehmenssysteme sowie internetbasierte Anwendungen und Dienste hervorgebracht. Die verarbeitende Industrie hat sich allerdings aufgrund ihrer komplexen und oft kritischen Systeme erst spät den Anwendern hinzugesellt. 2004 sahen die Forscher eine Chance, Businesslogik mit dem aufkommenden Internet of things, d.h. drahtlos vernetzten eingebetteten Systemen, die reale Dinge überwachen und messen, zu vereinen. Diese Vereinigung führte zu sogenannten "Collaborative Business Items" (CoBIs), intelligenten Einheiten wie Waren, Ausrüstungen, Teilen und sogar Regalen, die aktiv miteinander und mit einem Back-End-System kommunizieren. Zentrales Konzept des 30-monatigen CoBIs-Projekts war es, Geschäftsprozesse eher im "Point of Action" und nicht als zentralisierte Systeme zu managen. Auf diese Weise werden Prozesse genauer, zuverlässiger, kostengünstiger und empfänglicher für die Bedürfnisse der Industrie. Um dies zu erreichen, verwendeten die CoBIs-Forscher durch alle Schichten hindurch, von der Unternehmensanwendung bis zu der in Sensorknoten ausgeführten Logik, ein gemeinsames Service-Paradigma. Middleware wurde auf Basis serviceorientierter Architektur (SOA) aufgebaut. SOA sind bei der Systementwicklung und Integration eingesetzte flexible Entwurfsprinzipien, die den Einsatz von Businesslogik in Form von Dienstleistungen am Rand des Netzwerks ermöglich. In anderen Worten: Das System kann ohne größere Eingriffe auf der Entwicklerseite besser das Erforderliche tun, und das macht es zu einem skalierbaren und praktischen Werkzeug für sich schnell verändernde moderne IT-Szenarien. CoBIs konzentrierte sich auf die Schaffung des Basis-SOA-Frameworks sowie die Werkzeuge zur Überwachung und Verwaltung des Netzwerks. Nutzt man eine SOA im Kontext verteilter eingebetteter Geräte sowie Sensor- und Aktor-Netzwerke ein, kann man mehrere Probleme lösen, die üblicherweise mit solchen Systemen verbunden sind: die Integration von Sensoren und Aktoren mit Unternehmenssystemen sowie Management, Überwachung und Verwaltung eines Systems mit äußerst stark verteilter Logik. "Als wir begannen, war die Idee ein bisschen der Zeit voraus", sagt CoBIs-Projektkoordinator Stephan Haller, Entwicklungsarchitekt bei SAP Research in der Schweiz. "Heutzutage ist der SOA-Ansatz häufiger, so wie auch das 'Web of Things' Realität wird." Szenario offenbart Es wurden mehrere für die Industrie relevante Anwendungsszenarien identifiziert und deren Bezüge zur realen Welt wurden in Studien untersucht, darunter ein automatisiertes System zur Überwachung von Chemikalienlagern und ein intelligentes Regal mit RFID-Technik (Radio Frequency Identification) in der Bekleidungsindustrie. Zusätzlich zum SOA-Framework wurde ein Satz wiederverwendbarer Dienste zur Zusammenarbeit definiert und in einer neu entwickelten Service-Beschreibungssprache mit der Bezeichnung CoBIL beschrieben. Eine CoBIL-Servicebeschreibung enthält eine WSDL-basierte Definition der Schnittstelle, eine inhaltliche Beschreibung des Dienstes sowie Informationen über die Zusammensetzung des Dienstes und die technischen Grenzen seines Einsatzes. Drei verschiedene Sensornetzwerk-Plattformen mit den Bezeichnungen Partikel, Nodes und Sindrion wurden über eine gemeinsame Abstraktionsschicht in die Middleware eingebunden. Nach Projektangaben haben die verschiedenen Plattformen je nach Anwendungsszenario verschiedene Eigenschaften. "Der Anwender muss nur noch die für seine speziellen Bedürfnisse am besten geeignete Technologie auswählen", erklärt Haller. "Und wir haben sogar Kriterien entwickelt, die den Endnutzern diese Auswahl erleichtern, auch durch den Vergleich mit existierenden Technologien wie etwa RFID und verdrahteten Sensoren." Auf Ebene des Sensornetzwerks an sich wurden bedeutende Fortschritte gemacht: eine verbesserte Energieeffizienz, ein zuverlässiges Datenverteilungsprotokoll und eine leichtere Knotenprogrammierung unterstützen eine sehr viel einfachere Einführung der drahtlosen Sensornetzwerktechnologie für industrielle Anwendungen, wie der Projektkoordinator erläutert. Zeit, in die Offensive zu gehen Das CoBIs-Team wusste von Anbeginn an, dass es einige Zeit dauern könnte, bis seine Arbeit in die Industrie vordringen kann. Die Projektpartner TECO - das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) - und SAP Research gründeten ein Spin-Off mit dem Namen Particle Computer, um maßgeschneiderte Lösungen auf Basis von drahtloser Sensornetzwerktechnologie zu liefern. Das Leistungsvermögen der Technologie wurde in einer der CoBIs-Studien nachgewiesen. Rund 50 'Partikel' - Smarttags, die als Netzwerkknoten fungieren - wurden in einer BP-Raffinerie in Hull (Vereinigtes Königreich) an Fässern mit Chemikalien befestigt. Die Knoten wurden mit Informationen zu der gelagerten Substanz und relevanten Vorschriften und Regeln in Bezug auf ihre sichere Handhabung - etwa Lagerungsbegrenzungen und Angaben zur näheren Umgebung - programmiert. Das Szenario: Zwei Fässer, die inkompatible Chemikalien enthalten, sind irrtümlich im selben Depot oder nah beieinander gelagert. Die CoBIs-Technologie erkennt dies und löst einen Alarm aus, der die Depotaufseher darauf aufmerksam macht, dass sie das falsch gelagerte Fass wegschaffen und das Problem am "Point of Action" lösen müssen. Dieser Vorfall wird außerdem dem Backend-System gemeldet. Die bahnbrechende 'Particle'-Computer-Technologie gewann mehrere Preise, auch eine Auszeichnung des Deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie als Vorzeigeprojekt des High-Tech Gründerfonds. Das Unternehmen wurde später an einen größeren Konzern verkauft, der die Partikel nicht mehr zur Verfügung stellt. TECO nutzt jedoch weiterhin die als Teil des Projekts entwickelte Plattform. Es zahlt sich aus Das CoBIs-Projekt mag seiner Zeit kommerziell voraus gewesen sein, aber seine Bemühungen zahlen sich immer noch aus. Das Forschungsteam erweiterte das SOA-Konzept auf die Ebene von Anlagen und Unternehmen in der realen Welt der Industrie. Sie konnten drahtlose Sensornetzwerktechnologien nahtlos in Unternehmenssysteme integrieren und verbesserten Hardware und einige untergeordnete Softwarefragen, um die anspruchsvollen realen Bedingungen in heutigen Industriebetrieben zu erfüllen. Die Forscher erweiterten den Geschäftsprozess um den "Point of Action", ein Weg, der im IoT-A-Projekt (http://www.iot-a.eu) in das die CoBIs-Partner einbezogen sind, weiter erforscht wird. "Die Arbeit an CoBIs war sehr interessant; und zwar in puncto Technologie sowie auch reale Anwendungen wie bei der BP-Studie", erklärt Haller. "Seit dem Ende vor ein paar Jahren wird daraus oft zitiert oder darauf verwiesen und die Leute fragen mich immer noch danach", wie er CORDIS erzählt. "Die Mitarbeit an EU-finanzierten Projekten wie diesem ist eine Gelegenheit, mit den besten Hochschulforschern des Gebiets und anderen Unternehmen in einer vorwettbewerblichen Umgebung zusammenzukommen", betont der SAP-Forscher. "Hier werden Menschen zusammengebracht, die andernfalls vielleicht nie die Chance dazu hätten," schließt er. Das CoBIs-Projekt erhielt im Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten EU-Rahmenprogramms (RP6) Mittel in Höhe von rund 3 Mio. EUR (von insgesamt 4,7 Mio. EUR). Die CoBIs-Abschlussergebnisse und hilfreiche audiovisuelle Demos finden Sie auf der Projekt-Webseite (http://www.cobis-online.de).