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EU-Projekt entwickelt umweltfreundlichstes Schiff der Welt

In den vergangenen Jahren hat die Schifffahrt durch die Freisetzung großer Mengen an giftigem Stickoxid (NOx) und Schwefeloxid (SOx) immer mehr zur Umweltverschmutzung beigetragen. Jetzt haben Partner des EU-finanzierten CREATING-Projekts (Concepts to reduce environmental impa...

In den vergangenen Jahren hat die Schifffahrt durch die Freisetzung großer Mengen an giftigem Stickoxid (NOx) und Schwefeloxid (SOx) immer mehr zur Umweltverschmutzung beigetragen. Jetzt haben Partner des EU-finanzierten CREATING-Projekts (Concepts to reduce environmental impact and attain optimal transport performance by inland navigation) gemeinsam mit dem internationalen Mineralölkonzern BP ein neues Binnenlastschiff entwickelt, das praktisch keinerlei Schadstoffe mehr produzieren soll. Um dies zu erreichen, wurden an der "Victoria", einem 1.300 Tonnen schweren und 70 Meter langen Schiff mit Motorantrieb verschiedene technische Änderungen hauptsächlich am Motor vorgenommen. Der Eigentümer ist die BP Shipping Ltd., und das Schiff verkehrt täglich zwischen den Häfen Rotterdam und Antwerpen in den Niederlanden und Belgien. Diese Umrüstungen sollen die Luftverschmutzung durch Stickoxid um 92% und den Anteil an Feinstaubpartikeln um 98% senken. Außerdem wird der Ausstoß an Schwefeloxid um fast 100% und Kohlendioxid um 5% reduziert. Der Ausstoß von Stickoxid wird vermindert, indem das Abgas mit Urea vermischt wird, einer organischen Verbindung aus Ammoniak und Kohlenstoffdioxid. Das Ammoniak reagiert mit dem Stickoxid und entfernt es fast vollständig aus dem Abgas. Dies wiederum verhindert, dass die Stoffe in die Erdatmosphäre eintreten und dort zum troposphärischen Treibhausgas Ozon beitragen. Feinstaub- oder Rußpartikel werden mithilfe eines Filters aus dem Abgas entfernt. "Die Abgase strömen durch das System, durch die Abgasleitung und anschließend durch einen Filter", erklärt Mike Smyth, BP-Projektmanager des Projekts Cleanest Ship (umweltfreundlichstes Schiff). "Der Filter hält die Rußpartikel zurück, sodass sie nicht mehr mit dem Abgas in die Atmosphäre entweichen können. Das Problem der Filter ist aber normalerweise, dass sie nach einiger Zeit verstopfen. Also haben wir ein Regenerationssystem installiert." Dieses System besteht aus zwei Brennern entlang der Abgasleitung. "Wenn das System feststellt, dass der Filter verstopft, dann springen die Brenner an und erhitzen das Abgas auf fast 500 Grad", fügt Mike Smyth hinzu. "Auf diese Weise werden die Rußpartikel quasi im Filter verbrannt." Dieser Arbeitsschritt erfolgt im Abstand von 20 bis 50 Betriebsstunden und dauert 10 Minuten. Das nächste Problem, mit dem sich die Arbeitsgruppe beschäftigte, war der Ausstoß von Schwefeloxid. "Wir verwenden einen anderen Treibstoff für das Schiff", erklärt Mike Smyth. "Zu Beginn des Projekts setzten wir noch den in der Binnenschifffahrt üblichen Treibstoff mit einem Schwefelanteil von 1.000 ppm ein. Auf diesem Schiff jedoch können wir mit Treibstoff arbeiten, der viel weniger Schwefel enthält. Es ist praktisch der gleiche Diesel, den Sie in ihrem Auto an einer normalen Tankstelle tanken und der nur einen Schwefelanteil von 10 ppm enthält." Schließlich kam noch ein Tempomat hinzu, der den Treibstoffverbrauch der Victoria drosseln soll. "Im Prinzip regelt hier ein Computerprogramm den effizienten Kraftstoffverbrauch", sagt Smyth. "Der Kapitän gibt den Standort seines Schiffes ein, sein Fahrtziel und die dafür eingeplante Zeit, und das System ermittelt die sparsamste Geschwindigkeit für die jeweilige Fahrtroute. Dadurch lässt sich Kraftstoff einsparen - ähnlich wie auf der Autobahn: Wenn man mit Vollgas und Maximalgeschwindigkeit auf sein Ziel zusteuert, leert sich der Tank sehr schnell. Bei vernünftiger Fahrweise jedoch wird weniger Kraftstoff verbraucht. Und hier ergibt sich ein weiterer Vorteil: wenn kein Kraftstoff verbrannt wird, gelangt auch kein CO2 in die Atmosphäre. Das heißt, wenn man Kraftstoff spart, erzeugt man auch weniger Kohlendioxid. Momentan ist das System noch sehr teuer, lassen die Projektpartner verlauten, allerdings verweigern sie konkrete Preisangaben. Aber ganz sicher "wird es anfangs ähnlich wie bei Computern nur solche riesigen, teuren, später jedoch sehr viel kleinere und preisgünstigere Maschinen geben", sagt Bert de Vries von der Niederländischen Vereinigung der Schiffsbaugesellschaften (Netherlands' Shipbuilding Industry Association) und einer der Projektpartner. Mike Smyth stimmt zu: "Das große logistische Problem bestand darin, dass vor uns ein fertig eingerichtetes Frachtschiff lag. Die Teile, die wir einbauen wollten, waren aber sehr groß und unhandlich. In einem solchen Schiff befindet sich üblicherweise eine Unmenge von Instrumenten, und ein fertiges Schiff mit neuen Technologien aufzurüsten, war in der Tat eine enorme Herausforderung. Hätte man ein neues Schiff konstruiert und mit der gleichen Menge an neuer Technik ausgerüstet, wäre dies weitaus kostengünstiger und leichter zu bewerkstelligen gewesen.

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