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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Neues Modell sorgt für besseres Verständnis von Vererbungsprozessen

Der genetische Code liefert eine riesige Menge an Daten über eine Person. Die Informationen beinhalten deren physisches Erscheinungsbild wie etwa die Augenfarbe und auch die Widerstandsfähigkeit - oder Anfälligkeit - gegenüber Krankheiten. All diese Gene erben wir von unseren ...

Der genetische Code liefert eine riesige Menge an Daten über eine Person. Die Informationen beinhalten deren physisches Erscheinungsbild wie etwa die Augenfarbe und auch die Widerstandsfähigkeit - oder Anfälligkeit - gegenüber Krankheiten. All diese Gene erben wir von unseren Eltern, soviel steht fest. Aber wie und wann genau diese Vererbung stattfindet, konnte bisher noch nicht präzise ausgemacht werden. Ein von Forschern des Max-Planck-Instituts entwickeltes neues Modell liefert uns nun die Antwort auf dieses Frage. Der genetische Bauplan lebender Organismen ist in Form von Desoxyribonukleinsäure (DNA) im Zellkern hinterlegt. Auch die Mitochondrien, Organellen, welche die Energie für die Zellen erzeugen, enthalten eigene Erbinformationen wie etwa eine eigene DNA. Diese Erbinformation bezeichnet man als mitochondriale DNA (mtDNA). Da die Mitochondrien eine zentrale Rolle für die Energiegewinnung des Körpers spielen, haben Mutationen in den Genen der mtDNA starke Auswirkungen auf die Gesundheit. Fehlfunktionen der Mitochondrien können für den Betroffenen Stoffwechselstörungen bedeuten, während Mutationen in der mtDNA Muskelschwäche, neurodegenerative Erkrankungen, Herzkrankheiten sowie Diabetes verursachen können. Diese Erkrankungen können über die mutierten Gene an die nächste Generation vererbt werden, was das Verständnis des Vererbungsprozesses noch wichtiger erscheinen lässt. Bislang konnte noch kein geeignetes Modellsystem dieFrage beantworten, wie und wann der Anteil pathogener mtDNA-Mutationen festgelegt wird, die weitervererbt werden. Christoph Freyer, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln, Deutschland, und am Karolinska Institut in Stockholm, hat daher gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam ein neues Modell entwickelt und einige Antworten gefunden. Der Forschungsarbeit zufolge werden innerfamiliäre Unterschiede im Mutationsgrad von mitochondrialen Genen weitgehend schon vor der Geburt der Mutter selbst bestimmt. Es scheint überdies, als ob die entsprechende Krankheit über die mutierten Gene zur nächsten Generation vererbt werden kann - allerdings wird die mtDNA ausschließlich von der Mutter weitergegeben. Die Hauptrolle hat hier eine pathogene, d. h. krankheitsauslösende, Mutation in einem mitochondrialen Gen mit der Bezeichnung "tRNA-Methionin" inne. Mutationen in mitochondrialen tRNA-Genen verursachen einen großen Anteil der bekannten mitochondrialen Krankheiten, obgleich die tRNA-Gene nur einen Bruchteil der gesamten mtDNA bilden. Diese Diskrepanz konnte bislang nie ausreichend geklärt werden. Freyers zentraler Durchbruch besteht nun in dem Beweis, dass im Gegensatz zu Protein-kodierenden Genen, die nach neuesten Forschungen einer vorgeburtlichen Selektion unterliegen, die weibliche Keimbahn keine Mutationen in den tRNA-Genen aussortiert. Ob und in welchem Maße mutierte Gene dann an die nächste Generation weitergegeben werden, entscheidet sich somit schon dann, wenn die zukünftige Mutter selbst noch ein Embryo ist, und zwar im Laufe der Entwicklung ihrer Keimzellen. Mutierte Gene koexistieren oft mit normalen Genen, diesen Zustand nennt man "Heteroplasmie". Mutierte und nichtmutierte Gene finden sich dementsprechend in jeder Eizelle in einem bestimmten Mischungsverhältnis und somit wird der Mutationsgrad per Zufall in die nächste Generation vererbt. Auf diese Weise erklären sich auch die innerhalb einer Familie auftretenden Unterschiede. Mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen konnten die Forscher ein Merkmal der mütterlichen Genetik aufdecken, das den Weg zu neuartigen Möglichkeiten der genetischen Diagnose eröffnen könnte. Die Beobachtung, dass auch in diesem Mausmodell die Mitochondrien der Maus versuchen, mutationsbedingte Defekte zu kompensieren, gibt weitere Einblicke in den mitochondrialen Krankheiten zugrundeliegenden Vererbungsmechanismus. "Vielleicht", meint Freyer, "könnte man diese Kompensation medikamentös anregen." Der junge Wissenschaftler plant sein Mausmodell zukünftig auch zum Test von Therapien zu nutzen, die eine Vererbung von Mutationen der mtDNA verhindern könnten.Weitere Informationen finden Sie am: Max-Planck-Institut (MPI) für Biologie des Alterns: http://www.age.mpg.de/de/home/ Karolinska Institutet: http://ki.se/?l=en

Länder

Deutschland

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