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Interview
Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Bestimmung der Wasserqualität mithilfe der Fluoreszenzspektroskopie

Dr. Elfrida Carstea spricht über die Erkenntnisse aus dem Projekt FLUORO-BOOST zum Potenzial der Fluoreszenzspektroskopie zur Verbesserung der Energieeffizienz von Abwasseraufbereitungsanlagen.

Da ein Großteil der chemischen Komponenten, die sich im Abwasser finden, mit Licht reagieren, könnte man die Qualität einer Probe von aufbereitetem Abwasser mithilfe der Fluoreszenzspektroskopie schnell und effizient bestimmen. Im Rahmen des Projekts FLUORO-BOOST wurde untersucht, inwiefern dieses Verfahren die Energieeffizienz von Abwasseraufbereitungsanlagen verbessern könnte. Dank der Investition von 14,3 Milliarden, die im Zeitraum von 2007 bis 2013 getätigt wurde, und durchgreifenden rechtlichen Maßnahmen, konnte die EU deutliche Verbesserungen bei der Ableitung und Aufbereitung von Abwasser feststellen. Doch wenn größere Volumen an Abwasser aufbereitet werden müssen und die Ansprüche an die Qualität des aufbereiteten Abwassers stetig steigen, bedeutet das, dass der Druck auf gängige Technologien steigt und mehr Energie verbraucht wird. Allein auf die Belüftung von vorgereinigtem Abwasser im Belebtschlammverfahren entfallen mehr als 50 % der Energiekosten, die mit der Abwasseraufbereitung verbunden sind. Hinzu kommt, dass es bei der Qualitätskontrolle noch viel Spielraum für Verbesserungen gibt. Dr. Elfrida Carstea von der University of Birmingham hatte sich vorgenommen, eine Lösung für diese beiden Probleme zu finden, und wurde dabei im Rahmen des Projekts FLUORO-BOOST (Fluorescence-Based Optimisation Of Sewage Treatment) von der EU finanziell unterstützt. Dr. Carstea zufolge weisen gängige Compliance-Prüfungsverfahren verschiedene Defizite auf. Die Forscherin setzte nicht auf die weitverbreitete Methode, bei der betrachtet wird, inwiefern dem Wasser mithilfe von aeroben heterotrophen Bakterien Sauerstoff entzogen werden kann. Sie schlug stattdessen vor, die vor Kurzem bei der Fluoreszenzspektroskopie erzielten Fortschritte für das Abwasseraufbereitungsverfahren zu nutzen und so dessen Effizienz zu verbessern. Gegen Ende des Projekts erklärte sich die Forscherin bereit, einige Ihrer Ergebnisse mit uns zu diskutieren. Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Defizite der gängigen Abwasseraufbereitungsmethoden? Die Technologie, über die Abwasseraufbereitungsanlagen verfügen, stellt bereits eine großartige technologische Errungenschaft dar und die angewandten Methoden eignen sich hervorragend, um die organischen Stoffe im Abwasser zu reduzieren. Dank fortlaufender Bemühungen von Ingenieuren wird dieser Prozess künftig zunehmend optimiert werden. Die Probleme liegen also nicht beim Aufbereitungsprozess selbst, sondern vielmehr bei den Methoden, die zur Qualitätskontrolle verwendet werden. Bei der Abwasseraufbereitung wird die Compliance mit der relevanten Gesetzgebung vorwiegend mithilfe des Offline-Tests „Five-day biological oxygen demand“ (BOD5) gewährleistet. BOD5 bezeichnet das Potenzial für die Reduzierung von Sauerstoff im Wasser mithilfe von aeroben heterotrophen Bakterien, die die organischen Stoffe verstoffwechseln und für ihre Reproduktion nutzen. Obwohl diese Methode der Abwasseraufbereitung durchaus sinnvoll ist, birgt sie doch einige Nachteile, aufgrund derer sie sich nicht für die Überwachung und Prozesssteuerung in Echtzeit eignet: Informationen werden nur langsam gewonnen, der Arbeitsaufwand ist groß, die Bakterien werden von toxischen Substanzen beeinträchtigt, die Bedingungen des Aufbereitungsprozesses werden eventuell nicht berücksichtigt, sie ist unempfindlich gegenüber geringen Konzentrationen und misst diese nicht präzise und die Ergebnisse insgesamt sind ungenau, sodass es zu einer Abweichung von 15 bis 20 % kommen kann. Aufgrund dieser Probleme muss die Industrie das Abwasser häufig übermäßig aufbereiten, um zu gewährleisten, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen. Sie legen Ihrer Forschung jedoch die neuesten Ergebnisse aus dem Bereich der Fluoreszenzspektroskopie zugrunde. Warum haben Sie sich für diese Methode entschieden? Meine Forschung basiert auf Vorstudien zur Fluoreszenz von Abwasser in einer Abwasseraufbereitungsanlage, die unter der Leitung von Professor John Bridgeman und seinen Kollegen durchgeführt und in der Fachzeitschrift „Environmental Technology“ veröffentlicht wurden. Die Studien zeigten, dass diese Methode erhebliches Potenzial für die Charakterisierung und Überwachung in Echtzeit birgt. In einigen vorangegangenen Studien wurde diese Methode als eventuell geeignet erkannt, doch nur wenige haben sich speziell auf die Abwasseraufbereitung bezogen und niemand auf Messungen in Echtzeit. Für die Fluoreszenzspektroskopie sprechen ihre zahlreichen Vorteile: sie erbringt schnell Ergebnisse, ist kostengünstig, die Reagenz entfällt, Proben müssen nur geringfügig vorbereitet werden und sie ist hochpräzise und nicht invasiv. Somit könnte man mit dieser Methode schnell Feedback geben, d. h. man könnte dynamische Studien mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung durchführen. Darüber hinaus basieren wir unsere Forschung auf Studien, die die Übertragbarkeit der Fluoreszenz auf die Beurteilung der Oberflächengewässer- und Trinkwasserqualität untersucht haben und die die Entwicklung von neuen Technologien für die Anwendung von Fluoreszenz bei der Abwasserqualitätsbestimmung einen großen Schritt weiter gebracht haben. Was waren die größten Schwierigkeiten, denen Sie bei der Anwendung dieser Methode begegneten? Ich würde nicht sagen, dass ich Schwierigkeiten hatte, das waren eher Herausforderungen. Eine Beziehung zwischen der Fluoreszenz und BOD5-Daten herzustellen, war letztendlich schwieriger als wir ursprünglich angenommen hatten. Die Tests ergaben überraschende Ergebnisse, die mehr neue Fragen aufwarfen als Antworten lieferten. Doch das ist gut, denn so konnten wir mehr Erkenntnisse über das Potenzial der Fluoreszenzspektroskopie als Ersatz für BOD5 und als effektives Tool für die Überwachung des Aufbereitungsprozesses gewinnen. Wie wird Ihre Technologie den Energieverbrauch von Abwasseraufbereitungsanlagen senken? Bei der Abwasseraufbereitung entfällt ein Großteil des Energieverbrauchs auf die Belüftung des vorgereinigten Abwassers während des Belebtschlammverfahrens. Die Bakterien und Mikroorganismen, aus denen der Belebtschlamm besteht, werden mit Abwasser „gefüttert“, das organische Abfallstoffe enthält. Um die biologische Aktivität während des Belebtschlammverfahrens zur BOD5-Reduktion zu erhalten, wird Luft in die Becken gepumpt und so für eine ausreichende Menge an gelöstem Sauerstoff gesorgt. Diese Belüftung ist einer der Prozesse der Abwasseraufbereitung, der am meisten Energie verbraucht. Nahezu 65 % des Energieverbrauchs entfallen auf das Belebtschlammverfahren. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist der Energieverbrauch bereits deutlich angestiegen, und Prognosen zufolge soll er in den nächsten zehn bis 15 Jahren um weitere 60 % zunehmen. Dieser Anstieg kann vorwiegend auf striktere Gesetze und Richtlinien in Bezug auf das Abwasser zurückgeführt werden, das von Abwasseraufbereitungsanlagen zurück in den Wasserkreislauf geleitet wird. Wenn in einer Anlage nun anstatt des veralteten und unpräzisen BOD5-Verfahrens mit Fluoreszenzspektroskopie gearbeitet wird, profitiert sie vom optimalen Tool zur Überwachung in Echtzeit und Lösung von Leistungsproblemen. Schätzungen zufolge könnten dank Abwasserqualitätsüberwachung in den entsprechenden Anlagen 40 % der aktuellen Energiekosten eingespart werden. Somit könnte man die Fluoreszenz nutzen, um die Prozesssteuerung in Abwasseraufbereitungsanlagen zu optimieren und die mit übermäßiger Aufbereitung verbundenen unnötigen Kosten zu eliminieren. Eignet sich die Fluoreszenzspektroskopie auch für die Bereitstellung von Trinkwasser? Ja, diese Methode kann auch zur Überwachung der Aufbereitung von Trinkwasser angewendet werden. Es gibt mehrere Studien, die ihr Potenzial in dieser Hinsicht belegen. Eine ganz neue Publikation von Professor Bridgeman und Kollegen in der Fachzeitschrift „Science of the Total Environment“ beschreibt ein neuartiges LED-basiertes Instrument, das von den Autoren an den Universitäten Birmingham und Sheffield entwickelt wurde. Mit dem Gerät können die Fluoreszenzspitzen T und C in Trinkwasser-Versorgungssystemen vor Ort gemessen werden. Wie von der Forschungsgruppe gezeigt sind diese Spitzen von Interesse, da Ausschlag C den gelösten organischen Kohlenstoff im Wasser anzeigt, während Ausschlag T Mikrobenvermehrungen kennzeichnet, die infolge des gelösten Kohlenstoffs und unzureichender Rest-Chlorkonzentration im Wasser stattfinden. Das Projekt soll bald abgeschlossen werden. Was sind die nächsten Schritte in Ihrer Forschung? Wir werden in gemeinsamen Studien und zusammen mit führenden Wissenschaftlern dieses Fachs weiter daran arbeiten, die Fluoreszenzspektroskopie für die Echtzeitüberwachung von Aufbereitungsanlagen zu etablieren. Darüber hinaus haben wir kürzlich damit begonnen, den Verbleib von Nanopartikeln in aufbereitetem Abwasser zu untersuchen, wofür verschiedene Verfahren einschließlich Fluoreszenzspektroskopie zum Einsatz kommen. Ich hoffe, in naher Zukunft in dieser Richtung weiterarbeiten zu können. Wie lange wird es Ihrer Einschätzung nach dauern, bis die Fluoreszenzspektroskopie in Aufbereitungsanlagen zur Anwendung kommt? Die Technologie ist bereits auf dem Markt; was unsere Arbeit so innovativ macht, ist die Anwendung in Echtzeit für In-situ-Messungen. Obwohl diese Technologie noch in den Kinderschuhen steckt, verfügt sie über hohes Potenzial für die Prozesssteuerung und einen gesenkten Energiebedarf von Aufbereitungsanlagen. Weitere Informationen erhalten Sie unter: FLUORO-BOOST http://cordis.europa.eu/project/rcn/109162_de.html

Länder

Vereinigtes Königreich

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