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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Neuartige Elektrodensysteme decken die Mechanismen hinter der menschlichen Bewegung auf

Forscher in den Bereichen Robotik und Prothetik stehen vor der spannenden jedoch schwierigen Aufgabe, die raffinierte Kombination aus Mechanismen zu replizieren, welche dem menschlichen Körper Bewegungen ermöglicht. Die wissenschaftliche Arbeit im DEMOVE-Projekt führte zu neuen Elektrodensystemen, mit denen dies gelingen könnte.

Für uns ist es eine der einfachsten Tätigkeiten, doch wenn wir einen Arm und eine Hand bewegen, um ein Objekt zu greifen, laufen im Gehirn, in der Wirbelsäule sowie in Nerven und Muskeln komplexe Vorgänge ab. Zu diesen sogenannten diskreten Ereignissen zählen Ionenaustausche über Membranen, elektrochemische Mechanismen und aktives Ionenpumpen durch Energieverbrauch, die zusammen einen Potentialverlauf bilden – die Sprache, in der die Außenwelt im Gehirn verschlüsselt ist. Diesen „neuralen Code“ von Bewegungen aufzuzeichnen und zu interpretieren war Kernziel des Projekts DEMOVE (Decoding the Neural Code of Human Movements for a New Generation of Man-Machine Interfaces). Bei früheren wissenschaftlichen Bemühungen war es nicht möglich, die Aktivität von Motoneuronen bei gesunden Menschen festzustellen und zu untersuchen, daher entwickelte das Team um Prof. Dario Farina von der Universität Göttingen neuartige Elektrodensysteme. Diese neuen Systeme ermöglichen elektrophysiologische In-vivo-Aufzeichnungen von menschlichen Nerven und Muskeln sowie neue Berechnungsverfahren und Modelle zur Extraktion der funktionell wesentlichen Informationen zur Bewegung des Menschen. Damit tragen sie zur Beantwortung offener Fragen in der Neurowissenschaft bei, verbinden die neuralen mit den funktionalen Abläufen der Bewegung und sollen neue Formen von Mensch-Maschine-Schnittstellen ermöglichen. Weshalb mangelt es bisher an Lösungen, mit denen die bewegungsbezogene neuronale Aktivität bei gesunden Menschen beobachtet werden kann? Um die Neuronen des zentralen Nervensystems zu untersuchen, müssen Elektroden in den menschlichen Körper eingeführt und neurale Strukturen (z. B. der Motorcortex) durchdrungen werden, die dabei beschädigt werden könnten. Die chirurgischen Verfahren für diese Eingriffe sind kompliziert und riskant. Nicht-invasive Techniken (z. B. MRT, MEG oder EEG) sind wiederum nicht empfindlich genug, um die komplexe neurale Aktivität bei Bewegungsabläufen abzubilden. Wie können Ihre Elektrodensysteme diese Probleme lösen? Wir zeichnen Muskelaktivität auf, wobei wir das Muskelgewebe als biologischen Verstärker der Nervenaktivität nutzen. Wenn sich Nerven mit Muskeln verbinden, bleibt ihre neurale Aktivität erhalten und kann aus der elektrischen Aktivität des entsprechenden Muskels abgeleitet werden. Das bedeutet, dass wir zwar die Peripherie des Systems (die Muskeln) beobachten, aber dennoch die von der Wirbelsäule stammenden Signale feststellen können, welche die Bewegung bedingen. Welche Ergebnisse konnten Sie bis heute verzeichnen? Das Projekt wird Ende Juni dieses Jahres abgeschlossen, und in allen analysierten Disziplinen wurden herausragende Ergebnisse erzielt. Die von uns entwickelten Erfassungssysteme ermöglichten uns beispielsweise, die Hypothesen kritisch zu hinterfragen, die vor etwa 80 Jahren zur Rolle der Motoneuronen bei Bewegungen aufgestellt wurden. Mit diesen neuen Systemen können die Aktivität großer Ansammlungen von Motoneuronen untersucht und die Information des zentralen Nervensystems von peripheren Mechanismen abgegrenzt werden. Diese Ergebnisse bedeuten auch Fortschritte im Bereich der Neuromechanik, da die mechanischen Kräfte aufgezeigt werden, die durch neurale Strukturen entstehen. Zudem werden Mensch-Maschine-Schnittstellen vorangebracht, indem intuitive und zuverlässige Methoden zur Steuerung myoelektrischer Prothesen möglich werden. Worin bestanden die größten Probleme, und wie konnten Sie sie lösen? Im Projekt steht viel auf dem Spiel, woraus sich einige Probleme ergaben. Diesen Herausforderungen begegneten wir jedoch mit Teamgeist, sodass wir sie gut überwinden konnten. Zum Beispiel mussten wir die Aktivität zahlreicher Muskeln gleichzeitig aufzeichnen, entsprechend viele Motoneuronen in vivo dekodieren und diese Verfahren zur Steuerung myoelektrischer Prothesen anwenden. Das höchste Potenzial Ihrer Forschung liegt in der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Wie kann man sich das vorstellen? Wir haben in unserem Projekt Prothesen der oberen Extremitäten vorgeschlagen, die vollständig durch die Aktivität dutzender Motoneuronen gesteuert werden, und deren Umsetzbarkeit nachgewiesen. Das Verhalten der Motoneuronen wurde anhand der Muskelaufzeichnungen erforscht, was auch durch fortschrittliche chirurgische Verfahren möglich wurde. Es bleiben nur noch einige Monate bis zum Abschluss des Projekts. Was möchten Sie bis dahin, und darüber hinaus, noch erreichen? Unser Hauptziel besteht in äußerst präzisen und klinisch umsetzbaren Mensch-Maschine-Schnittstellen, die über Motoneuronen gesteuert werden. DEMOVE Gefördert unter FP7-IDEAS-ERC Projektseite auf CORDIS

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Deutschland

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