Wissenschaft im Trend: US-Forscher stellen fest, dass selbst einfache Telefonprotokolle sehr persönliche Informationen preisgeben
Bis 2013 war der Begriff „Metadaten“ so gut wie noch nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen. Doch dann enthüllte Edward Snowden, dass die NSA große Mengen davon aus persönlichen Telefonaten erfasst hat, was anschließend auf beiden Seiten des Atlantiks zu großer politischer Beunruhigung im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre führte. Die amerikanische Regierung gab im Anschluss an die Enthüllungen im Jahr 2013 bekannt, dass die Erfassung von Metadaten nicht bedeutet, „dass die Regierung die Telefonate von Privatpersonen mithören kann.“ Um zu überprüfen, ob diese Behauptung wahr ist, erfasste ein Team von Informatikern der Stanford University selbst Metadaten, mit denen sie möglicherweise sehr sensible Informationen über Privatpersonen sichtbar machen konnten. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht. Anders als die NSA, erfassten die Forscher ihre Daten mit der Zustimmung von mehr als 800 Menschen, die eine Android-App namens MetaData heruntergeladen hatten. Wenn diese App auf dem Smartphone installiert ist, erfasst sie die Telefonnummern und den Zeitpunkt jedes ein- oder ausgehenden Anrufs und jeder SMS. Die App erhielt zudem Informationen von den Facebook-Konten der Teilnehmer, welche das Team nutzte, um die Genauigkeit der Ergebnisse zu überprüfen. Die Forscher gingen von der Annahme aus, dass die Aufzeichnungen der 1,2 Millionen Textnachrichten und der 250.000 Anrufe nur sehr wenig preisgeben dürften, wenn die Sicherheit der Daten und der Schutz der Privatsphäre der Teilnehmer wirklich gegeben waren. Mithilfe öffentlicher Informationen und kostengünstiger kommerzieller Datenbanken zur Entschlüsselung der Telefonnummern und ihrer Zuordnung zu Unternehmen, Organisationen und Profilen in den sozialen Medien, konnten sie 82 % der Namen und Wohnorte von Privatpersonen sowie die Identität ihrer Partner herausfinden. Jedoch konnten sie sogar noch persönlichere Informationen sammeln. Sie orteten ein- und ausgehende Anrufe aus einer Liste von Unternehmen, darunter Krankenhäuser, Apotheken, religiöse Gruppen, juristische Dienste, Waffenhändler und Sexdienstleister. Dadurch konnten sie äußerst detaillierte Bilder vom Alltag der Menschen zusammensetzen: Man fand heraus, dass ein Mann im Besitz eines Gewehrs war, ein anderer an Herzrhythmusstörungen litt, dass eine Frau vor kurzem schwanger geworden war und eine weitere Person im Begriff war, Cannabis anzubauen. Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass Telefon-Metadaten in der Lage sind, äußerst genaue Details über das Leben der Menschen preiszugeben, zumal die Daten nicht dem gleichen gesetzlichen Schutz unterliegen, der für die Zustimmung zum Informationsaustausch der Menschen gilt. Daher ist die Erfassung von Metadaten für die Sicherheitsdienste seit langem eine wirkungsvolle Möglichkeit, um an Informationen zu gelangen. Patrick Mutchler, Computersicherheitsforscher an der Stanford University erklärte, dass diejenigen, die Metadaten erfassen, genau wissen, welche Macht sie haben, während die Öffentlichkeit über die Auswirkungen nur sehr wenig weiß, da es nur wenige Studien zu diesem Thema gibt und es für die Menschen somit schwierig ist, ihre Privatsphäre effektiv zu schützen. „Nun liegen uns harte Fakten vor, auf die wir verweisen können und die wir vorher nicht hatten“, erläuterte er. Die Forscher sind der Meinung, dass ihre Erkenntnisse wichtige Konsequenzen für die künftige Politikgestaltung im Bereich des Datenschutzes haben werden. „Groß angelegte Programme zu Überwachung von Metadaten, wie das der NSA, enthüllen unumgänglich höchst vertrauliche Informationen über Normalbürger“, schrieb das Forschungsteam. „Um ein angemessenes Gleichgewicht zwischen nationaler Sicherheit und der Freiheit der Bürger zu erzielen, muss die künftige Politikgestaltung Informationen der einschlägigen Wissenschaften mit einbeziehen.“
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