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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Wissenschaft im Trend: „Untote“ Gene erwachen Tage nach dem Tod zum Leben

Forscher von der University of Washington im US-amerikanischen Seattle haben entdeckt, dass Gene bei Tieren noch Tage nach dem Tod „aktiviert“ bleiben und so auf Möglichkeiten hinweisen könnten, Spenderorgane bis zur Transplantation auf neue und bessere Weise zu konservieren und den Todeszeitpunkt von Mordopfern genauer zu bestimmen.

Unter Leitung des Mikrobiologen Peter Noble wollten die Forscher neue Verfahren testen, die sie zur Kalibrierung der Messungen der Genaktivität entwickelt hatten. Im Anschluss an ihre Forschungsarbeit der vergangenen 2 Jahre, die sie zur Vielzahl von Mikroben durchführten, die nach dem Tod in verschiedenen menschlichen Organen zu finden sind, wendeten sie ihre Methode auf Proben von totem Gewebe an. „Diesen Versuch führten wir aus Neugier durch, um zu sehen, was nach dem Tod geschieht“, kommentierte Noble. Der Artikel, der derzeit zur Veröffentlichung fachlich geprüft wird, basiert auf den Ergebnissen dieser Forschung. Noble und seine Kollegen extrahierten und maßen die Boten-RNA (mRNA) im Gewebe kürzlich verstorbener Mäuse und Zebrabärblinge. Da mRNA bei der Genexpresssion eine wichtige Rolle spielt, weisen höhere Konzentrationen dieses Moleküls auf eine höhere Genaktivität hin. Das Forschungsteam konnte über 1.000 Gene beschreiben, die auch nach dem Tod „lebendig“ blieben. Insgesamt 515 Mäusegene blieben für bis zu zwei Tage aktiv, und ganze 548 Gene der Zebrabärblinge blieben nach dem Tod noch volle vier Tage funktional. Eine der überraschendsten Feststellungen war, dass hunderte Gene ihre Aktivität in den ersten 24 Stunden nach dem Tod sogar noch verstärkten. Noble vermutet, dass viele davon durch ein Netzwerk anderer Gene unterdrückt oder deaktiviert wurden, während der Organismus noch am Leben war, und erst nach dessen Tod „zum Leben erwachen“ konnten. Die Wissenschaftler stellten darüber hinaus fest, dass viele der Gene, die den Tod überlebten, normalerweise während der embrionischen Entwicklung aktiv sind. Daher vermuteten sie, dass Lebewesen in diesem Stadium – zumindest auf zellulärer Ebene – viel mit verwesenden Leichen gemeinsam haben könnten. Sie entdeckten zudem, dass auch mehrere krebsfördernde Gene nach dem Tod aktiver wurden. Dies könnte erklären, warum Empfänger von Spenderorganen ein erhöhtes Krebsrisiko aufweisen – dieser Umstand wurde bisher mit den immunsuppressiven Medikamenten erklärt, welche diese Patienten in der Regel einnehmen müssen. In einem zugehörigen Paper demonstrierten Noble und seine Kollegen eine weitere mögliche Anwendung für Messungen der Genaktivität, indem sie belegten, dass sie den Todeszeitpunkt eines Organismus mit hoher Genauigkeit berechnen können. Die Bestimmung des Todeszeitpunkts ist für Kriminalermittlungen entscheidend, jedoch wird dieser häufig anhand nicht-biologischer Faktoren (wie der letzten gesendeten SMS auf dem Mobiltelefon des Opfers) ermittelt. Nach den Entdeckungen zur Post-Mortem-Genaktivierung durch Noble und seine Kollegen besteht nun eine reale Chance, den Todeszeitpunkt von Menschen zuverlässig zu bestimmen, wovon forensische Untersuchungen und Kriminalermittlungen erheblich profitieren werden. „Diese Studie zeigt, dass wir viel über das Leben lernen können, indem wir den Tod erforschen“, merkte Noble abschließend an.

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