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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Neue Studie beweist: Tageszeit beeinflusst Anfälligkeit für Infektionen

Eine EU-finanzierte Forschung hat herausgefunden, dass wir zu bestimmten Tageszeiten anfälliger für Infektionen sind, da unsere innere Uhr die Replikationsfähigkeit von Viren und deren Verbreitung in den Zellen beeinflusst.

Die Erkenntnisse stammen aus dem METACLOCK-Projekt an der Universität Cambridge und wurden am 15. August in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht. Sie könnten erklären, weshalb Schichtarbeiter, deren innere Uhr routinemäßig gestört wird, anfälliger für gesundheitliche Probleme einschließlich Infektionen und chronische Krankheiten sind. Nach der Ansteckung mit einem Virus kapert dieser die Maschinerie und Ressourcen des Körpers, die er in den Zellen vorfindet, um sich zu replizieren und im ganzen Körper zu verbreiten. Jedoch stehen dem Virus nicht den ganzen Tag dieselben Ressourcen zur Verfügung, die seine Replikationsfähigkeit unterstützen. Dies geht teilweise auf unseren zirkadianen Rhythmus, unsere innere Uhr, zurück. Der zirkadiane Rhythmus steuert viele Aspekte unserer Physiologie und Körperfunktionen, angefangen bei Schlafmustern bis hin zur Körpertemperatur und von unserem Immunsystem bis hin zur Freisetzung von Hormonen. Diese Zyklen werden von verschiedenen Genen gesteuert, zu denen Bmal1 und Clock gehören. Um zu testen, ob der menschliche Körper zu bestimmten Tageszeiten anfälliger für eine Infektion ist, verglichen die Forscher aus Cambridge normale Mäuse des Wildtyps, die zu unterschiedlichen Tageszeiten mit dem Herpesvirus infiziert wurden, indem sie das Maß der Virusinfektion und seine Verbreitung im Körper maßen. Die Mäuse lebten in einer kontrollierten Umgebung mit 12 Stunden Tageslicht und 12 Stunden Dunkelheit. Die Forscher stellten fest, dass die Virusreplikation in den infizierten Mäusen, sehr früh zu Tagesbeginn (d. h. bei Sonnenaufgang, wenn die Ruhephase dieser Nachttiere beginnt) zehn Mal höher war, als bei Mäusen, die in der zehnten Tagesstunde infiziert wurden, wenn sie in ihre aktive Phase übergehen. Bei einer Wiederholung des Versuchs mit Mäusen, denen das Bmal1-Gen fehlte, stellten die Forscher hohe Virusreplikationswerte unabhängig vom Zeitpunkt der Infektion fest. „Der Zeitpunkt der Infektion kann einen wesentlichen Einfluss darauf ausüben, wie anfällig wir für eine Krankheit sind oder zumindest für die virale Replikation. Das bedeutet, dass eine Infektion zur falschen Tageszeit eine sehr viel schwerwiegendere Infektion zur Folge haben könnte“, kommentierte Professor Akhilesh Reddy, Seniorautor der Studie. „Das entspricht auch neuesten Studien, in denen gezeigt wurde, dass die Tageszeit, zu der eine Grippeimpfung erfolgt, deren Wirksamkeit beeinflussen kann.“ Außerdem stellte die Forschungsgruppe eine ähnliche tageszeitabhängige Variation der Virusreplikation in individuellen Zellkulturen fest, die nicht vom Immunsystem beeinflusst wurden. Die Abschaffung des zellulären zirkadianen Rhythmus verstärkte sowohl Infektionen mit Herpes- als auch Influenza A-Viren, einem ganz anderen Virentyp (dem sogenannten RNA-Virus), der auf eine völlig andere Art und Weise als Herpes infiziert und sich repliziert. „Jede Zelle im Körper besitzt eine innere Uhr, mit der diese die Zeit erfasst und die täglichen Veränderungen in unserer Umgebung voraussieht“, sagte Erstautorin Dr. Rachel Edgar. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die innere Uhr in jeder Zelle bestimmt, wie erfolgreich sich ein Virus replizieren kann. Bei Unterbrechung der inneren Uhr in Zellen oder bei Mäusen stellten wir fest, dass der Zeitpunkt der Infektion keine Rolle mehr spielte - in allen Fällen war die Virusreplikation immer hoch.“ Anhand dieser Ergebnisse wies die Forschungsgruppe darauf hin, dass Schichtarbeiter, die mehrere Nächte hintereinander arbeiten und in den anderen ruhen, sehr wichtige Kandidaten für die jährliche Grippeimpfung seien. Wie beim Tageszyklus unterläuft die Aktivität von Bmal1 auch einer jahreszeitlich bedingten Variation, wobei das Gen in den Wintermonaten weniger aktiv ist und diese Aktivität im Sommer erhöht. Diese Tatsache hat die Forschungsgruppe zu der Spekulation geführt, dass das der Grund sein könnte, weshalb manche Krankheiten, wie etwa Grippe, sich in den Wintermonaten eher in der allgemeinen Bevölkerung verbreiten. Schließlich entdeckte die Forschungsgruppe auch, dass Herpesviren das molekulare Uhrwerk manipulieren können, welches die innere Uhr des Körpers steuert, wodurch sich das Virus schneller und weiter verbreiten kann. Dabei handelt es sich um einen ähnlichen Prozess wie ihn sich der Malariaparasit zunutze macht, der dafür bekannt ist, dass er seinen Replikationszyklus mit dem zirkadianen Rhythmus des Wirts synchronisiert, wodurch eine erfolgreichere Infektion möglich wird. Das METACLOCK-Projekt wurde mit ca. 2 Mio. EUR aus Mitteln des Europäischen Forschungsrats (ERC) unterstützt und endet im September 2016. Weitere Informationen finden Sie auf der: CORDIS-Projektwebsite

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