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Inhalt archiviert am 2023-04-12

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Erstmals am Computer designte Herzklappen bei Schafen implantiert

Mithilfe von Computersimulationen haben Forscher Herzklappen entwickelt, die sich regenerieren und mit dem Körper mitwachsen.

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Laut der European Society of Cardiology sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Europa. Jedes Jahr sterben hier 3,9 Millionen Menschen an Herzerkrankungen, die damit für 45 % aller Todesfälle auf dem Kontinent verantwortlich sind. Operationen zum Herzklappenersatz sind noch immer die übliche Behandlungsmethode bei Schäden oder Fehlbildungen in einer der vier Herzklappen. Doch etwa ein Drittel der Patienten bekommt innerhalb von zehn Jahren nach der Implantation Probleme und braucht oft eine erneute, möglicherweise lebensbedrohliche Korrekturoperation. Im Jahr 2009 hat ein internationales Wissenschaftlerkonsortium ein teilweise EU-finanziertes Projekt mit dem Namen LIFEVALVE ins Leben gerufen, um eine wirksamere Behandlungsstrategie für Patienten mit einer Herzklappenerkrankung zu entwickeln. Jetzt, nach Jahren der Forschung, haben sie beim Einsatz regenerativer Herzklappen für die zukünftige Behandlung von Herzpatienten deutliche Fortschritte gemacht. Mithilfe von Computersimulationen haben sie regenerative Herzklappen designt und diese erstmals erfolgreich bei Schafen eingesetzt. Ihre Ergebnisse stellen sie in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ vor. Herzklappen am Computer designen Die Herzklappen, die das Team entworfen und implantiert hat, wurden aus Kulturen menschlicher Zellen gezüchtet. Anhand von Computersimulationen konnten die Forscher Wachstum, Regeneration und Funktion der Prothesen im Tier vorhersagen. „Dank der Simulationen können wir das Design und die Zusammensetzung der regenerativen Herzklappen optimieren und maßgeschneiderte Implantate für die Therapie entwickeln“, erklärte Prof. Simon Hoerstrup von der Universität Zürich in einer Pressemeldung auf der Website der Universität. Die regenerative Medizin ist ein Forschungszweig, der sogenanntes Tissue Engineering und Molekularbiologie verbindet, um lebendes Gewebe oder Organe aus menschlichen Zellen zu erschaffen. Das Gewebe und die Organe werden genutzt, um beschädigte menschliche Zellen, Gewebe oder Organe zu reparieren oder zu ersetzen und deren normale Funktion wiederherzustellen. Solche biotechnologisch hergestellten Ersatzteile haben im Vergleich zu gängigen künstlichen Implantaten einige Vorteile. Mechanische Herzklappen zum Beispiel können zwar auf unbestimmte Zeit halten, aber die Patienten müssen ihr Leben lang Antikoagulantien einnehmen, um die Entstehung von Blutgerinnseln zu verhindern. Andererseits müssen Patienten mit (biologischen) Prothesen aus tierischem Gewebe zwar keine Antikoagulantien nehmen, doch solche Herzklappen verschleißen mit der Zeit. Außerdem neigen sie zu abnormalen Verdickungen und Kalziumablagerungen sowie Komplikationen mit dem Immunsystem. Dass gängige künstliche Prothesen sich nicht regenerieren können, ist ein weiteres ernsthaftes Problem, besonders für Kinder mit einem angeborenen Herzfehler. Da diese Prothesen weder wachsen noch sich regenerieren können, müssen die Kinder in ihrem Leben mehrere Operationen über sich ergehen lassen, um die Herzklappen in ihrem wachsenden Körper zu ersetzen. Die Prothesen, die die Forscher per Tissue Engineering herstellen können, verursachen keine Immunreaktionen und können wachsen und sich selbst regenerieren. Darum bieten sie jungen wie erwachsenen Patienten deutliche Verbesserungen in der Lebensqualität. Einige Hürden müssen allerdings noch genommen werden, bevor die Technologie in der täglichen klinischen Praxis zum Einsatz kommen kann. „Eine der größten Herausforderungen bei komplexen Implantaten wie Herzklappen besteht darin, dass jeder Patient ein individuelles Regenerationspotenzial besitzt. Es gibt daher keine ‚One fits all‘-Lösungen“, betont Hoerstrup. Die Forschung in LIFEVALVE („Living autologous heart valves for minimally invasive implantable procedures“) wird weiter fortgesetzt, um die erste mit Tissue Engineering gezüchtete Herzklappe auf den Weltmarkt zu bringen. Weitere Informationen: CORDIS-Projektwebsite

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