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Inhalt archiviert am 2023-04-13

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Wissenschaft im Trend: Werden wir Tote zum Leben erwecken können?

Wissenschaftlern ist es gelungen, einige Gehirnfunktionen bei Schweinen Stunden nach deren Tod wiederherzustellen.

Grundlagenforschung icon Grundlagenforschung

Die Definition des Todes war schon immer sehr einfach. Aber was bedeutet es, wenn der Tod nicht das Ende ist? In der Fachzeitschrift „Nature“ wurde eine bahnbrechende Studie veröffentlicht, deren Untersuchung, ob bestimmte Funktionen lange nach dem Tod wiederhergestellt werden können, die Grenzen zwischen Leben und Tod verschwimmen lässt. Sie macht der Medizin Hoffnung, wirft aber auch bioethische Fragen auf. Ab wann ist ein Tier bzw. ein Mensch tot? Ist der Tod immer noch das Ende? Wissenschaftler der Yale University konnten die Zellaktivität in 32 Gehirnen von Schweinen wiederherstellen, die vier Stunden zuvor geschlachtet worden waren. Sie platzierten die Gehirne in ein Gerät in ihrem Labor und pumpten einen eigens dafür entwickelten Blutersatz durch die Organe. Sie entwickelten das sogenannte BrainEx-System, das verwendet wird, um künstliche Nährstoffe in das Gefäßnetzwerk der Gehirne zu pumpen. Allerdings betonte das Forscherteam, dass die behandelten Gehirne keinerlei elektrische Aktivität aufwiesen, die auf Wahrnehmung, Bewusstsein oder Besinnung hindeuten würden. Die Forscher hoben hervor, dass die Gehirne nichts denken oder spüren konnten. „Der klinischen Definition nach ist dies kein lebendiges Gehirn, aber es ist ein Gehirn mit Zellaktivität“, erklärte der Mitverfasser der Studie und wissenschaftliche Mitarbeiter im Bereich Neurowissenschaften an der Yale School of Medicine Zvonimir Vrselja gegenüber „Reuters“. Im Grunde genommen waren diese Gehirne folglich immer noch tot, warum ist dieses Experiment daher so bedeutend? Es verändert das Verständnis davon, wie das Gehirn stirbt. Bislang ging man davon aus, dass der Tod schnell und unwiderruflich eintritt, sobald die Sauerstoffversorgung aufhört. Gegenüber der „BBC“ gab der leitende Wissenschaftler und Hauptautor Nenad Sestan an: „Der Zelltod im Gehirn findet über einen längeren Zeitraum hinweg statt, als wir bisher angenommen haben. Wir zeigen, dass der Vorgang des Zelltodes ein allmählicher, schrittweiser Prozess ist. Und dass einige dieser Vorgänge entweder verlangsamt, angehalten oder sogar umgekehrt werden können.“ Er fügte hinzu: „Wir wissen bisher noch nicht, ob wir imstande wären, die normale Aktivität des Gehirns wiederherzustellen.“ Infragestellung von Annahmen über Gehirnschäden bei Menschen In einem begleitenden Kommentar in der „Nature“ weisen die Bioethiker Stuart Youngner und Insoo Hyun von der Case Western Reserve School of Medicine in Cleveland darauf hin, dass, wenn solche Forschungen zu besseren Verfahren zur Wiederbelebung des menschlichen Gehirns führen würden, dies Entscheidungen über den Zeitpunkt der Entfernung von Organen zu Transplantationszwecken weiter verkomplizieren würde. Sie machen sich insbesondere Gedanken darum, was ein Lebenserhaltungssystem für Gehirne für Menschen bedeutet, die auf Organtransplantationen warten. Die beiden Bioethiker rufen zu einer gesunden Debatte über diese Fragen auf. „Unseres Erachtens nach machen die BrainEx-Studie und die darauffolgenden Forschungsbemühungen, die sie zweifelsohne anregen wird, deutlich, dass wir eine offenere Diskussion führen müssen. Eine Debatte, die – von Neurowissenschaftlern und Entscheidungsträgern bis hin zu Patienten und medizinischem Persona – alle einschließt, könnte dabei helfen, zu ermitteln, gemäß welcher Kriterien Menschen für Organspenden beziehungsweise Wiederbelebung anspruchsberechtigt sind. Solche Erörterungen können auch darauf eingehen, wie sichergestellt werden kann, dass das Thema Organspenden ohne größere Kontroversen in die Sterbebegleitung eingebunden werden kann.“ Sie schließen: „Forscher sind noch weit davon entfernt, die Strukturen und Funktionen des Gehirns bei Menschen wiederherzustellen, die man heutzutage für Tod erklären würde. Wir sind jedoch der Auffassung, dass es nicht zu früh ist, sich Gedanken darüber zu machen, welchen Einfluss dieser Forschungsbereich auf die wachsende Gruppe schwerkranker Patienten hat, die auf Nieren-, Leber-, Lungen- oder Herztransplantationen warten.“

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