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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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ERC Story - Ben Greens ansteckende Leidenschaft für die reine Mathematik

Bei Prof. Ben Green dreht sich alles um Mathematik. Auf die Frage, was den Kern der modernen Gesellschaft ausmacht, würde er wahrscheinlich die Fähigkeit der Menschheit zur Problemlösung und zur Weitergabe ihres Wissens an nachkommende Generationen nennen. Denn zu beiden diesen Punkten trägt der 37-jährige Mathematiker seinen Teil bei: Den Hauptvortrag auf dem diesjährigen Internationalen Mathematikkongress http://www.icm2014.org/ (ICM) (Seoul, Südkorea) bezeichnet er als Höhepunkt seiner Karriere. Mithilfe seines ERC-Stipendiums gibt er jetzt jungen Mathematikern die Möglichkeit, sich zu beweisen.

An der Universität Oxford (Vereinigtes Königreich) trifft man Prof. Green mit größter Wahrscheinlichkeit gerade bei der Arbeit an seinem durch ERC-Mittel geförderten Forschungsprojekt ASS ('Approximate Algebraic Structure '). Darin befasst er sich mit der Frage, was passiert, wenn die Axiome, die zur Definition verschiedener mathematischer Objekte wie Gruppen (eine Menge von Elementen und einer Operation, die bestimmte Bedingungen erfüllen) oder Polynome (Ausdrücke bestehend aus Variablen und Koeffizienten) verwendet werden, abgeschwächt werden und sogenannte 'approximierte' Varianten dieser Objekte bilden. Dieses für Laien wahrscheinlich unverständliche Problem ist der Schlüssel zu wichtigen mathematischen Rätseln, etwa für die Berechnung von Primzahlen, und findet verschiedene Anwendungen. Prof. Green interessiert sich aber für das Problem selbst – so wie bei jeder anderen mathematischen Denkaufgabe, die er sich im Laufe seiner Karriere gestellt hat. Das größte Lob 'Ich bin ein Vollblut-Mathematiker und mich reizen schöne und natürliche mathematische Fragestellungenmehr als deren konkrete Anwendung. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass auf diese Weise erlangte mathematische Erkenntnisse später sehr weitreichende und wichtige Anwendungsmöglichkeiten fanden, obwohl ich nicht glaube, dass reine Mathematiker dadurch motiviert werden. Innerhalb der reinen Mathematik bin ich eher der Problemlöser als der Theoretiker, obwohl aus der gemeinsamen Arbeit mit Terence Tao und anderen Wissenschaftlern eine recht große Theorie entstanden ist', erklärt er. Terence Tao ist ein langjähriger Mitarbeiter von Prof. Green, der für seine Arbeit erst kürzlich mit dem Breakthrough Prize 2014 ausgezeichnet wurde, gestiftet von einem gewissen Mark Zuckerberg und anderen Großindustriellen. Ist das die größte Belohnung? 'Ich habe mich sehr für Terence gefreut. Ich denke, eines der wichtigsten Ziele dieses Preises ist, die besten Mathematiker für ein breiteres Publikum sichtbar zu machen. Hoffentlich erhält die Mathematik selbst – und nicht nur die Persönlichkeit des Gewinners – dadurch mehr Sichtbarkeit". Ben Green gehört zu den Mathematikern, für die die Anerkennung ihrer Arbeit zu den wichtigsten Belohnungen gehört. Für ihn ist sein Vortrag auf dem Mathematikkongress am 19. August eine große Ehre. Und angesichts der Liste der vorangegangenen Hauptredner, auf der sich einige der berühmtesten Mathematiker des 20. Jahrhunderts finden, kann man dem nur zustimmen. 'Jemand hat mir mal gesagt, dass man als Mathematiker in der Regel für die Bewunderung und den Neid einer Handvoll von Kollegen arbeiten würde. Darin steckt schon ein Quäntchen Wahrheit: wenn meine Arbeit von anderen Mathematikern wohlwollenden aufgenommen wird, ist das die bedeutungsvollste Form des Lobes für mich', so Prof. Green. Den Stab weitergeben Es gibt jedoch noch eine andere Leistung, die den ausgezeichneten Mathematiker motiviert: das Interesse an der Mathematik zu schüren und jungen Mathematikern zum Durchbruch zu verhelfen. Er hat verschiedene öffentliche Vorträge vor einem allgemeinen Publikum gehalten und sein 'AAS'-Stipendium vom ERC etwa ist vor allem für die Förderung von Postdoktoranden gedacht. 'Stipendien von Organisationen wie dem ERC erlauben es uns, hochqualifizierte Leute nach Europa zu holen und hier arbeiten zu lassen', hebt Prof. Green hervor. Mit 'AAS' hat der Mathematiker ein ganzes Team nach Oxford gebracht und erfreut sich nun der Vorteile, die ein Austausch mit Gleichgesinnten im Hinblick auf schnelle Fortschritte bringt. Einige der Teammitglieder waren in ihrer kurzen Karriere bereits sehr erfolgreich. 'Unsere Studenten können mit den Besten auf der ganzen Welt Schritt halten. Und möglicherweise fördert unser Bildungssystem unter anderem Unabhängigkeit und Kreativität, Eigenschaften, die woanders in der Welt möglicherweise nicht so stark gefördert werden und die sicherlich auch nicht so leicht messbar sind', ist er überzeugt. Während manche politischen Entscheidungsträger die 'geringen Leistungen' der Studierenden in Mathematik bedauern, ist er der Ansicht, dass dieses Gebiet eine vielversprechende Zukunft haben wird, vorausgesetzt, dass es sich den Herausforderungen stellt. 'Mathematik hat bereits ein sehr gute Sichtbarkeit in den Medien und es ist sehr ermutigend, verschiedene gut geschriebene Artikel und Vorträge für ein allgemeines Publikum zu sehen. Doch wir sind noch weit davon entfernt, dass die Rolle der Mathematik als Grundlage für die meisten Bereiche des modernen Lebens allgemein anerkannt wird. Große Teile der Medien und der Öffentlichkeit denken immer noch, dass Mathematiker so etwas wie 'Cracks' sind, die ganz im Geheimen an Dingen arbeiten, die sonst niemand verstehen kann', beklagt Prof. Green. Um die Lage zu verbessern müssten seiner Meinung nach zunächst die Lehrer mehr geschätzt werden – durch bessere Bezahlung, weniger bürokratische Hindernisse für ihre Arbeiten und mehr Gestaltungsmöglichkeiten für ihren Lehrplan. Dies soll sie schließlich befähigen, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren: Neigungen aufzudecken und Talente zu fördern. Zum letzten Punkt hat Prof. Green auch einen Ratschlag – oder eher eine Forderung: 'Hart arbeiten! Versuchen, sich so früh wie möglich in der Forscherkarriere auf ein Problem zu stürzen, statt sich Jahre lang mit Hintergrundliteratur zu befassen. Es muss (und sollte tatsächlich) keine besonders bekannte Fragestellung sein, sondern eine für die man sich selber interessiert'. Projektdetails Forschungsbereich: Mathematik (PE1) Hauptforscher: Ben Green Gasteinrichtung: Universität Oxford (Vereinigtes Königreich) ERC-Projekt: ‘Approximate algebraic structure and applications’ (AAS) ERC-Aufruf: Starting Grant 2011 (Finanzhilfe für Nachwuchsforscher 2011) ERC-Finanzierung: 1,88 Millionen EUR auf fünf Jahre Website des Forschers