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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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TRANSFORMATIONSOPTIK Wie man unsichtbar wird: Die wissenschaftliche Basis hinter der Fiktion

Die Idee der Unsichtbarkeit klingt wie aus einem Science-Fiction-Film: könnte eine neue Studie nun aus Fiktion Wissenschaft machen? Das Ziel der ERC-finanzierten Studie von Professor Leonhardt ist es, Zusammenhänge zwischen abstrakten theoretischen Konzepten aus Geometrie und Relativitätsforschung und ihren praktischen Auswirkungen in den Bereichen Materialwissenschaften bis hin zur Photonik zu enthüllen. Die Studie wird der Öffentlichkeit auf der TEDx-Konferenz in Brüssel am 1. Dezember präsentiert.

Die Ideen hinter der Wissenschaft der Unsichtbarkeit scheinen aus einer fantastischen Welt jenseits des Labors zu stammen. Die Methoden jedoch, mit denen das Konzept untersucht werden soll, sind gar nicht so komplex. Prof. Leonhardts Arbeit untersucht die praktischen Aspekte der Unsichtbarkeit und greift dabei auf modernste optische Methoden zurück, mit tief greifenden Auswirkungen auch auf die Relativitätstheorie. Wissenschaft im Alltag Die Studie untersucht die Verbindung zwischen Geometrie und Optik, etwa die Raum/Zeit-Krümmung. Diese Form der High-Impact-Physik scheint zwar nichts mit dem täglichen Leben zu tun zu haben, aber die gleichen physikalischen Phänomene kommen auch bei der Optik von Lupen oder der Verzerrung von Objekten unter Wasser zum Tragen. Am besten lässt sich das Konzept beschreiben, wenn man sich Fische im Aquarium vorstellt. Man sieht den Fisch an einer anderen Stelle als er tatsächlich ist, da Wasser das Abbild verzerrt. Unsere Raumwahrnehmung wird durch Wasser verändert, da die Wahrnehmung davon abhängt, wie das Licht in den veränderten Raum einfällt. Das Forscherteam testete diese Diskrepanz bis ins Extreme, um die Grenzen auszuloten und neue und interessante Ideen zu entwickeln. Die Grundlagen der Wissenschaft Die Geheimnisse der Optik faszinieren Wissenschaftler seit mehr als tausend Jahren. Sie bildeten die Grundlage für eine Studie zu neuen Technologien an der Schnittstelle zwischen Physik und Optik. Neben diesen theoretischen Überlegungen befasst sich Prof. Leonhardt auch mit möglichen Anwendungen in der Praxis: zum Beispiel der Schärfe und Auflösung von bildgebenden Verfahren und Anwendungen in der Quantenphysik. Von besonderem Interesse für dieses Projekt sind die in einem Quantenvakuum wirkenden Kräfte. Obwohl diese Konzepte abstrakt scheinen, erklärt Prof. Leonhardt, dass Vakuum etwas ist, das wir auch im Alltag erleben: " Diese Kräfte wirken schon bei einem Parkschein auf der Windschutzscheibe. Beide Oberflächen sind elektrisch neutral, ziehen sich aber dennoch gegenseitig an. Derartige Kräfte sind besonders für mikromechanische Geräte relevant, da sie dazu führen können, dass Maschinenteile blockieren. Unsere Arbeit sollte die Entwicklung reibungsarmer Systeme unterstützen. Das Quantenvakuum beeinflusst auch das Partikelverhalten am Ereignishorizont (Grenzfläche in der Raumzeit), nur auf kosmologischer Ebene. Diese Forschung könnte dazu beitragen, die Geheimnisse der Dunklen Energie zu enthüllen, der abstoßenden und hochenergetischen, aber noch kaum erforschten Kraft im Universum." Der Reiz der Optik Prof. Leonhardts derzeitiges Forschungsvorhaben begann vor fünfzehn Jahren mit einer Vorlesung zur allgemeinen Relativitätstheorie. Die Details hierzu waren neu und inspirierten ihn, über die Lehrmethodik nachzudenken und Zusammenhänge zwischen dem, was er lehrte und seinem Fachwissen im Bereich Optik genauer zu erkunden. Dieses Projekt soll unser Verständnis von der Welt sowohl im kleinen wie auch im kosmologischen Maßstab erweitern. Prof. Leonhardt betont, dass sich der ERC mit seiner Finanzierung von Pionierforschung für " Ideen engagiert, die zwar unglaublich klingen, aber eingehender verfolgt werden sollten. Denn wenn sie richtig sind, sollten sie ernst genommen werden, wie merkwürdig sie auch immer sein mögen. Das wichtigste ist, was uns diese Dinge lehren." Die Welt außerhalb des Labors Prof. Leonhardts Forschung ist sehr kreativ, die Werkzeuge hingegen sind technisch kaum etwas Besonderes. Er glaubt, dass auch deswegen das Publikum auf der TEDx besonders auf ihn anspricht, und argumentiert, dass die Öffentlichkeit " für Pionierforschung begeistert werden kann, ohne dass diese unbedingt als solche deklariert werden muss. Vor allem sollte klar werden, dass Forschung Zeit braucht. Man muss nicht immer gleich über mögliche Anwendungen nachdenken, obwohl man das im Zuge der Forschung natürlich machen wird. Wenn wir keine Pionierforschung betreiben, bleibt es bei der Weiterentwicklung bereits existierender Technologien. Und dann könnten uns sogar die Ideen ausgehen ." Bei seiner Auswertung der TEDx-Konferenz betont Prof. Leonhardt, dass eine solche Informationsveranstaltungen von entscheidender Bedeutung ist, da Forschung " staatlich gefördert wird und die Öffentlichkeit wissen sollte, wohin das Geld geht – vor allem, dass es nicht verschwendet wird und weitere interessante Ideen und Anwendungen generiert." Die ERC-Förderung ist auf den einzelnen Forscher ausgerichtet, was, wie Prof. Leonhardt argumentiert, auf ideale Weise Ideen und Kreativität fördert. Flexibilität ist vor allem für eine Wissenschaft von Belang, wo per Definition alle Möglichkeiten offen sind. Inspiriert auch von der Wechselwirkung zwischen phantastischer Literatur, Wissenschaft und Musik, vergleicht er seine Wissenschaft mit einem Orchester, "in dem sowohl der Dirigent als auch die einzelnen Musiker zusammenarbeiten müssen, um ein Stück aufzuführen." Der Vortrag von Prof. Leonhardt findet am 1. Dezember um 14:15 Uhr (BOZAR, Salle Henry Le Boeuf) statt.

Schlüsselbegriffe

TRANSFORMATIONSOPTIK, Unsichtbarkeit, Photonik, Optik, Quantenvakuum

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