Neue bioelektronische Sonde analysiert Hirnfunktionen
Die Kostensenkung bei der Behandlung neurologischer Erkrankungen gehört zu den Prioritäten in der Forschung. Mit der Erforschung grundlegender Mechanismen der Hirnfunktion konnten neue Erkenntnisse zu den Ursachen von Funktionsstörungen im Gehirn enthüllt werden. Das für die Diagnose und Behandlung nötige Wissen ist jedoch aufgrund der komplexen Wechselwirkungen zwischen ionischer und biomolekularer Kommunikation in den stark verknüpften neuronalen Netzen begrenzt. Die hochmodernen implantierbaren biomedizinischen Gehirnsonden können bislang nur lokale elektrische Feldpotenziale messen, eine Medikamentenabgabe war hingegen nicht möglich. Wegen der schlechten Biokompatibilität wird zudem die Narbenbildung im Hirngewebe gefördert. Das EU-finanzierte Projekt "Organic bio-electronic neural probe for in vivo molecular sensing and stimulation" (BIOPROBE)(öffnet in neuem Fenster) entwickelt eine neue Generation von dauerhaft implantierbaren Sonden mit Multisensoraufnahme und chemischer Stimulation zur lokalen Freisetzung von Medikamenten, was den Zugang zum Nervensystem deutlich verbessern wird. BIOPROBE verwendet organische elektronische Materialien und Systeme, da sie meist kostengünstiger in der Herstellung sind und ihre Eigenschaften chemisch eingestellt werden können. Da sie weich, flexibel und durchlässig für Ionen sind, können diese Materialien die Signaltransduktion und Zellstimulation auf der biologischen Oberfläche deutlich verbessern. Für die Ableitung neuronaler Signale wurden organische elektrochemische Transistoren (OECT) eingesetzt, die sich kürzlich als empfindliche Biosensoren für Stoffwechselprodukte wie Glucose bewährt haben. Organische elektronische Ionenpumpen stimulieren auf biochemischem Wege Neuronen und ermöglichen dadurch eine räumlich und zeitlich exakte Kontrolle. Schwerpunkte der Projektaktivitäten waren die Konstruktion und Herstellung der eigentlichen Sonden, die Optimierung und Auswertung der einzelnen lokalen Ableitung und Systeme für die Ionenabgabe. Auf diese Weise ist eine In-vivo-Überwachung der neuronalen Aktivität mit gleichzeitiger Stimulation möglich. Intensiv widmete man sich Machbarkeitsstudien für die Sonde sowohl in vitro als auch in vivo. Der Fokus lag auf der Kultivierung von Ratten-Hippocampus-Neuronen auf der Oberfläche der Sonde, Aufnahmen mit Hippocampusschnitten und In-vivo-Tests der OECT-Sonden an Rattenmodellen für Epilepsie. Das innovative biomedizinische Forschungssystem von BIOPROBE wird für die Neurowissenschaften von großer Bedeutung sein und neue Therapien für viele bislang kaum behandelbare Gehirnerkrankungen ermöglichen.
Schlüsselbegriffe
Bioelektronisch, neuronale Aktivität, Gehirnfunktion, neuronale Sonde, molekulare Detektion
