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Inhalt archiviert am 2024-06-18
Modelling Inhabited Spaces of the Ancient Mediterranean Sea

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Rekonstruktion menschlicher Aktivität im Mittelmeerraum zur Zeit der Antike

Forscher haben ein einzigartiges geografisches Informationssystem entwickelt, um 871 Schiffswracks im Mittelmeer zu untersuchen. Mit den Ergebnisse wurden Modelle der Gebiete erstellt, in denen jedes Schiff gefahren ist. Diese gehen bis ins 1. Jahrhundert vor Christus zurück.

Die Interpretationsmethodologie im Bereich der Meeresarchäologie zeichnet sich generell durch die Anwendung normativer Identitäten auf Schiffswracks, bspw. „griechisch“ oder „chinesisch“, und die singuläre Interpretation von Wrackansammlungen aus. „Byzantinische“ Wracks werden im Kontext der byzantinischen Geschichte untersucht und nicht über einen Korpus analogen Wrackmaterials. Diese Tendenzen wirken sich auf Projekte aus, da Stätten, die eine bekannte – und spannende – Geschichte aufweisen, mit höherer Wahrscheinlichkeit unterstützt werden. In vergleichbarer Weise wird in der UNESCO-Konvention zum Schutz des Unterwasser-Kulturerbes aus dem Jahr 2001 eine nachweisbare Verbindung zwischen dem Unterwasser-Kulturerbe und modernen Ursprungsstaaten erwähnt’. Das MISAMS-Projekt (Modelling inhabited spaces of the ancient Mediterranean Sea) stellte diesen Ansatz in Frage, indem demonstriert wurde, dass es in der Disziplin keine gemeinsame und explizite Methodologie gibt, die auf normative Identitäten angewandt werden kann und dass die Identitäten für sich genommen subjektiv und fließend sowie nicht zuverlässig und konsistent anwendbar sind. Durch Zurückgreifen auf Trends im Bereich der sozialen Geographie und die Möglichkeit, große Datensätze georeferenzierten Materials zu analysieren, wurde im Zuge des MISAMS-Projekts alternativ die Annahme verfolgt, dass es sich beim Mittelmeer um eine bewohnte Landschaft handelt und dass Ansammlungen am Meeresboden ein wesentlicher Nachweis zu der Gesellschaft sind, die in dieser Region gelebt hat. Durch Anwendung eines einzigartigen GIS-Protokolls auf 871 Wrack-Ansammlungen wurde im Zuge des MISAMS-Projekts das Wassereinzugsgebiet zu jeder Ansammlung definiert. das Einzugsgebiet wiederum stellte den Bereich dar, in dem das Schiff höchstwahrscheinlich während seiner Dienstzeit operierte. Das Übereinanderlegen (Superimposing) aller polygonalen Einzugsgebiete über GIS-generierte Aktivitätenmuster ermöglichte eine Entzifferung auf verschiedene Weisen. Zum einen kann über das GIS die unterschiedliche räumliche Polgyondichte hervorgehoben werden, die Bereiche mit stärkeren und geringeren Aktivitäten ausweisen. Zum anderen beschreiben farbkodierende Regionen des Einzugsgebiets im Mittelmeer (westliches Mittelmeer in rot; Adria in schwarz; Ägäis in blau und das östliche Mittelmeer in grün) die Aktivität. Falls ein Einzugsgebiet einer Wrackansammlung ausschließlich Elemente aus dem Agäischen Meer beinhaltet, erscheinen alle Polygone blau; die Polygone stehen für „lokale“ Aktivitäten in einem panmediterranen Maßstab. Falls das Einzugsgebiet Material vom Adriatischen Meer und dem Ägäischen Meer aufweist, dann werden schwarz und blau entsprechend dem Anteil des Materials in der Ansammlung selbst kombiniert. Dieses dunkelblaue Polygon, das sich zwischen zwei Meeren erstreckt, steht für einen interregionalen Austausch und interregionale Aktivitäten. Das sich ergebende Bild zeigt die Aktivität im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung auf. Die MISAMS-Resultate ermöglichen eine Modellierung dazu, wie Schiffe im Zuge des Aufbaus der maritimen Mittelmeerregion verwendet wurden. Anstatt das Meer zu überqueren, operierten die Schiffe in kleineren Aktivitätsregionen. Vorausgehend hatten Forscher ähnliche Ideen zu lokalisierten Bewegungen vertreten, die MISAMS-Ergebnisse schaffen allerdings konkrete Ergebnisse auf einer Hundertjahresskala. Die Resilienz dieser maritimen Region trotz umfassender politischer, wirtschaftlicher oder religiöser Veränderungen an Land wurde ebenfalls offenbar. Außerdem war es möglich, zu bestimmen, inwiefern durch natürliche und künstliche Landmarken Meeresräume abgesteckt wurden. Die Skalierbarkeit und Übertragbarkeit dieses Ansatzes unterstützt schließlich eine Anwendung auf andere Meere der Welt. Dieser Ansatz ist von Bedeutung, da er einen wichtigen Schritt für die Entkopplung maritimer archäologischer Daten aus den textuellen Narrativen darstellt, die Deutungskontexte schaffen. Archäologen steht nunmehr eine Methode zur Verfügung, welche auf den Maßstab und Umfang maritimer archäologischer Datensätze zurückgreift und welche dieser Disziplin eine erhöhte Unabhängigkeit und Resilienz verleiht.

Schlüsselbegriffe

Meeresarchäologie, Geographische Informationssysteme (GIS), Meereslandschaften, Mittelmeer, History of Archaeological Thought

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