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Chemical and photochemical dynamics of reactions in solution

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Wegweisende Aufnahmen von Molekülen liefern Aufschluss über chemische Reaktionen in Flüssigkeiten

Im EU-geförderten CAPRI-Projekt wurden mit ultrakurzen Laserimpulsen detaillierter als je zuvor die Mechanismen untersucht, die hinter chemischen Reaktionen von Flüssigkeiten stehen. Dank dieses Erfolgs könnte die chemische Industrie effizienter und umweltfreundlicher werden.

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Obwohl viele der wichtigsten chemischen Prozesse (sowohl bei Lebewesen als auch in der Industrie) in Flüssigkeiten ablaufen, wurden chemische Reaktionen bisher meist anhand von Gasen untersucht. Aufgrund der ständigen Bewegung der Moleküle des Lösemittels sowie der hohen Reaktionsgeschwindigkeit war es bislang sehr schwer, Reaktionen zwischen Molekülen von Flüssigkeiten bei der chemischen Synthese akkurat zu beobachten – in Billionstelsekunden können Bindungen aufgebrochen und neue gebildet werden. Im EU-geförderten Projekt CAPRI wurden mithilfe von Laserimpulsen – die kürzer als die Kollisionsintervalle der Moleküle waren – erfolgreich Bilder von chemischen Reaktionen in Flüssigkeiten aufgenommen, deren Detailgenauigkeit unübertroffen ist. Durch Kombination dieser Bilder und unter Anwendung von Computersimulationen konnte das Team Schritt-für-Schritt-Visualisierungen erstellen. In der führenden wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Scientific American" wurde der Ansatz des Teams als "weltbewegende Idee" gewürdigt. Als er die Motivation hinter CAPRI beschreibt, erinnert sich der Projektkoordinator Professor Andrew Orr-Ewing: "Zum Teil waren wir einfach nur neugierig, da noch weitgehend ungeklärt ist, was mit reagierenden Molekülen geschieht, die in einer Flüssigkeit gelöst sind. Andererseits war uns auch bewusst, dass die meisten chemischen Reaktionen, die in Forschungslaboren und der Industrie eine Rolle spielen, flüssige Lösemittel erfordern." Schnappschüsse von Pikosekunden Die Projektforscher untersuchten die Moleküle mit Absorptionsspektroskopie. Mithilfe von ultrakurzen Laserimpulsen (im infraroten oder ultravioletten Frequenzbereich) maßen sie, wie viel Licht verschiedener Wellenlängen von den kurzlebigen Zwischenprodukten absorbiert wird, die im Lauf der Reaktion aus den Ausgangsstoffen entstehen und anschließend weiter zu den Endprodukten reagieren. "Wir maßen diese nur kurz vorhandenen Spektren mit unterschiedlicher Zeitverzögerung, um den Auf- und Abbau der Zwischenprodukte nachvollziehen zu können", erläutert der Professor. "Diese Spektren lieferten Aufschluss über die Reaktionswege und die Bewegungen der Moleküle während der Reaktion." Die Versuche wurden mit geläufigen Lösemitteln durchgeführt, darunter Wasser, Deuteriumoxid (D2O), Acetonitril, Chloroform und Dichlormethan. In CAPRI wurden auch die weniger gängigen flüssigen Perfluorcarbone erforscht, die chemisch inert sind und nur schwach mit gelösten Molekülen interagieren, damit jedoch ermöglichen, deren Verhalten detailliert zu untersuchen. "Die Experimente waren wegweisend", fasst Professor Orr-Ewing zusammen, "weil wir mit ihnen erstmals zeigen konnten, dass die Reaktionen in Lösungen eines Tages möglicherweise ähnlich detailliert untersucht werden können wie Reaktionen isolierter Moleküle in der Gasphase. Was uns überraschte, war, dass Reaktionen in Lösungen nicht einfach mit Statistiken modelliert werden können, welche vorhersagen, was mit der überschüssigen Reaktionsenergie geschieht. Hier waren die Erkenntnisse aus den praktischen Versuchen entscheidend!" Vision einer effizienteren und umweltfreundlicheren Chemieindustrie Dank CAPRI werden die in chemischen Reaktionen auftretenden Energieflüsse nun besser verstanden. Neue chemische Reaktionswege wurden nachvollzogen, darunter auch die Art und Weise, auf die Moleküle überschüssige Energie aus absorbierter ultravioletter Strahlung abgeben, um nicht beschädigt zu werden. Über das grundlegende Forschungsziel des CAPRI-Projekts hinaus werden sich die gewonnenen Erkenntnisse auch für die synthetische und industrielle Industrie als nützlich erweisen. Durch die Ergebnisse werden bessere Simulationen möglich, von denen verschiedene Bereiche profitieren werden, darunter die Medikamentenentwicklung. Außerdem werden Feinchemikalien und Arzneistoffe dank des CAPRI-Projekts bald möglicherweise besser verarbeitet werden können, etwa durch die Anwendung von Durchflussverfahren in photochemischen Reaktoren, die kostengünstige und effiziente Lichtquellen wie z. B. LEDs nutzen. Nicht zuletzt werden die Ergebnisse auch dazu beitragen, den Chemiesektor umweltfreundlicher zu gestalten. "Wir verfolgen diese Strategie, um die Reaktionen besser zu verstehen, die in der synthetischen organischen Chemie sowie für Chemiker von Bedeutung sind, die mit katalytischen Zyklen arbeiten, welche durch Lichtabsorption ausgelöst werden", führt der Professor aus. Die Forscher weiten ihre Arbeit nun aus, da sie komplexere Molekülsysteme sowie bestimmte Phänomene untersuchen möchten. Beispielsweise möchten sie klären, wie Moleküle, die im Bereich der Biologie von Bedeutung sind, mit ultraviolettem Licht wechselwirken und photochemische Schäden vermeiden.

Schlüsselbegriffe

CAPRI, chemische Reaktionen von Flüssigkeiten, Lösemittel, Pikosekunde, umweltfreundliche Chemie, Lösemittelmoleküle, kurzlebiges Zwischenprodukt, Laserimpulse, Absorptionsspektroskopie, Arzneimittel, katalytische Zyklen, Durchflussverfahren, ultraviolett

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