Potocnik fordert einen "Pakt für Wissen und Wachstum" in Ergänzung zum Stabilitätspakt
In seiner ersten öffentlichen Rede als neuer Kommissar für Wissenschaft und Forschung rief Janez Potocnik zu einer Neubelebung des Engagements für Forschung, Innovation und Bildung auf, um die derzeitige Lücke im Hinblick auf das Erreichen der Ziele von Lissabon zu schließen. In diesem Zusammenhang stellte der Kommissar die Vision eines "Pakts für Wissen und Wachstum" vor, der als ein dem Pakt für Wachstum und Stabilität vergleichbarer und gleichzeitig komplementärer Mechanismus gedacht sei. "Während es bei letzterem darum geht, die wirtschaftliche Stabilität und finanzielle Disziplin zu gewährleisten, sollen über ersteren geeignete Bedingungen und Anreize für [eine] ausreichende FuE-Finanzierung [Forschung und Entwicklung] sichergestellt und damit das Wirtschaftswachstum neu angekurbelt werden", erklärte Potocnik auf der Portoroz Business Conference am 24. November in Slowenien. Der Pakt für Wissen und Wachstum soll nach Aussage des Kommissars eine "begrenzte Zahl quantitativer Ziele" umfassen, zu deren Erreichung sich die EU und ihre Mitgliedstaaten innerhalb eines spezifischen zeitlichen Rahmens verpflichten. Die zum Erreichen dieser Ziele eingeleiteten Initiativen sollen ressortübergreifend angelegt sein und sich unter anderem auf Bereiche wie Forschung, Bildung, Industriepolitik, Binnenmarkt, Justiz und Innenpolitik erstrecken. Diese Maßnahmen würden gemäß EU-Recht und im Rahmen einer neu gestalteten offenen Koordinierungsmethode umgesetzt und unter dem Siebten Forschungsrahmenprogramm (RP7) sowie dem vorgeschlagenen neuen Rahmenprogramm für Innovation finanziert, wie in den kürzlich veröffentlichten finanziellen Perspektiven der Kommission dargelegt. Unter neuerlicher Bezugnahme auf die derzeit bestehenden EU-Ziele führte Potocnik aus, was seiner Auffassung nach getan werden sollte, um das Ziel von Barcelona zu erreichen, die Forschungsinvestitionen bis 2010 auf drei Prozent des BIP zu erhöhen. "Natürlich muss der Großteil der im Barcelona-Ziel vereinbarten Forschungsinvestitionen von der Industrie getätigt werden. [...] Dennoch sollten wir die zentrale Rolle öffentlicher Investitionen in FuE nicht unterschätzen, denn Länder mit hohen FuE-Investitionen der öffentlichen Hand weisen häufig auch hohe Investitionen vonseiten der Privatwirtschaft auf", erläuterte er. Der Kommissar betonte, dass der Forschritt im Hinblick auf das Ziel von Barcelona in erster Linie von den Maßnahmen der Mitgliedstaaten abhänge und dass das Vorhandensein quantitativer Ziele in den meisten Ländern nicht ausreiche. "Die Ziele der Mitgliedstaaten werden häufig nicht in die Tat umgesetzt, politische Maßnahmen werden nur schrittweise oder anders als geplant umgesetzt und die Anstrengungen und Bestrebungen insgesamt sind nicht kompatibel mit dem Drei-Prozent-Ziel von Barcelona", warnte er. "Wir müssen sofort aktiv werden, wenn wir die verlorene Zeit aufholen wollen. Der Vorschlag der Kommission, das Budget für das nächste Rahmenprogramm zu verdoppeln, ist ein eindeutiges Signal an die Mitgliedstaaten hinsichtlich des Umfangs der Veränderungen, die nun erforderlich sind." Die Kommission plant bereits die Einführung verschiedener Initiativen zur Mobilisierung höherer öffentlicher und privater Forschungsinvestitionen, unter anderem Steueranreize, ein Garantieprogramm im RP7 für den Zugang zu einer Finanzierung über die Europäische Investitionsbank für große europäische Forschungsprojekte und den Ausbau der Rolle von Stiftungen und vergleichbaren Institutionen bei der Finanzierung von FuE in Europa. "Das aktuelle Defizit hinsichtlich der Lissabon-Strategie erfordert neue und entscheidende Maßnahmen, um wieder auf Kurs zu kommen. Die Entscheidungen über die Struktur des EU-Haushalts in den nächsten finanziellen Perspektiven werden klar und deutlich Aufschluss darüber geben, [ob] uns der Ernst der Lage bewusst ist", schloss Potocnik seine Rede.