Potocnik spricht über Beziehungen zwischen Wissenschaft und Politik
Der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung Janez Potocnik hat bei der ersten Weltkonferenz zur Zukunft der Wissenschaft seinen Standpunkt über die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Politik dargelegt. Seiner Ansicht nach bilden diese Beziehungen das Kernstück der Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Zu Beginn seiner Rede, die stärker von philosophischen Ansätzen geprägt war als die meisten seiner bisherigen Ansprachen, hob der EU-Kommissar hervor, in welch dramatischer Weise sich der Rahmen des menschlichen Handelns erweitert hat. Denn wissenschaftliche Fortschritte in den Bereichen Kerntechnologie, Biotechnologie und Nachhaltigkeit hätten vollkommen neue Felder für die öffentliche Debatte und die Politik erschlossen. Im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Politik hob Potocnik drei Schlüsselfaktoren hervor, die seines Erachtens "teilweise widersprüchlich" sind. Von der Politik werde einerseits erwartet, dass sie die Unabhängigkeit der Wissenschaft schützt. Andererseits solle sie angesichts des Einflusses wissenschaftlicher Fortschritte auf die Lebensqualität und das Wirtschaftswachstum jedoch Innovation fördern. Und drittens sei die Wissenschaft zwar nicht ambivalent, sie könne jedoch zugleich Teil des Problems und Teil der Lösung sein. "Daher wird von der Politik erwartet, dass sie [...] die Wissenschaft vor sich selbst schützt und in den Dienst der Gesellschaft stellt", folgerte der EU-Kommissar. "Die ersten beiden Erwartungen sind teilweise widersprüchlich", so Potocnik. "Denn während einige keine Einmischung wünschen, fordern andere Unterstützung. [...] Die dritte Erwartung verlässt die eindimensionalen Vorstellungen über Wahrheit und Fortschritt, denn sie beruht auf der Erkenntnis der Ambivalenz von Wissenschaft und Technik [...]. Sie werden mit mir übereinstimmen, dass mit diesem komplexen Beziehungsgeflecht auf möglichst pragmatische Art und Weise umgegangen werden muss." Die EU versuche, diese Konfliktfaktoren zwischen Wissenschaft und Politik durch einen "pragmatischen Ansatz zur Annäherung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft" in Einklang zu bringen, so Potocnik weiter. "Die Beziehung zwischen Wissenschaft und Politik wird zurzeit neu erfunden und weiterentwickelt. [...] Wir müssen lernen, in einem gemeinsamen Umfeld zu leben, in dem Wissenschaft uneingeschränkt akzeptiert wird und im Zentrum der öffentlichen Debatte steht." Abschließend sagte der EU-Kommissar: "Ich möchte der Wissenschaft und der Forschung eine neue Dynamik verleihen und sie fest im Zentrum der EU-Politik verankern. Ich will, dass sie auf den Titelseiten der Zeitungen auftauchen. Ich werde alles dafür tun, um zu gewährleisten, dass die mit außerordentlichen Anstrengungen verbundene wissenschaftliche Forschung energisch unterstützt wird und ihre komplexen Aufgaben im Zentrum der Demokratien Europas in vollem Umfang erfüllt."