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Inhalt archiviert am 2023-03-01

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Ausbreitung von Stoßentladungen in Magneten mithilfe des Quantengesetzes

Ein Team europäischer Forscher hat ein neues makroskopisch-physikalisches Phänomen auf Grundlage des Quantengesetzes vorgestellt - die quantenmagnetische Deflagration. Die in der amerikanischen Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlichte Entdeckung könnte neue Quanten-...

Ein Team europäischer Forscher hat ein neues makroskopisch-physikalisches Phänomen auf Grundlage des Quantengesetzes vorgestellt - die quantenmagnetische Deflagration. Die in der amerikanischen Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlichte Entdeckung könnte neue Quanten- und Nano-Informationstechnologieanwendungen hervorbringen. Das von Javier Tejada, Professor für Fundamentalphysik an der Universität Barcelona, und Paul Santos, Forscher am Paul-Drude-Institut in Berlin, geleitete Team berichtete über die kontrollierte Zündung einer Magnetisierungsumpolung durch Stoßentladungen in Mn12-Acetat. Mn12-Acetat ist ein Material, das häufig für die Untersuchung des Quanten-Tunnelling verwendet wird, und ein Kandidat für die Verwendung in der magnetischen Speicherung und der Quanteninformationsverarbeitung. Seit den 90er Jahren ist bekannt, dass bei Anwendung eines Magnetfeldes die Magnete in Molekülgröße, die ein magnetisches Kristall bilden, plötzlich ihre Spins umdrehen können, und dass das Fortschreiten der Umpolung in so genannten magnetischen Stoßentladungen erfolgt. Zuvor in diesem Jahr führten die Forscherin Myriam P. Sarachik und die Jungakademikerin Yoko Suzuki am City College der City University of New York (CUNY) ein Experiment zur Verfolgung magnetischer Stoßentladungen durch. Sie entdeckten, dass die Umpolung der Magnetisierung von Mn12-Acetat-Kristallen unter Einfluss einer Wärmequelle ähnlich wie die Ausbreitung einer Flammenfront durch eine brennbare chemische Substanz voranschreitet. Das Phänomen wurde als "magnetische Deflagration" bezeichnet. Nun hat das von Professor Tejada und Professor Santos geleitete Team über die kontrollierte Zündung der Magnetisierung in einem einzelnen Mn12-Acetat-Kristall berichtet. Die Forscher haben entdeckt, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit, mit der die Pole umgekehrt werden, einem quantenmechanischen Gesetz folgt. Kombiniert mit dem Nachweis der magnetischen Deflagration in Mn12-Acetat, deutet dies auf ein neues physikalisches Phänomen hin: durch Quanten-Tunnelling unterstützte Deflagration. In anderen Worten und entgegen den Erwartungen handelt es sich um einen vom Quantengesetz abgeleiteten makroskopischen Effekt. Laut Professor Tejada kann zum Verständnis des Konzepts der magnetischen Deflagration eine Parallele zwischen der chemischen Verbrennung und dem, was wir als magnetische Verbrennung kennen, gezogen werden. Die chemische Verbrennung besteht aus einer Reaktion zwischen einer Substanz (dem Brennstoff) und einem Gas (dem Oxidationsmittel), wobei große Hitze frei wird. In einer vollständigen Verbrennungsreaktion reagieren die Komponenten des Materials mit dem Oxidationsmittel und bringen neue Komponenten hervor (verbrannter Brennstoff). Die Deflagration ist ein langsamer Verbrennungsprozess, der auf der Wärmeleitfähigkeit beruht und langsamer als die Schallgeschwindigkeit erfolgt. Professor Tejada erläuterte, dass das einfachste Beispiel ein Stück Papier ist, das von einer Seite aus mit einem Feuerzeug erhitzt wird: "Eine Papierschicht verbrennt und erhitzt die nächste Schicht, bis das ganze Stück Papier verbrannt ist. Die Flamme breitet sich aus und brennt, und es bleibt Asche zurück." Wenn man diesen Vorgang auf magnetische Materialien überträgt, bei denen alle Pole gleich ausgerichtet sind - beispielsweise ein Material, das aus sehr kleinen Kompassen besteht, bei denen der Nordpol nach oben gerichtet ist - müssten sich die Magnetpole langsam drehen, bis sie schließlich nach unten ausgerichtet sind, wenn ein entgegengesetztes Magnetfeld angebracht wird. Werden akustische Mikrowellen auf das Material abgefeuert, um es zu erhitzen, entsteht in einem bestimmten Teil des Materials ausreichend Hitze, sodass sich die Pole in diesem Bereich umkehren. Dieser Teil des Materials erzeugt dann ausreichend Hitze in den umgebenden Bereichen, um die gleiche Reaktion herbeizuführen, und die Pole anderer Kompasse kehren sich ebenfalls um; diese Ausbreitung hält an, bis alle Spins nach unten ausgerichtet sind (entgegen ihrer ursprünglichen Richtung). Die Umpolung wird durch den Tunnelling-Effekt des magnetischen Moments erzeugt, der ein Quanten-Effekt ist. Professor Tejada erklärte gegenüber CORDIS-Nachrichten, dass die Entdeckung teilweise auf die Arbeit und gesammelten Kenntnisse im Rahmen des von der EU geförderten NANOMAGIQC-Projekts zurückzuführen ist, das im Januar 2005 abgeschlossen wurde. Dies war die erste detaillierte Untersuchung von Möglichkeiten, Nanotechnologiegeräte und magnetische Systeme für die Quanteninformation und -speicherung zu verbinden. Aufgrund der Ergebnisse hat das Forschungsteam nun Fördermittel für ein neues europäisches Projekt unter der Aktivität "Neue und sich abzeichnende wissenschaftliche und technologische Entwicklungen (NEST)" des Sechsten Rahmenprogramms beantragt. Mit diesem Projekt soll die Superstrahlung untersucht werden, eine Effekt- und technologische Anwendung zur quantenmagnetischen Deflagration.

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