Kommission will Energieversorgung mit Maßnahmen gegen protektionistische Mitgliedstaaten sicherstellen
Der Energiekommissar der EU Andris Piebalgs hat bestätigt, dass Verfahren gegen EU-Mitgliedstaaten eingeleitet werden, die keine Maßnahmen zur Liberalisierung ihrer Energiemärkte ergreifen. Die Sicherstellung der Energieversorgung ist seit Jahresbeginn, als ein Energiestreit zwischen Russland und der Ukraine die Abhängigkeit der EU von russischen Gasimporten hervorhob, eine der Hauptprioritäten der EU. Der Zwischenfall hat zu einer neuen Betonung der Bedeutung der Forschung im Bereich alternative Energiequellen und aktuell zu neuen Trends im Bereich wirtschaftlicher Nationalismus in der gesamten EU geführt. Eine Energiepolitik der EU wurde erstmals auf dem Gipfel in Hampton Court Ende 2005 angesprochen, aber es geschah kaum etwas, bis Weihnachten 2005, als das Thema Energie nach dem Energiestreit zwischen Russland und der Ukraine plötzlich ganz oben auf der Tagesordnung stand. Die EU bezieht 35 Prozent ihres Gases aus Russland und diese Zahl erhöht sich. Als die russische Pipeline durch die Ukraine während der Feiertage gekappt wurde, sanken die Vorräte in Mittel- und Südeuropa. Seither wurden die Forderungen nach einer EU-weiten Energiepolitik lauter. Der österreichische Kanzler forderte eine solche Maßnahme Ende Januar und es kam zu wiederholten Forderungen des britischen Premierministers und der deutschen Bundeskanzlerin im Februar und kürzlich äußerte auch der britische Schatzkanzler in seiner Haushaltsrede Ende März diese Forderung. Der beim Europäischen Rat Ende März vorgestellte Vorschlag der Kommission für eine gemeinsame Energiepolitik wurde von den europäischen Staats- und Regierungschefs sehr begrüßt. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte Anfang März: "Wir befinden uns in einem neuen Energiezeitalter. Die Nachfrage steigt. Europas Reserven gehen zurück. Es gibt nicht genügend Investitionen und unser Klima verändert sich. Wir brauchen eine Antwort auf diese neue Realität - die EU kann sich nicht mehr 25 unterschiedliche und nicht koordinierte Energiepolitiken leisten." Bis zu 50 Verfahren werden gegen Mitgliedstaaten eingeleitet, die keine offenen Energiemärkte unterhalten. Beobachter haben mit Interesse verfolgt, wie die französische Regierung eine potenzielle Übernahme des Energieunternehmens Suez durch das italienische Unternehmen Enel blockiert hat, indem sie eine präventive Fusion mit Gaz de France herbeigeführt hat. Außerdem hat die spanische Regierung versucht, das deutsche Unternehmen E.On an der Übernahme seines Stromkonzerns Endesa zu hindern. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besitzen nur zwei Länder einen Persilschein - Dänemark und die Niederlande", sagte Kommissar Piebalgs gegenüber der BBC. "Für alle anderen Länder betrachten wir die Gesetzgebung, oder es gibt einige Fragen, die gelöst werden müssen. Das einzige, was ich tun kann, ist mir die Gesetzgebung anzuschauen und deren Umsetzung zu überwachen, der die Mitgliedstaaten selbst zugestimmt haben. Für die EU-Kommission gibt es eine Möglichkeit - Vertragsverletzungsverfahren. Vertragsverletzungsverfahren sind sehr effektiv und können an den Europäischen Gerichtshof gehen. Niemand wird mit etwas davonkommen können, das unrechtmäßig ist. Es wird keine Entschuldigungen geben", sagte er. Obwohl die Frist für die Umsetzung der Energieliberalisierungspolitiken erst im Juli 2007 ist, ist die Kommission der Ansicht, dass es wichtig ist, jetzt zu handeln, um sicherzustellen, dass diese Fristen eingehalten werden. 2007 werden sich die Mitgliedstaaten fast zehn Jahre lang auf eine Marktliberalisierung vorbereitet haben. Die Kommission hat eine öffentliche Konsultation zur Betrachtung der in dem Grünbuch "Energie" enthaltenen Vorschläge eingeleitet. In dem Grünbuch werden unter anderem ein integriertes europäisches Stromnetz, eine Senkung des Energieverbrauchs um 20 Prozent, die Einrichtung eines EU-Energieregulierers und schließlich ein Rahmen für die Entwicklung verschiedener CO2-armer Energiequellen vorgeschlagen. "Für einige bedeutet dies Windkraft, für einige Solarkraft und für andere saubere Kohletechnologien und es stimmt auch, dass einige Mitgliedstaaten die Weiterentwicklung der Kernkraft in Betracht ziehen", sagte Barroso bei der Vorstellung des Grünbuchs.