Neues Abbildungsverfahren mithilfe kurzer Röntgenlaserpulse: ein Durchbruch in der strukturellen Forschung
Zum ersten Mal wurde ein neuartiges Verfahren zur Abbildung von kleinsten Proben (flash diffractive imaging) von einem Team aus internationalen Wissenschaftlern eingesetzt. Die strukturelle Forschung dürfte in Zukunft von dieser revolutionären Technik erheblich profitieren. Man geht davon aus, dass Forscher dann Bilder von Nanoteilchen, Viren, Zellen und sogar Proteinen aufnehmen können. Die zum Teil mit Fördermitteln des Sechsten Rahmenprogramms der EU finanzierte Studie wurde in der aktuellen Onlineausgabe der Fachzeitschrift "Nature Physics" veröffentlicht. Bisher stand solchen Versuchen mit Röntgenstrahlen insbesondere ein Faktor im Weg, nämlich dass die Strahlung, mit der das Bild erzeugt wird, die Probe zerstört. "Es gibt jedoch einen Weg, dieses Problem zu umschiffen", erklärte der Mitverfasser dieser Studie Prof. Janos Hajdu von der Universität Uppsala. "Wir müssen das Bild schneller aufnehmen, als die Probe von der Strahlung zerstört werden kann." Aufgrund von theoretischen Studien gingen die Forscher davon aus, dass es möglich sei, ein Beugungsbild eines großen Makromoleküls, eines Virus oder einer Zelle durch Bestrahlung dergleichen mit einem einzelnen, ultrakurzen und extrem intensiven Röntgenlaserpuls aufzunehmen. "Es gab jedoch zwei große Fragezeichen", erläuterte Prof. Hajdu. "Kann ein einzelner Blitz aus einem Freie-Elektronen-Laser ein aussagekräftiges Bild erzeugen, bevor die Röntgenstrahlung die Probe in Plasma verwandelt? Und enthält dieses Beugungsmuster wirklich strukturelle Informationen über das Objekt, bevor es zerstört wird?" Computersimulationen hatten ergeben, dass eine fast atomare Auflösung erzielt werden kann, bevor die Probe zerstört wird, wenn die richtige Pulslänge und Röntgenstrahlenintensität durch sorgsames Abwägen gewählt wird. Zur Überprüfung ihrer Theorie setzten die Forscher den Freie-Elektronen-Röntgenlaser FLASH des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY ein. "Als einziger Laser mit extrem intensiven, kohärenten Lichtblitzen im weichen Röntgenbereich von gerade einmal 25 Femtosekunden Dauer ist FLASH die erste Strahlungsquelle der Welt, an der diese und andere neuartige Experimentiermethoden studiert werden können", erklärte DESY-Forschungsdirektor Prof. Jochen Schneider. "Dank großer Erfolge in der Beschleunigerphysik bei DESY ist FLASH auch die erste Nutzeranlage dieser Art, die Wissenschaftlern sehr unterschiedlicher Disziplinen zur Verfügung steht." In ihrem Experiment brachten die Forscher einen sehr intensiven freien Elektronenlichtblitz von 32 Nanometern Wellenlänge und nur 25 Femtosekunden Dauer auf eine Testprobe - eine dünne Membran, in die ein drei Mikrometer breites Bild von zwei Strichmännchen, die unter einer Sonne spazieren, mit einem Ionenstrahl geritzt worden war. Die Energie des Lasers heizte die Probe schnell auf rund 60 000 Grad Celsius auf, sodass sie verdampfte. Dem Forscherteam gelang es jedoch, ein Beugungsmuster aufzunehmen, bevor die Probe zerstört wurde. Mithilfe von Computeralgorithmen wurde das Ausgangsbild erfolgreich nach dem Muster rekonstruiert. Die Auflösung des Bildes in diesem Versuch mit weichen Röntgenstrahlen betrug 62 Nanometer. Die Forscher hoffen indes bereits auf einen bald möglichen Einsatz des Verfahrens im harten Röntgenbereich mit sehr viel kürzeren Wellenlängen. Sie erwähnen in ihrer Veröffentlichung, dass man bei dem gleichen Experiment, wenn es mit einem Freie-Elektronen-Laser im harten Röntgenbereich durchgeführt würde, der mit einer Wellenlänge von 15 Nanometern arbeitet, eine Auflösung von nur 0,3 Nanometern erreichen könnte. Diese Technik wird es den Wissenschaftlern nach eigenen Angaben auch ermöglichen, eine Strukturbestimmung von mehr Proteinen durchzuführen, da es überflüssig wird, die Probe vorher zu kristallisieren, was bei vielen Biomolekülen mit herkömmlichen wissenschaftlichen Methoden überhaupt nicht möglich ist. "Alle Beteiligten an diesem Projekt sind begeistert von diesen Ergebnissen", so Prof. Hajdu, "Das Verfahren des 'Flash Imaging' wird ganz neuartige Untersuchungen von Molekularstrukturen in der Biologie ermöglichen. Eine Wissenschaftsgemeinschaft möchte diese Ziele nun zum allerersten Mal durch den Zusammenschluss der Biologie mit der Atom-, Plasma- und Astrophysik verfolgen." Die Wissenschaftler müssen sich allerdings noch ein wenig gedulden, bevor sie ihre neue Technik im harten Röntgenbereich testen können, da die Anlagen dazu noch im Bau begriffen sind. Der Linac Coherent Light Source (LCLS) am Stanford Linear Accelerator Center in den USA soll 2009 einsatzfähig sein. In der Zwischenzeit soll der Bau des Röntgenlasers XFEL in Hamburg im nächsten Jahr beginnen. Die Anlage, die 2013 betriebsbereit sein soll, fand kürzlich in der Veröffentlichung der europäischen Roadmap für neue Forschungsinfrastrukturen besondere Erwähnung.
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