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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Meister der Maßarbeit

Seit mehr als 25 Jahren unterstützt die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission die Internationale Atomenergiebehörde bei deren Bemühungen, die Umsetzung des Atomwaffensperrvertrags zu überwachen. Ein wichtiger Aspekt dieser Kontrollaufgaben ist die Messu...

Seit mehr als 25 Jahren unterstützt die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission die Internationale Atomenergiebehörde bei deren Bemühungen, die Umsetzung des Atomwaffensperrvertrags zu überwachen. Ein wichtiger Aspekt dieser Kontrollaufgaben ist die Messung der Konzentrationen verschiedener radioaktiver Isotope in Proben, die aus Kernkraftanlagen und anderen Einrichtungen entnommen wurden. Isotope sind Atome desselben Elements, die sich nur durch die Anzahl ihrer Neutronen unterscheiden. Durch die Messung der relativen Isotopenanzahl können die Wissenschaftler den Ursprung einer Substanz feststellen sowie die Art und Weise ihrer Herstellung nachvollziehen. Die sogenannte Isotopenmesseinheit des Instituts für Referenzmaterialien und -messungen (IRMM) der GFS am Rande der flämischen Stadt Geel in Nord-Belgien stellt sicher, dass diese Messungen korrekt sind. Dr. Roger Wellum, der Safeguards Coordinator des IRMM, gewährte CORDIS-Nachrichten einen Einblick in seine Labors. "Im Atomenergiebereich muss man bis auf einen Bruchteil eines Prozents genau sein", erklärte Dr. Wellum. "Die Messung muss kalibriert werden, das heißt, die Referenzmaterialien sind ein grundlegender Bestandteil des Messsystems." Die Herstellung zertifizierter Referenzmaterialien ist eine der wichtigsten Aufgaben des IRMM. Wer die Labors betreten will, muss zunächst eine Sicherheitsüberprüfung bestehen, erst dann darf er sich Plastiküberschuhe und einen Kittel übersteifen. Ein Dosimeter in der Tasche des Kittels vervollständigt die Arbeitskleidung - und so ausstaffiert ziehen wir den Flur entlang. Im ersten Labor, das wir betreten, strahlt uns eine smaragdgrüne Flüssigkeit in einer Glasflasche in einer Glove-Box an. Die Flüssigkeit ist die erste Phase der Herstellung eines sogenannten Large Sized Dried (LSD) Spike. Ausführlich beschriebene Uran- und Plutoniummetallstücke werden in Salpetersäure aufgelöst - ein Vorgang, der mehrere Wochen dauern kann. Dann wird die Lösung in etwa 1 000 Reagenzgläser aufgeteilt und getrocknet. Das Endprodukt wird unter anderem von Nuklearinspektoren benutzt, um die Menge aufgelöster Reaktorbrennstoffe aus Wiederaufbereitungsanlagen wie Sellafield, La Hague und Rokkasho in Japan zu messen. Für die Nuklearinspektoren gewinnt die Analyse von Umweltproben zunehmend an Bedeutung. Das heißt oft, dass in einer Kernkraftanlage "Abstriche" gemacht werden: Oberflächen werden mit einem Baumwolltuch abgerieben. Dann wird das Tuch auf nukleare Partikel untersucht. Das nukleare Profil dieser Staubpartikel wird analysiert und mit den Partikeln verglichen, die man in einer Anlage erwarten würde, in der die offiziell angegebenen Aufgaben durchgeführt werden. Wissenschaftler des IRMM entwickeln eine dringend benötigte Methode, wie sie Referenzpartikel mit den vorgeschriebenen Mengen von unterschiedlichen Uranisotopen herstellen können. In einem anderen Labor sehen wir die Reaktionskammer, die die Wissenschaftler benutzen, um realistische Uranpartikel aus Uranhexafluorid (UF6) herzustellen. Die Arbeit der Isotopenmesseinheit ist jedoch nicht auf den Bereich Kernenergie beschränkt. Ein weiteres langfristiges Projekt ist die Suche nach der Definition des Kilogramms. In der Vergangenheit haben die Wissenschaftler Maßeinheiten auf der Grundlage "reiner" Messungen definiert. So ist "ein Meter die Strecke, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1 / 299 792 458 Sekunden zurücklegt". Referenz für ein Kilogramm ist nach wie vor der Urmeter: Eine Legierung aus Platin und Iridium, die in der Internationalen Behörde für Gewichte und Maße am Stadtrand von Paris aufbewahrt wird. Die Definition eines Kilogramms auf der Basis einer reinen Messung ist extrem schwierig, aber die Frage wird immer dringender, da Vergleiche zwischen dem offiziellen Kilogramm und den Referenzkopien in anderen Ländern darauf schließen lassen, dass sich das Original unter Umständen verändert. Das IRMM ist auch am internationalen Projekt "Avogadro-Konstante" beteiligt, das das Kilogramm definieren möchte, indem die Anzahl der Atome in einem Kilogramm reinem Silizium untersucht werden. Noch sind die Wissenschaftler jedoch weit von diesem Heiligen Gral der Metrologie entfernt. Dr. Wellum organisiert auch Vergleiche mehrerer Labors, bei denen dasselbe Referenzmaterial an verschiedene Messlabore geschickt wird, die dann ihre Tests durchführen und die Ergebnisse an das IRMM weiterleiten. Manche Labore können die Materialien hochpräzise messen, den anderen kann das IRMM helfen, ihre Messtechniken zu verbessern.

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