Bulgarien ist auf positive und negative Seiten der Mobilität vorbereitet
Der Beitritt zur EU und die sich öffnenden Möglichkeiten für Mobilität würden wahrscheinlich die Abwanderung von Wissenschaftlern aus Bulgarien verstärken, erklärte der bulgarische stellvertretende Minister für Bildung und Wissenschaft, Daniel Valtchev, den CORDIS-Nachrichten. Aber Valtchev ist optimistisch und glaubt, dass diese Mobilität auch von einer positiven Seite her betrachtet werden könne. "Die Abwanderung von Wissenschaftlern ist meines Erachtens keine negative Tendenz. Ganz im Gegenteil. Sie bedeutet, dass junge Leute in der europäischen und globalen Forschergemeinde anerkannt werden und einen Ruf erworben haben", sagte Valtchev. Der Minister hielt sich in Brüssel im Rahmen der Eröffnung einer Ausstellung über wissenschaftliche Entdeckungen, Errungenschaften, Forscher und Prioritäten Bulgariens auf. In einem Interview mit CORDIS-Nachrichten erläuterte er, was der Beitritt für die bulgarische Forschung bringen werde und welchen Beitrag Bulgarien leisten könne. Er sprach über die Teilnahme an EU-Rahmenprogrammen und über die beiden Seiten der Mobilität. "Was in unserem Land und in Europa insgesamt zu tun ist, ist Möglichkeiten, Einrichtungen, Aussichten und eine Umgebung zu schaffen, durch die junge Menschen einen Anreiz zur Rückkehr erhalten und ihre Forscherlaufbahnen in ihren Heimatländern weiterführen", sagte Valtchev zur Abwanderung von Wissenschaftlern ins Ausland. Bulgarien vergibt 20 bis 30 Forschungsstipendien an talentierte Wissenschaftler, mit denen es diese zum Auslandsstudium und zur Sammlung von Auslandserfahrung ermutigt. Allerdings gibt es auch eine "Rückkehrkomponente", da die Stipendiaten sich zur Rückkehr nach Bulgarien verpflichten müssen. "Nach unserer Erfahrung funktioniert dieses Prinzip gut", sagte Valtchev. "Den brillantesten Köpfen wird die Chance gegeben, neues Wissen von den besten Forschern in Europa zu erlangen und sich mit den einträglichsten Forschungsentwicklungen zu beschäftigen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sie ihr neues Wissen zurück zur heimatlichen Forschungsorganisation transferieren müssen." Bulgarien ist schon seit längerer Zeit Teil des Europäischen Forschungsraums (EFR). Die erste Beteiligung des Landes erfolgte im Rahmen des Vierten Rahmenprogramms (RP4) und sein Status änderte sich allmählich vom "Drittland" zum assoziierten Land, dann zum Beitrittskandidaten und dann zum Beitrittsland. Am Sechsten Rahmenprogramm nahm Bulgarien auf derselben Ebene teil wie die EU-Mitgliedstaaten. Die Erfolgsrate für bulgarische Vorschläge hat sich von 7 % auf 15 % erhöht. "Ich würde dies als einen Erfolg werten", sagte Valtchev. Einige Initiativen sollen die Beteiligung im Rahmen des RP7 noch weiter steigern. Ein vorbereitender Finanzhilfeplan wird noch 2007 eingeleitet, mit dem die Übertragung von Forschungsideen auf Forschungsprojekte gefördert werden soll. Eine Informationsverbreitungskampagne ist auch in Vorbereitung; ein Kofinanzierungsplan für Forschung in prioritären Bereichen, die unter RP7 gefördert werden, wird 2008 eingeleitet. "Ich muss zugeben, dass sich durch unsere Beteiligung am Sechsten Rahmenprogramm die Mentalität der bulgarischen Forschergemeinde und der politischen Entscheidungsträger geändert hat", sagte der Minister den CORDIS-Nachrichten. Er führte den verbesserten Zugang zu Forschungsanlagen an, die gestärkten Verflechtungen zwischen regionalen Forschern und Einrichtungen sowie Anreize zur Aufnahme von Forschung in neuen Bereichen. Außerdem läge der Nutzen aus dem RP6 in gemeinsamen Forschungszentren für die Verbundforschung sowie in der Revitalisierung regionaler Forschungstraditionen. Aber die Beziehungen zwischen der bulgarischen Forschergemeinde und dem übrigen Europa waren nicht eingleisig: während Bulgarien von seinen Nachbarn lernen konnte, verfügt es auch selbst über bedeutende Sachkenntnis in wichtigen Bereichen. Bulgarien ist stolz auf seinen Ruf in den Bereichen der Biotechnologie, Genomik und Proteomik, der Lebensmittelsicherheit und -qualität, den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und der Konzeption von Instrumenten und Komponenten für die Automobil-, Flugzeug- und Verteidigungsindustrie. Jetzt will Bulgarien mit anderen Ländern zusammenarbeiten, um zur Entwicklung der europäischen wissensbasierten Gesellschaft beizutragen. "Es ist nicht unsere Absicht, uns selbst nach unserem Beitrag zur EU zu befragen, sondern danach, was wir zusammen mit unseren Forschungsteams in ganz Europa weltweit beitragen können", sagte Valtchev. Gemeinsam mit anderen Ländern Europas und darüber hinaus handelt Bulgarien proaktiv in seinen Bestrebungen, die Gesellschaft von der Bedeutung der Wissenschaft zu überzeugen. Der Minister erkannte an, dass Wissenschaft für viele Menschen auch die Ursache für eine zu schnelle Veränderung ihres Lebens ist. Die Regierung rege den direkten und unbedingt offenen Dialog zwischen Bürgern, Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern an: "Um Vertrauen aufzubauen, muss man es sich verdienen. Die Menschen zu informieren reicht einfach nicht aus. Die Bürger müssen auch die Möglichkeit erhalten, ihre Ansichten, Ängste und Sorgen mitzuteilen", sagte Valtchev.
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