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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Antikörper zur Bekämpfung von Krebs durch "Aushungern des Tumors"

Europäische Forscher haben einen Antikörper entdeckt, der Krebstumore erfolgreich "aushungert", indem er das Wachstum der Blutgefäße verhindert, die den Tumor mit Nährstoffen versorgen. Die Ergebnisse der Studien, die von der EU kofinanziert wurden, sind in der Fachzeitschrift...

Europäische Forscher haben einen Antikörper entdeckt, der Krebstumore erfolgreich "aushungert", indem er das Wachstum der Blutgefäße verhindert, die den Tumor mit Nährstoffen versorgen. Die Ergebnisse der Studien, die von der EU kofinanziert wurden, sind in der Fachzeitschrift Cell erschienen. Wie jede Art von Gewebe sind Krebstumore auf ein Netz von Blutgefäßen angewiesen, über das sie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Aufgrund dieser Kenntnisse wurde eine Reihe von Arzneimitteln gegen Krebs entwickelt, die die Sprossung neuer Blutgefäße im Tumor (die sogenannte Angiogenese) unterbinden und den Tumor so gewissermaßen aushungern. Diese Therapien zielen derzeit darauf ab, ein Molekül namens vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (VEGF), das an der Bildung neuer Blutgefäße beteiligt ist, unwirksam zu machen. Diese VEGF-Hemmer unterbinden zwar erfolgreich das Wachstum der Blutgefäße, die den Tumor versorgen, beeinträchtigen allerdings auch Blutgefäße von gesundem Gewebe. Das führt zu nicht unerheblichem Nebenwirkungen, wie etwa Thrombosen, Bluthochdruck und Fehlgeburten. Außerdem entwickeln Tumore häufig eine Resistenz gegenüber VEGF-Hemmern, sodass deren Wirkung auf lange Sicht nachlässt. Grund hierfür ist, dass die anfänglich starke Wirkung des Medikaments zu einem erheblichen Sauerstoffmangel in dem Tumor führt, der eine Art Rettungsmechanismus auslöst. Dieser Rettungsmechanismus wiederum setzt andere Wachstumsfaktoren in Gang, die die Bildung von Blutgefäßen anregen. In dieser jüngsten Studie konzentrierten sich die Forscher auf das Molekül TB-403, einen Antikörper, der den plazentalen Wachstumsfaktor PlGF (Placental Growth Factor), ein weiteres Molekül, das die Bildung von Blutgefäßen anregt, unwirksam macht. Der Vorteil von PIGF ist, dass er im Gegensatz zum VEGF nicht in gesundem Gewebe vorkommt. Versuche an Mäusen ergaben, dass die Antikörper bei zahlreichen Krebsarten das Wachstum und die Streuung von Tumoren unterbinden, selbst bei Tumoren, die bereits eine Resistenz gegen VEGF-Hemmer entwickelt haben. Des Weiteren erhöht es die Wirksamkeit von Chemotherapie und macht Tumore für Anti-VEGF-Mittel empfänglicher. Was noch wichtiger ist: der PIGF-Hemmstoff weist keine der starken Nebenwirkungen von VEGF-Hemmern auf. Da die Nebenwirkungen des PIGF-Hemmstoffs nicht so stark sind wie die des VEGF-Hemmers, sinkt der Sauerstoffwert im Tumor weniger drastisch ab, sodass dieser "Rettungsmechanismus" nicht ausgelöst wird. "Die überwiegende Mehrzahl anti-angiogenischer Wirkstoffe fungiert als VEFG-Hemmer bzw. besetzt die wichtigsten VEFG-Rezeptoren. Da sie alle ähnlich funktionieren, bringt es nur wenig zusätzlichen Nutzen, die Wirkstoffe zu kombinieren, da die Lebenserwartung von Krebspatienten hierdurch nicht wesentlich verlängert wird", so Professor Peter Carmeliet vom Flämischen Institut für Biotechnologie (VIB). "Wir sind auf der Suche nach Arzneimitteln, die an anderen Punkten ansetzen. Bei PIGF handelt es sich unserer Ansicht nach um ein solches Mittel. Jetzt muss es sich noch langfristig bewähren und strenge klinische Versuche durchlaufen. Doch die Befunde von Versuchen mit Mäusen sehen vielversprechend aus." Nach Ansicht der Forscher bringt dieses neue Mittel besonders große Vorteile für Patienten, die derzeit besonders stark unter den Nebenwirkungen von VEGF-Inhibitoren leiden würden. Hierzu zählen Kinder, Schwangere und Patienten mit Thromboserisiko. Das Arzneimittel könnte eventuell auch zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt werden, die auf Wucherungen von Blutgefäßen zurückzuführen sind, etwa gewisse Formen von Blindheit. Laut Professor Carmeliet werden noch etliche Jahre ins Land gehen, bevor die gesamte Palette klinischer Versuche, die der Zulassung eines Arzneimittels vorausgehen, am Menschen durchgeführt werden kann. Dennoch wurde bereits eine Version des Arzneimittels entwickelt, die sich für Menschen eignet, und in Kürze wird voraussichtlich ein klinischer Versuch der Phase I gestartet werden, in dem die Sicherheit des Arzneimittels getestet wird. "Dass die prestigeträchtige Fachzeitschrift Cell heute über unsere Forschungsergebnisse berichtet, ist ein untrügliches Zeichen für die bahnbrechende Bedeutung unserer Studien auf dem Gebiet der Angiogenese", so Professor Désiré Collen, Vorsitzender und Präsident des Flämischen Biotechnologieunternehmens ThromboGenics. "Ich freue mich ganz außerordentlich, dass wir dieses potenzielle Arzneimittel aufgrund seines großen therapeutischen Potenzials nicht nur bei der Krebsbekämpfung, sondern auch bei der Behandlung schwerer Augenerkrankungen, die die häufigste Ursache von Blindheit sind, noch vor Ende des Jahres klinischen Tests unterziehen können." Das Forschungsprojekt wurde mit EU-Mitteln aus dem Projekt ANGIOSTOP gefördert, das wiederum über den Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms finanziert wird.

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