Junger Stern gibt Geheimnisse preis
Deutsche Astronomen haben mithilfe von Beobachtungen mit dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre (European Organisation for Astronomical Research in the Southern Hemisphere, ESO) unser Verständnis vom Wachstum junger Sterne maßgeblich verbessert. Die Forscher vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie untersuchten sogenannte Herbig Ae/Be-Objekte. Diese sehr jungen Sterne sind größer als unsere Sonne und noch nicht ausgewachsen. Sie nehmen Material aus einer sie umgebenden Scheibe auf. Allerdings ist die Morphologie des inneren Bereichs dieser Sterne immer noch ein Rätsel. Diese jüngste Forschungsarbeit konzentrierte sich auf einen Stern mit dem Namen MWC-147, der sich etwa 2.600 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Einhorn befindet und 6,6-mal größer als unsere Sonne ist. Der entfernte Stern ist lediglich eine halbe Million Jahre alt. Wenn wir unsere Sonne (4,6 Milliarden Jahre) mit einem 40 Jahre alten Menschen vergleichen würden, wäre MWC-147 ein Baby, das knapp einen Tag alt ist. Die Wissenschaftler kombinierten das Licht mehrerer Teleskope mit den MIDI- und AMBER-Instrumenten der ESO, um interferometrische Daten von MWC-147 auf verschiedenen Wellenlängen zu erhalten. Beobachtungen des nahen Infrarotbereichs untersuchen das heiße Material im Inneren der Scheibe, wo die Temperaturen mehrere tausend Grad erreichen können. Gleichzeitig liefern Beobachtungen des mittleren Infrarotbereichs Informationen über den kälteren Staub in der äußeren Region der Scheibe. "Unterschiedliche Wellenlängenbereiche messen unterschiedliche Temperaturen, sodass wir die Geometrie der Scheibe vermessen und die Temperaturentwicklung mit der Entfernung zum Stern verfolgen konnten", erklärte Stefan Kraus, Hauptautor der Arbeit. Ihre Ergebnisse, die im Astrophysical Journal veröffentlicht werden, erweitern unser Verständnis davon, wie sich Sterne und ihre Planeten formen. Sie zeigen, dass die Temperatur mit zunehmender Entfernung vom Stern deutlich stärker abfällt als es frühere Modelle vorhersagten. Dies lässt darauf schließen, dass der größte Teil des Lichts im nahen Infrarotbereich von sehr heißem Material aus unmittelbarer Nähe des Sterns zu kommen scheint. Das bedeutet aber auch, dass es in dieser Region keinen Staub geben kann, da die Energiestrahlung des Sterns jegliche Staubteilchen erhitzen und schließlich zerstören würde. "Wir haben numerische Simulationen durchgeführt, um die Beobachtungen zu verstehen. Wir glauben, dass wir nicht nur die äußere Staubscheibe beobachtet, sondern auch starke Emissionen von der heißen inneren Gasscheibe gesehen haben", sagte Dr. Kraus. "Das bedeutet, dass die Scheibe nicht passiv ist, das heißt nicht nur einfach Licht von dem Stern wieder abstrahlt. Stattdessen sehen wir vermutlich Material, das aus den äußeren Bereichen der Scheibe zum gerade entstehenden Stern transportiert wird." Den Astronomen zufolge reicht die Scheibe wahrscheinlich bis zu einer Entfernung von 100 Astronomischen Einheiten (also der 100-fachen Entfernung der Erde von der Sonne). Dabei wächst das stellare Baby jedes Jahr um den siebenmillionsten Teil der Masse unserer Sonne. "Unsere Studie demonstriert die Leistung des VLTI der ESO für die Untersuchung der inneren Struktur von Scheiben um sehr junge Sterne herum und des Prozesses, wie Sterne ihre endgültige Masse erreichen", erklärte Dr. Kraus.