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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Erbgut von Kohlenstoff absorbierenden Meeresalgen entschlüsselt

Im Rahmen einer von Forschern aus Frankreich und den USA geleiteten Studie wurde das Erbgut der Kieselalge Phaeodactylum tricornutum entschlüsselt. Diese mikroskopisch kleinen Algen, die in den Weltmeeren zu Hause sind, nehmen atmosphärischen Kohlenstoff auf. Kieselalgen sind ...

Im Rahmen einer von Forschern aus Frankreich und den USA geleiteten Studie wurde das Erbgut der Kieselalge Phaeodactylum tricornutum entschlüsselt. Diese mikroskopisch kleinen Algen, die in den Weltmeeren zu Hause sind, nehmen atmosphärischen Kohlenstoff auf. Kieselalgen sind ein integraler Bestandteil der ozeanischen Kohlenstoffsenken und produzieren etwa 20% des von uns benötigten Sauerstoffs in der Luft. Diese Studie hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir ihre Funktionsweise besser verstehen. Die vom Magazin Nature im Internet veröffentlichten Untersuchungsergebnisse sind in internationaler Zusammenarbeit entstanden, die teilweise vom Sechsten Rahmenprogramm der EU (RP6) finanziert wurde. Kieselalgen sind fotosynthetische Organismen, die in Salz- und Süßwasserumgebungen leben. Es gibt sie seit etwa 180 Millionen Jahren und heute sind mehrere hunderttausend Arten von ihnen bekannt. In der Studie wurde das Erbgut von Phaeodactylum tricornutum, das sich leicht in Laboratorien züchten lässt, mit dem einer anderen kürzlich entschlüsselten Kieselalge verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Strukturen dieser beiden Kieselalgen stark voneinander abweichen: 40% ihrer Gene waren verschieden. Interessanterweise fanden die Forscher Hunderte von Bakterien-Genen in den Genomen beider Kieselalgenarten. Diese Bakterien-Gene könnten am Erfolg der Kieselalgen beteiligt sein, da sie die Fähigkeit der Algen zur Wahrnehmung von Signalen aus der Umwelt oder auch zur Umwandlung organischen Kohlenstoffs und Stickstoffs verbessern. Einige dieser Bakterien-Gene könnten für gewisse Komponenten in der Zellwand der Kieselalgen verantwortlich sein, andere wiederum für "unorthodoxe Mechanismen zur DNA-Replikation, -Reparatur und -Rekombination". Der Studie zufolge können "die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die unglaubliche Vielfalt und den Erfolg der Kieselalgen in den heutigen Weltmeeren zu erklären." Leitautor Chris Bowler von der Ecole Normale Supérieure in Frankreich führt dazu aus: "Diese Organismen repräsentieren einen wahren Schmelztiegel von Merkmalen: eine Mischform aus genetischen Mechanismen, die ihre Ursprünge in Pflanzen, Tieren und Bakterien finden und sich seit ihrem ersten Erscheinen in einem relativ kurzen evolutionären Zeitrahmen von 180 Millionen Jahren optimiert haben." Die Studie besagt, dass Gentransfer zwischen Kieselalgen und anderen Organismen im ozeanischen Umfeld schon immer sehr häufig vorkam, wodurch Kieselalgen "von Natur aus transgen" sind. Beispielsweise übernahm die Kieselalge die Fähigkeit zur Photosynthese von den Pflanzen und die Fähigkeit zur Harnstoffverarbeitung von den Tieren (wenngleich Kieselalgen den Harnstoff im Gegensatz zu den Tieren nicht zur Ausscheidung von Stickstoff, sondern zu dessen Speicherung verwenden). Die Forscher nehmen an, dass dieser Gentransfer für die Evolution der Kieselalge eine wichtige treibende Kraft war. Eine zentrale Frage ist, ob Kohlenstoff absorbierende Organismen mit der Umweltveränderung zurechtkommen. Die Entdeckung, dass Kieselalgen bestimmtes Genmaterial von anderen Organismen selektiv übernehmen, hilft dabei, unser Verständnis von der beachtlichen und schnellen Veränderung der Kieselalgen zu verbessern. Allerdings sind noch viele Fragen unbeantwortet. Das Team konzentriert sich als nächstes auf die Funktion von Eisen bei der Unterdrückung von Photosynthese und Stickstoffaufnahme. Dr. Bowlers Theorie ist, dass die Kieselalgen, weil sie Kohlenstoffdioxid in so wirksamer Weise absorbieren und Eisen ein so wertvolles Element im ozeanischen Umfeld ist, Eisen zur Entwicklung gewaltiger Kieselalgenblüten verwenden. "Nach ihrem Mahl", so erklärt er, "sinken die sterbenden Kieselalgen aufgrund des Gewichtes ihrer glasähnlichen Siliziumschalen auf den Ozeanboden, und der von ihnen aufgenommene Kohlenstoff bleibt dort viele Jahrtausende gefangen." "Durch Kohlenstoffabsonderung auf diesem Wege könnten wir den Schaden aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wieder ausgleichen", erklärt er. Dieses Gemeinschaftsprojekt mit der Beteiligung von Partnern aus zehn Ländern wurde teilweise von den EU-finanzierten Projekten DIATOMICS und Marine Genomics gefördert.

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